Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Widerstand des Kaisers. Ferdinand hielt nicht für rathsam, die Weigerungen und 1 Vor seiner Abreise erklärt er den Ständen: er wolle "alle
mügliche Persuasiones, ausführung und anzeigung thun, dadurch Keys. Mt zu bewegen, und in Summa den Fleiß anwenden, als langete eß ihrer Mt Seelen Seligkeit an, dann J. Mt hetten dessen treff- liche ursach, und wolten nichts liebers wahn das Deutschland müchte zu ruge und die gehorsamen stende unbeschedigt bleiben, so wehre eß auch yhrer Mt eigene nothdurft, welche der schuch also drucket, das sie wohl mehr hinken dann gehen möchte. Sie wußten gewiß, das die Türken auf die stunde würden vor Tomischwar liegen, und sie konnten doch weder mit Gelde noch mit volke volgen, wehren dieser handlung halben lange aus ihren landen gewest." Widerſtand des Kaiſers. Ferdinand hielt nicht für rathſam, die Weigerungen und 1 Vor ſeiner Abreiſe erklaͤrt er den Staͤnden: er wolle „alle
muͤgliche Perſuaſiones, ausfuͤhrung und anzeigung thun, dadurch Keyſ. Mt zu bewegen, und in Summa den Fleiß anwenden, als langete eß ihrer Mt Seelen Seligkeit an, dann J. Mt hetten deſſen treff- liche urſach, und wolten nichts liebers wahn das Deutſchland muͤchte zu ruge und die gehorſamen ſtende unbeſchedigt bleiben, ſo wehre eß auch yhrer Mt eigene nothdurft, welche der ſchuch alſo drucket, das ſie wohl mehr hinken dann gehen moͤchte. Sie wußten gewiß, das die Tuͤrken auf die ſtunde wuͤrden vor Tomiſchwar liegen, und ſie konnten doch weder mit Gelde noch mit volke volgen, wehren dieſer handlung halben lange aus ihren landen geweſt.“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0283" n="271"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Widerſtand des Kaiſers</hi>.</fw><lb/> <p>Ferdinand hielt nicht für rathſam, die Weigerungen und<lb/> Ausſtellungen des Kaiſers der Verſammlung wie ſie waren<lb/> mitzutheilen, er hätte den Bruch der ganzen Unterhandlung<lb/> gefürchtet. Nur im Allgemeinen bezeichnete er ſie, aber er<lb/> verſprach, ſich ſelbſt zu ſeinem Bruder zu verfügen und al-<lb/> les zu verſuchen, „gleich als gelte es ſeiner Seelen Seligkeit“,<lb/> um denſelben auf eine andre Meinung zu bringen. <note place="foot" n="1">Vor ſeiner Abreiſe erklaͤrt er den Staͤnden: er wolle „alle<lb/> muͤgliche Perſuaſiones, ausfuͤhrung und anzeigung thun, dadurch Keyſ.<lb/> Mt zu bewegen, und in Summa den Fleiß anwenden, als langete<lb/> eß ihrer Mt Seelen Seligkeit an, dann J. Mt hetten deſſen treff-<lb/> liche urſach, und wolten nichts liebers wahn das Deutſchland muͤchte<lb/> zu ruge und die gehorſamen ſtende unbeſchedigt bleiben, ſo wehre eß<lb/> auch yhrer Mt eigene nothdurft, welche der ſchuch alſo drucket, das<lb/> ſie wohl mehr hinken dann gehen moͤchte. Sie wußten gewiß, das<lb/> die Tuͤrken auf die ſtunde wuͤrden vor Tomiſchwar liegen, und ſie<lb/> konnten doch weder mit Gelde noch mit volke volgen, wehren dieſer<lb/> handlung halben lange aus ihren landen geweſt.“</note> Am 6ten<lb/> Juli reiſte er von Paſſau ab, am 8ten finden wir ihn in<lb/> Villach. Er ſtellte dem Kaiſer vor, in welche Gefahr ihn<lb/> der Wiederausbruch der Feindſeligkeiten in Deutſchland ſtür-<lb/> zen werde: ſchon ſey auch der Herzog von Baiern von den<lb/> kriegführenden Fürſten aufgefordert ſich zu ihnen zu ſchla-<lb/> gen, und im Weigerungsfall mit dem Ruin ſeines Landes be-<lb/> droht; dagegen verſpreche Moritz eine anſehnliche Hülfe in<lb/> Ungarn zu leiſten, wenn der Friede zu Stande komme, und<lb/> bei den unaufhörlichen Fortſchritten der Türken ſey für ihn<lb/> nichts dringender, nothwendiger. Auch bewirkte er damit<lb/> wohl, daß eine und die andre unweſentliche Einwendung<lb/> weggelaſſen ward, welche der Kaiſer gegen die vorgeſchlage-<lb/> nen Artikel gemacht; in Bezug auf das Gericht wurden all-<lb/> gemeine wiewohl nicht eben verpflichtende Verſicherungen<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0283]
Widerſtand des Kaiſers.
Ferdinand hielt nicht für rathſam, die Weigerungen und
Ausſtellungen des Kaiſers der Verſammlung wie ſie waren
mitzutheilen, er hätte den Bruch der ganzen Unterhandlung
gefürchtet. Nur im Allgemeinen bezeichnete er ſie, aber er
verſprach, ſich ſelbſt zu ſeinem Bruder zu verfügen und al-
les zu verſuchen, „gleich als gelte es ſeiner Seelen Seligkeit“,
um denſelben auf eine andre Meinung zu bringen. 1 Am 6ten
Juli reiſte er von Paſſau ab, am 8ten finden wir ihn in
Villach. Er ſtellte dem Kaiſer vor, in welche Gefahr ihn
der Wiederausbruch der Feindſeligkeiten in Deutſchland ſtür-
zen werde: ſchon ſey auch der Herzog von Baiern von den
kriegführenden Fürſten aufgefordert ſich zu ihnen zu ſchla-
gen, und im Weigerungsfall mit dem Ruin ſeines Landes be-
droht; dagegen verſpreche Moritz eine anſehnliche Hülfe in
Ungarn zu leiſten, wenn der Friede zu Stande komme, und
bei den unaufhörlichen Fortſchritten der Türken ſey für ihn
nichts dringender, nothwendiger. Auch bewirkte er damit
wohl, daß eine und die andre unweſentliche Einwendung
weggelaſſen ward, welche der Kaiſer gegen die vorgeſchlage-
nen Artikel gemacht; in Bezug auf das Gericht wurden all-
gemeine wiewohl nicht eben verpflichtende Verſicherungen
1 Vor ſeiner Abreiſe erklaͤrt er den Staͤnden: er wolle „alle
muͤgliche Perſuaſiones, ausfuͤhrung und anzeigung thun, dadurch Keyſ.
Mt zu bewegen, und in Summa den Fleiß anwenden, als langete
eß ihrer Mt Seelen Seligkeit an, dann J. Mt hetten deſſen treff-
liche urſach, und wolten nichts liebers wahn das Deutſchland muͤchte
zu ruge und die gehorſamen ſtende unbeſchedigt bleiben, ſo wehre eß
auch yhrer Mt eigene nothdurft, welche der ſchuch alſo drucket, das
ſie wohl mehr hinken dann gehen moͤchte. Sie wußten gewiß, das
die Tuͤrken auf die ſtunde wuͤrden vor Tomiſchwar liegen, und ſie
konnten doch weder mit Gelde noch mit volke volgen, wehren dieſer
handlung halben lange aus ihren landen geweſt.“
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