Albrecht von Baiern, der Erzbischof von Salzburg, der Bi- schof von Eichstädt in Person.
Sehr bezeichnend ist die Stellung welche die Stände dem römischen König gegenüber einnahmen. Ferdinand hätte gewünscht an ihren Sitzungen Theil zu haben, denn nicht als Partei sey er hier, etwa als Stellvertreter des Kaisers, dieser habe vielmehr seine eignen Räthe am Platz. Die Stände hatten wohl nicht Unrecht, wenn sie dieß nicht ganz wörtlich für wahr hielten, da der König so eben vom Kaiser kam und mit demselben ununterbrochen in brief- lichem Verkehr stand. Bescheidentlich antworteten sie, ihr Sinn sey nicht, ihn auszuschließen, sondern ihm nur die Mühe zu ersparen, ihren Sitzungen beizuwohnen, die Stim- men abzufordern; aber wie sie sich auch ausdrücken moch- ten, dabei blieben sie, sich erst unter einander berathen zu wollen: die Meinung über welche sie einig geworden, wür- den sie dann dem König vorlegen, und sich mit der verglei- chen, welche er indeß selbst gefaßt habe. 1 Indem sie sich von ihm absonderten, um nicht gleich bei der ersten Fas- sung der Beschlüsse gestört zu werden, waren sie doch weit entfernt sich ihm entgegenzusetzen. Sie gaben ihm vollkom- men Recht, wenn er darauf drang, daß aller französische Einfluß vermieden werde. Obgleich der französische Gesandte zugegen war, so bekam er doch von deutschen Geschäften nichts zu erfahren. 2 In dem Entwurf zu einer Instruction,
1 Prothocoll Lambert Distelmeyers (hier und im Folgenden meine vornehmste Quelle) im Berliner Archiv.
2 Er hielt eine Rede, von welcher Sleidan XXIV, p. 375 ei- nen Auszug mittheilt. Die Stände forderten ihn auf, zu weiterer Unterhandlung seine Instruction einzugeben, wie damals Sitte war:
Zehntes Buch. Erſtes Capitel.
Albrecht von Baiern, der Erzbiſchof von Salzburg, der Bi- ſchof von Eichſtädt in Perſon.
Sehr bezeichnend iſt die Stellung welche die Stände dem römiſchen König gegenüber einnahmen. Ferdinand hätte gewünſcht an ihren Sitzungen Theil zu haben, denn nicht als Partei ſey er hier, etwa als Stellvertreter des Kaiſers, dieſer habe vielmehr ſeine eignen Räthe am Platz. Die Stände hatten wohl nicht Unrecht, wenn ſie dieß nicht ganz wörtlich für wahr hielten, da der König ſo eben vom Kaiſer kam und mit demſelben ununterbrochen in brief- lichem Verkehr ſtand. Beſcheidentlich antworteten ſie, ihr Sinn ſey nicht, ihn auszuſchließen, ſondern ihm nur die Mühe zu erſparen, ihren Sitzungen beizuwohnen, die Stim- men abzufordern; aber wie ſie ſich auch ausdrücken moch- ten, dabei blieben ſie, ſich erſt unter einander berathen zu wollen: die Meinung über welche ſie einig geworden, wür- den ſie dann dem König vorlegen, und ſich mit der verglei- chen, welche er indeß ſelbſt gefaßt habe. 1 Indem ſie ſich von ihm abſonderten, um nicht gleich bei der erſten Faſ- ſung der Beſchlüſſe geſtört zu werden, waren ſie doch weit entfernt ſich ihm entgegenzuſetzen. Sie gaben ihm vollkom- men Recht, wenn er darauf drang, daß aller franzöſiſche Einfluß vermieden werde. Obgleich der franzöſiſche Geſandte zugegen war, ſo bekam er doch von deutſchen Geſchäften nichts zu erfahren. 2 In dem Entwurf zu einer Inſtruction,
1 Prothocoll Lambert Diſtelmeyers (hier und im Folgenden meine vornehmſte Quelle) im Berliner Archiv.
2 Er hielt eine Rede, von welcher Sleidan XXIV, p. 375 ei- nen Auszug mittheilt. Die Staͤnde forderten ihn auf, zu weiterer Unterhandlung ſeine Inſtruction einzugeben, wie damals Sitte war:
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Zehntes Buch. Erſtes Capitel.
Albrecht von Baiern, der Erzbiſchof von Salzburg, der Bi-
ſchof von Eichſtädt in Perſon.
Sehr bezeichnend iſt die Stellung welche die Stände
dem römiſchen König gegenüber einnahmen. Ferdinand hätte
gewünſcht an ihren Sitzungen Theil zu haben, denn nicht
als Partei ſey er hier, etwa als Stellvertreter des Kaiſers,
dieſer habe vielmehr ſeine eignen Räthe am Platz. Die
Stände hatten wohl nicht Unrecht, wenn ſie dieß nicht
ganz wörtlich für wahr hielten, da der König ſo eben
vom Kaiſer kam und mit demſelben ununterbrochen in brief-
lichem Verkehr ſtand. Beſcheidentlich antworteten ſie, ihr
Sinn ſey nicht, ihn auszuſchließen, ſondern ihm nur die
Mühe zu erſparen, ihren Sitzungen beizuwohnen, die Stim-
men abzufordern; aber wie ſie ſich auch ausdrücken moch-
ten, dabei blieben ſie, ſich erſt unter einander berathen zu
wollen: die Meinung über welche ſie einig geworden, wür-
den ſie dann dem König vorlegen, und ſich mit der verglei-
chen, welche er indeß ſelbſt gefaßt habe. 1 Indem ſie ſich
von ihm abſonderten, um nicht gleich bei der erſten Faſ-
ſung der Beſchlüſſe geſtört zu werden, waren ſie doch weit
entfernt ſich ihm entgegenzuſetzen. Sie gaben ihm vollkom-
men Recht, wenn er darauf drang, daß aller franzöſiſche
Einfluß vermieden werde. Obgleich der franzöſiſche Geſandte
zugegen war, ſo bekam er doch von deutſchen Geſchäften
nichts zu erfahren. 2 In dem Entwurf zu einer Inſtruction,
1 Prothocoll Lambert Diſtelmeyers (hier und im Folgenden
meine vornehmſte Quelle) im Berliner Archiv.
2 Er hielt eine Rede, von welcher Sleidan XXIV, p. 375 ei-
nen Auszug mittheilt. Die Staͤnde forderten ihn auf, zu weiterer
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/272>, abgerufen am 22.11.2024.
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