Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Zehntes Buch. Viertes Capitel.
zwar jetzt in entschieden protestantischem und zugleich deut-
schem Sinne.

Dagegen faßte König Ferdinand, der in diesem Augen-
blick nach einigem Schwanken der Stände in den Heidelberger
Bund aufgenommen ward, die Hofnung, denselben zu einer Er-
klärung gegen den Markgrafen zu bewegen. Sollte aber dieser
Bund, von dem einst Albrecht Hülfe gehofft, sich jetzt so enge
an Östreich anschließen? Mächtige Mitglieder, wie die Chur-
fürsten von Mainz und Trier, fühlten die Wunden noch allzu
wohl, welche ihnen durch den ersten Einfall des Markgrafen
geschlagen worden, wo kein Mensch ihnen Hülfe geleistet; sie
hatten bei dessen Rückzug ihre Neutralität versprechen müssen,
und waren gesonnen dieselbe zu halten. Zuerst auf einer
Versammlung der Räthe zu Ladenburg, hierauf auf einer Zu-
sammenkunft der Fürsten zu Heilbronn -- die Churfürsten von
der Pfalz und von Mainz, die Herzöge von Würtenberg und
Baiern waren persönlich, von Jülich und Trier nur die Räthe
erschienen -- ward über eine neue Verbesserung und Erwei-
terung des Bundes gerathschlagt. Allenfalls der Herzog von
Baiern scheint geneigt gewesen zu seyn, sich dem Wunsche
des römischen Königs zu fügen; von den Übrigen aber wollte
Keiner daran: die Clausel, daß die Neutralität gegen beide
Theile, die fränkischen Verbündeten und den Markgrafen beob-
achtet werden solle, ward zuletzt in aller Form erneuert. 1

Wie in dem nördlichen, so bildete sich hiedurch in dem
östlichen Deutschland eine Vereinigung, deren Prinzip der
Friede war.


1 Schreiben des Zasius a. a. O. p. 542. Die Actenstücke des
Tages allein wären ohne diese Erläuterungen nicht zu verstehen.

Zehntes Buch. Viertes Capitel.
zwar jetzt in entſchieden proteſtantiſchem und zugleich deut-
ſchem Sinne.

Dagegen faßte König Ferdinand, der in dieſem Augen-
blick nach einigem Schwanken der Stände in den Heidelberger
Bund aufgenommen ward, die Hofnung, denſelben zu einer Er-
klärung gegen den Markgrafen zu bewegen. Sollte aber dieſer
Bund, von dem einſt Albrecht Hülfe gehofft, ſich jetzt ſo enge
an Öſtreich anſchließen? Mächtige Mitglieder, wie die Chur-
fürſten von Mainz und Trier, fühlten die Wunden noch allzu
wohl, welche ihnen durch den erſten Einfall des Markgrafen
geſchlagen worden, wo kein Menſch ihnen Hülfe geleiſtet; ſie
hatten bei deſſen Rückzug ihre Neutralität verſprechen müſſen,
und waren geſonnen dieſelbe zu halten. Zuerſt auf einer
Verſammlung der Räthe zu Ladenburg, hierauf auf einer Zu-
ſammenkunft der Fürſten zu Heilbronn — die Churfürſten von
der Pfalz und von Mainz, die Herzöge von Würtenberg und
Baiern waren perſönlich, von Jülich und Trier nur die Räthe
erſchienen — ward über eine neue Verbeſſerung und Erwei-
terung des Bundes gerathſchlagt. Allenfalls der Herzog von
Baiern ſcheint geneigt geweſen zu ſeyn, ſich dem Wunſche
des römiſchen Königs zu fügen; von den Übrigen aber wollte
Keiner daran: die Clauſel, daß die Neutralität gegen beide
Theile, die fränkiſchen Verbündeten und den Markgrafen beob-
achtet werden ſolle, ward zuletzt in aller Form erneuert. 1

Wie in dem nördlichen, ſo bildete ſich hiedurch in dem
öſtlichen Deutſchland eine Vereinigung, deren Prinzip der
Friede war.


