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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Flucht Carls V.
sie sich sehr unehrerbietig ausdrücken, "den Fuchs weiter in
seiner Spelunke" suchen sollten: sie entschlossen sich hiezu.
Gott weiß was geschehen wäre, hätte nicht das tumultua-
rische Kriegsvolk, eben als es vorwärts gegen Aiterwang
geführt werden sollte, nach dem Sturmsold geschrien, den
es so eigentlich nicht verdient hatte und der ihm wirklich
aberkannt worden ist, und darüber seine Waffen gegen Mo-
ritz selbst gerichtet, so daß dieser ihm nur mit Mühe entrann.

Dadurch bekam der Kaiser Zeit, Insbruck zu verlassen:
er hat die Nachricht von dem Falle der Clause abgewartet,
ehe er sich dazu entschloß. Den 19ten Mai Nachmittags
ließ er noch den gefangenen Johann Friedrich in den Schloß-
garten zu sich bescheiden, und kündigte ihm dort seine Be-
freiung selber an: wiewohl unter der Bedingung daß er
noch eine Zeitlang dem Hofe freiwillig folgen solle. Fer-
ner trug er Sorge, daß die wichtigsten Schriften und Klei-
nodien nach dem festen Schloß Rodenegg gebracht wurden.
Dann Abend um 9 Uhr brach er auf: beim Scheine bren-
nender Windlichter: die Nacht war regnerisch und kalt, das
Gebirge noch mit Schnee bedeckt: der Kaiser litt an einem An-
fall seiner Krankheit. Sein erster Zufluchtsort war Brunecken,
nicht einmal ein eigenes Schloß, sondern dem Cardinal von
Trient gehörig, der in den Verhandlungen über die Wahl
nicht eben als ein Freund des Hofes betrachtet worden war.

Den andern Morgen folgte ihm Johann Friedrich auf
diesem Wege. Er erlebte nun, was er immer von seinem
Gott erwartet: zum ersten Mal seit fünf Jahren sah er sich
von keiner spanischen Garde umgeben; er stimmte auf sei-
nem Wagen ein geistliches Danklied an.


Flucht Carls V.
ſie ſich ſehr unehrerbietig ausdrücken, „den Fuchs weiter in
ſeiner Spelunke“ ſuchen ſollten: ſie entſchloſſen ſich hiezu.
Gott weiß was geſchehen wäre, hätte nicht das tumultua-
riſche Kriegsvolk, eben als es vorwärts gegen Aiterwang
geführt werden ſollte, nach dem Sturmſold geſchrien, den
es ſo eigentlich nicht verdient hatte und der ihm wirklich
aberkannt worden iſt, und darüber ſeine Waffen gegen Mo-
ritz ſelbſt gerichtet, ſo daß dieſer ihm nur mit Mühe entrann.

Dadurch bekam der Kaiſer Zeit, Insbruck zu verlaſſen:
er hat die Nachricht von dem Falle der Clauſe abgewartet,
ehe er ſich dazu entſchloß. Den 19ten Mai Nachmittags
ließ er noch den gefangenen Johann Friedrich in den Schloß-
garten zu ſich beſcheiden, und kündigte ihm dort ſeine Be-
freiung ſelber an: wiewohl unter der Bedingung daß er
noch eine Zeitlang dem Hofe freiwillig folgen ſolle. Fer-
ner trug er Sorge, daß die wichtigſten Schriften und Klei-
nodien nach dem feſten Schloß Rodenegg gebracht wurden.
Dann Abend um 9 Uhr brach er auf: beim Scheine bren-
nender Windlichter: die Nacht war regneriſch und kalt, das
Gebirge noch mit Schnee bedeckt: der Kaiſer litt an einem An-
fall ſeiner Krankheit. Sein erſter Zufluchtsort war Brunecken,
nicht einmal ein eigenes Schloß, ſondern dem Cardinal von
Trient gehörig, der in den Verhandlungen über die Wahl
nicht eben als ein Freund des Hofes betrachtet worden war.

Den andern Morgen folgte ihm Johann Friedrich auf
dieſem Wege. Er erlebte nun, was er immer von ſeinem
Gott erwartet: zum erſten Mal ſeit fünf Jahren ſah er ſich
von keiner ſpaniſchen Garde umgeben; er ſtimmte auf ſei-
nem Wagen ein geiſtliches Danklied an.


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[245/0257] Flucht Carls V. ſie ſich ſehr unehrerbietig ausdrücken, „den Fuchs weiter in ſeiner Spelunke“ ſuchen ſollten: ſie entſchloſſen ſich hiezu. Gott weiß was geſchehen wäre, hätte nicht das tumultua- riſche Kriegsvolk, eben als es vorwärts gegen Aiterwang geführt werden ſollte, nach dem Sturmſold geſchrien, den es ſo eigentlich nicht verdient hatte und der ihm wirklich aberkannt worden iſt, und darüber ſeine Waffen gegen Mo- ritz ſelbſt gerichtet, ſo daß dieſer ihm nur mit Mühe entrann. Dadurch bekam der Kaiſer Zeit, Insbruck zu verlaſſen: er hat die Nachricht von dem Falle der Clauſe abgewartet, ehe er ſich dazu entſchloß. Den 19ten Mai Nachmittags ließ er noch den gefangenen Johann Friedrich in den Schloß- garten zu ſich beſcheiden, und kündigte ihm dort ſeine Be- freiung ſelber an: wiewohl unter der Bedingung daß er noch eine Zeitlang dem Hofe freiwillig folgen ſolle. Fer- ner trug er Sorge, daß die wichtigſten Schriften und Klei- nodien nach dem feſten Schloß Rodenegg gebracht wurden. Dann Abend um 9 Uhr brach er auf: beim Scheine bren- nender Windlichter: die Nacht war regneriſch und kalt, das Gebirge noch mit Schnee bedeckt: der Kaiſer litt an einem An- fall ſeiner Krankheit. Sein erſter Zufluchtsort war Brunecken, nicht einmal ein eigenes Schloß, ſondern dem Cardinal von Trient gehörig, der in den Verhandlungen über die Wahl nicht eben als ein Freund des Hofes betrachtet worden war. Den andern Morgen folgte ihm Johann Friedrich auf dieſem Wege. Er erlebte nun, was er immer von ſeinem Gott erwartet: zum erſten Mal ſeit fünf Jahren ſah er ſich von keiner ſpaniſchen Garde umgeben; er ſtimmte auf ſei- nem Wagen ein geiſtliches Danklied an.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 245. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/257>, abgerufen am 23.11.2024.