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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
besetzte die kleineren Städte, nahm die größeren, z. B. Straß-
burg von den Hausbergen aus, in Augenschein. Es war
eine Versammlung der nächstgesessenen deutschen Fürsten in
Worms gehalten worden, allein sie hatten sich nicht entschlie-
ßen können Widerstand zu leisten: nur eine sehr höfliche Bitte
legten sie ein.

Schwach, wie die meisten waren, ohne die Nähe des
mächtigen Kaisers der sie zuletzt vereinigt, von zwei mächti-
gen Feinden in die Mitte genommen, und ohne den Rück-
halt besonderer Bündnisse die sie sonst wohl geschützt hatten,
waren sie auf ein nach beiden Seiten wohl abgewognes Ver-
fahren angewiesen, um nicht zu Grunde gerichtet zu werden.

Der Herzog von Cleve wagte nicht das längst gegebene
Versprechen eines Besuches bei Königin Maria zu erfüllen,
weil er fürchtete, Moritz möchte ihn darüber östreichischer
Gesinnung verdächtig halten. 1

So gewaltig erschien damals das Übergewicht der Geg-
ner dieses Hauses, daß in einer Versammlung oberdeutscher
Fürsten zu Heidelberg die Frage vorgekommen ist, -- so ver-
sichert wenigstens Königin Maria, -- ob Carl V nicht des
Reiches zu entsetzen sey. 2

Allein auch der Kaiser gebot doch noch über mannich-
faltige Kräfte, die er nur zu sammeln brauchte; nur die Über-
raschung einer unerwarteten Combination hatte ihn im ersten
Augenblicke besiegt.

Er hoffte sogar einen Theil der Protestanten auf seine
Seite zu bringen. Das große Ansehen das Johann Friedrich

1 Schreiben der Königin 15 Mai, 24 Mai 1552. (Br. A.)
2 Schreiben der Königin 1 Aug. 1552. (Br. A.)

Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
beſetzte die kleineren Städte, nahm die größeren, z. B. Straß-
burg von den Hausbergen aus, in Augenſchein. Es war
eine Verſammlung der nächſtgeſeſſenen deutſchen Fürſten in
Worms gehalten worden, allein ſie hatten ſich nicht entſchlie-
ßen können Widerſtand zu leiſten: nur eine ſehr höfliche Bitte
legten ſie ein.

Schwach, wie die meiſten waren, ohne die Nähe des
mächtigen Kaiſers der ſie zuletzt vereinigt, von zwei mächti-
gen Feinden in die Mitte genommen, und ohne den Rück-
halt beſonderer Bündniſſe die ſie ſonſt wohl geſchützt hatten,
waren ſie auf ein nach beiden Seiten wohl abgewognes Ver-
fahren angewieſen, um nicht zu Grunde gerichtet zu werden.

Der Herzog von Cleve wagte nicht das längſt gegebene
Verſprechen eines Beſuches bei Königin Maria zu erfüllen,
weil er fürchtete, Moritz möchte ihn darüber öſtreichiſcher
Geſinnung verdächtig halten. 1

So gewaltig erſchien damals das Übergewicht der Geg-
ner dieſes Hauſes, daß in einer Verſammlung oberdeutſcher
Fürſten zu Heidelberg die Frage vorgekommen iſt, — ſo ver-
ſichert wenigſtens Königin Maria, — ob Carl V nicht des
Reiches zu entſetzen ſey. 2

Allein auch der Kaiſer gebot doch noch über mannich-
faltige Kräfte, die er nur zu ſammeln brauchte; nur die Über-
raſchung einer unerwarteten Combination hatte ihn im erſten
Augenblicke beſiegt.

Er hoffte ſogar einen Theil der Proteſtanten auf ſeine
Seite zu bringen. Das große Anſehen das Johann Friedrich

1 Schreiben der Koͤnigin 15 Mai, 24 Mai 1552. (Br. A.)
2 Schreiben der Koͤnigin 1 Aug. 1552. (Br. A.)
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[248/0260] Neuntes Buch. Sechstes Capitel. beſetzte die kleineren Städte, nahm die größeren, z. B. Straß- burg von den Hausbergen aus, in Augenſchein. Es war eine Verſammlung der nächſtgeſeſſenen deutſchen Fürſten in Worms gehalten worden, allein ſie hatten ſich nicht entſchlie- ßen können Widerſtand zu leiſten: nur eine ſehr höfliche Bitte legten ſie ein. Schwach, wie die meiſten waren, ohne die Nähe des mächtigen Kaiſers der ſie zuletzt vereinigt, von zwei mächti- gen Feinden in die Mitte genommen, und ohne den Rück- halt beſonderer Bündniſſe die ſie ſonſt wohl geſchützt hatten, waren ſie auf ein nach beiden Seiten wohl abgewognes Ver- fahren angewieſen, um nicht zu Grunde gerichtet zu werden. Der Herzog von Cleve wagte nicht das längſt gegebene Verſprechen eines Beſuches bei Königin Maria zu erfüllen, weil er fürchtete, Moritz möchte ihn darüber öſtreichiſcher Geſinnung verdächtig halten. 1 So gewaltig erſchien damals das Übergewicht der Geg- ner dieſes Hauſes, daß in einer Verſammlung oberdeutſcher Fürſten zu Heidelberg die Frage vorgekommen iſt, — ſo ver- ſichert wenigſtens Königin Maria, — ob Carl V nicht des Reiches zu entſetzen ſey. 2 Allein auch der Kaiſer gebot doch noch über mannich- faltige Kräfte, die er nur zu ſammeln brauchte; nur die Über- raſchung einer unerwarteten Combination hatte ihn im erſten Augenblicke beſiegt. Er hoffte ſogar einen Theil der Proteſtanten auf ſeine Seite zu bringen. Das große Anſehen das Johann Friedrich 1 Schreiben der Koͤnigin 15 Mai, 24 Mai 1552. (Br. A.) 2 Schreiben der Koͤnigin 1 Aug. 1552. (Br. A.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/260>, abgerufen am 23.11.2024.