1 Schreiben des Zaſius a. a. O. p. 542. Die Actenſtuͤcke des
Tages allein waͤren ohne dieſe Erlaͤuterungen nicht zu verſtehen.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0346" n="334"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zehntes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/>
zwar jetzt in ent&#x017F;chieden prote&#x017F;tanti&#x017F;chem und zugleich deut-<lb/>
&#x017F;chem Sinne.</p><lb/>
          <p>Dagegen faßte König Ferdinand, der in die&#x017F;em Augen-<lb/>
blick nach einigem Schwanken der Stände in den Heidelberger<lb/>
Bund aufgenommen ward, die Hofnung, den&#x017F;elben zu einer Er-<lb/>
klärung gegen den Markgrafen zu bewegen. Sollte aber die&#x017F;er<lb/>
Bund, von dem ein&#x017F;t Albrecht Hülfe gehofft, &#x017F;ich jetzt &#x017F;o enge<lb/>
an Ö&#x017F;treich an&#x017F;chließen? Mächtige Mitglieder, wie die Chur-<lb/>
für&#x017F;ten von Mainz und Trier, fühlten die Wunden noch allzu<lb/>
wohl, welche ihnen durch den er&#x017F;ten Einfall des Markgrafen<lb/>
ge&#x017F;chlagen worden, wo kein Men&#x017F;ch ihnen Hülfe gelei&#x017F;tet; &#x017F;ie<lb/>
hatten bei de&#x017F;&#x017F;en Rückzug ihre Neutralität ver&#x017F;prechen mü&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
und waren ge&#x017F;onnen die&#x017F;elbe zu halten. Zuer&#x017F;t auf einer<lb/>
Ver&#x017F;ammlung der Räthe zu Ladenburg, hierauf auf einer Zu-<lb/>
&#x017F;ammenkunft der Für&#x017F;ten zu Heilbronn &#x2014; die Churfür&#x017F;ten von<lb/>
der Pfalz und von Mainz, die Herzöge von Würtenberg und<lb/>
Baiern waren per&#x017F;önlich, von Jülich und Trier nur die Räthe<lb/>
er&#x017F;chienen &#x2014; ward über eine neue Verbe&#x017F;&#x017F;erung und Erwei-<lb/>
terung des Bundes gerath&#x017F;chlagt. Allenfalls der Herzog von<lb/>
Baiern &#x017F;cheint geneigt gewe&#x017F;en zu &#x017F;eyn, &#x017F;ich dem Wun&#x017F;che<lb/>
des römi&#x017F;chen Königs zu fügen; von den Übrigen aber wollte<lb/>
Keiner daran: die Clau&#x017F;el, daß die Neutralität gegen beide<lb/>
Theile, die fränki&#x017F;chen Verbündeten und den Markgrafen beob-<lb/>
achtet werden &#x017F;olle, ward zuletzt in aller Form erneuert. <note place="foot" n="1">Schreiben des Za&#x017F;ius a. a. O. <hi rendition="#aq">p.</hi> 542. Die Acten&#x017F;tu&#x0364;cke des<lb/>
Tages allein wa&#x0364;ren ohne die&#x017F;e Erla&#x0364;uterungen nicht zu ver&#x017F;tehen.</note></p><lb/>
          <p>Wie in dem nördlichen, &#x017F;o bildete &#x017F;ich hiedurch in dem<lb/>
ö&#x017F;tlichen Deut&#x017F;chland eine Vereinigung, deren Prinzip der<lb/>
Friede war.</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[334/0346] Zehntes Buch. Viertes Capitel. zwar jetzt in entſchieden proteſtantiſchem und zugleich deut- ſchem Sinne. Dagegen faßte König Ferdinand, der in dieſem Augen- blick nach einigem Schwanken der Stände in den Heidelberger Bund aufgenommen ward, die Hofnung, denſelben zu einer Er- klärung gegen den Markgrafen zu bewegen. Sollte aber dieſer Bund, von dem einſt Albrecht Hülfe gehofft, ſich jetzt ſo enge an Öſtreich anſchließen? Mächtige Mitglieder, wie die Chur- fürſten von Mainz und Trier, fühlten die Wunden noch allzu wohl, welche ihnen durch den erſten Einfall des Markgrafen geſchlagen worden, wo kein Menſch ihnen Hülfe geleiſtet; ſie hatten bei deſſen Rückzug ihre Neutralität verſprechen müſſen, und waren geſonnen dieſelbe zu halten. Zuerſt auf einer Verſammlung der Räthe zu Ladenburg, hierauf auf einer Zu- ſammenkunft der Fürſten zu Heilbronn — die Churfürſten von der Pfalz und von Mainz, die Herzöge von Würtenberg und Baiern waren perſönlich, von Jülich und Trier nur die Räthe erſchienen — ward über eine neue Verbeſſerung und Erwei- terung des Bundes gerathſchlagt. Allenfalls der Herzog von Baiern ſcheint geneigt geweſen zu ſeyn, ſich dem Wunſche des römiſchen Königs zu fügen; von den Übrigen aber wollte Keiner daran: die Clauſel, daß die Neutralität gegen beide Theile, die fränkiſchen Verbündeten und den Markgrafen beob- achtet werden ſolle, ward zuletzt in aller Form erneuert. 1 Wie in dem nördlichen, ſo bildete ſich hiedurch in dem öſtlichen Deutſchland eine Vereinigung, deren Prinzip der Friede war. 1 Schreiben des Zaſius a. a. O. p. 542. Die Actenſtuͤcke des Tages allein waͤren ohne dieſe Erlaͤuterungen nicht zu verſtehen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/346
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 334. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/346>, abgerufen am 25.11.2024.