sein vornehmster Musterplatz aber war Reitti, unfern der Ehrenberger Clause, die er ebenfalls besetzen ließ. Die Ver- bündeten meinten ihn genug zu kennen, um annehmen zu dürfen, daß er ihnen nichts bewilligen werde, sobald er wie- der über ein Kriegsheer gebiete. Moritz trug kein Beden- ken die zwischen der Bewilligung seiner Freunde und der sei- nen inne liegende Zeit zu benutzen, um die versammelten Trup- pen zu zerstreuen und dem Kaiser noch näher zu rücken.
Am 18ten Mai griffen die verbündeten Fürsten das Lager von Reitti an und sprengten es auf der Stelle aus einander. Besonders in dem freudigen Georg von Meklen- burg erwachte hierüber eine Schlachtbegier und Siegeszuver- sicht die alles mit sich fortriß. Da sich ein Theil der Trup- pen nach der Clause zurückzog, so ließen sie sich durch ihr gutes Verhältniß zu König Ferdinand nicht abhalten unmit- telbar auf diesen Platz loszugehn. Noch in der Nacht nah- men sie eine Höhe ein welche die Befestigungen beherrschte. Von hier aus den andern Morgen vordringend fanden sie weder in den Schanzen an der Clause, noch in dem verboll- werkten Passe, noch in dem Schlosse selbst nachdrücklichen Widerstand: 1 neun Fähnlein fielen in ihre Hand. Und wie nun wenn sie in dem hiedurch eröffneten Lande vordrangen und den Kaiser in Insbruck überfielen? Es ist ein Irrthum anzunehmen, sie hätten das nicht gewollt. Am 20sten Mai ist zwischen ihnen förmlich gerathschlagt worden, ob sie, wie
1 Nach der Tyroler Relation, in Hormayrs Chronik von Ho- henschwangau Urk. 61 p. 47, blieb das Schloß selbst "unerobert, un- angesehen der feind solchen an sieben Orten vermacht gehabt." Die brandenburgischen Gesandten geben den Verlust des Kaisers auf 1200 Todte und 2500 Gef. an.
Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
ſein vornehmſter Muſterplatz aber war Reitti, unfern der Ehrenberger Clauſe, die er ebenfalls beſetzen ließ. Die Ver- bündeten meinten ihn genug zu kennen, um annehmen zu dürfen, daß er ihnen nichts bewilligen werde, ſobald er wie- der über ein Kriegsheer gebiete. Moritz trug kein Beden- ken die zwiſchen der Bewilligung ſeiner Freunde und der ſei- nen inne liegende Zeit zu benutzen, um die verſammelten Trup- pen zu zerſtreuen und dem Kaiſer noch näher zu rücken.
Am 18ten Mai griffen die verbündeten Fürſten das Lager von Reitti an und ſprengten es auf der Stelle aus einander. Beſonders in dem freudigen Georg von Meklen- burg erwachte hierüber eine Schlachtbegier und Siegeszuver- ſicht die alles mit ſich fortriß. Da ſich ein Theil der Trup- pen nach der Clauſe zurückzog, ſo ließen ſie ſich durch ihr gutes Verhältniß zu König Ferdinand nicht abhalten unmit- telbar auf dieſen Platz loszugehn. Noch in der Nacht nah- men ſie eine Höhe ein welche die Befeſtigungen beherrſchte. Von hier aus den andern Morgen vordringend fanden ſie weder in den Schanzen an der Clauſe, noch in dem verboll- werkten Paſſe, noch in dem Schloſſe ſelbſt nachdrücklichen Widerſtand: 1 neun Fähnlein fielen in ihre Hand. Und wie nun wenn ſie in dem hiedurch eröffneten Lande vordrangen und den Kaiſer in Insbruck überfielen? Es iſt ein Irrthum anzunehmen, ſie hätten das nicht gewollt. Am 20ſten Mai iſt zwiſchen ihnen förmlich gerathſchlagt worden, ob ſie, wie
1 Nach der Tyroler Relation, in Hormayrs Chronik von Ho- henſchwangau Urk. 61 p. 47, blieb das Schloß ſelbſt „unerobert, un- angeſehen der feind ſolchen an ſieben Orten vermacht gehabt.“ Die brandenburgiſchen Geſandten geben den Verluſt des Kaiſers auf 1200 Todte und 2500 Gef. an.
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Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
ſein vornehmſter Muſterplatz aber war Reitti, unfern der
Ehrenberger Clauſe, die er ebenfalls beſetzen ließ. Die Ver-
bündeten meinten ihn genug zu kennen, um annehmen zu
dürfen, daß er ihnen nichts bewilligen werde, ſobald er wie-
der über ein Kriegsheer gebiete. Moritz trug kein Beden-
ken die zwiſchen der Bewilligung ſeiner Freunde und der ſei-
nen inne liegende Zeit zu benutzen, um die verſammelten Trup-
pen zu zerſtreuen und dem Kaiſer noch näher zu rücken.
Am 18ten Mai griffen die verbündeten Fürſten das
Lager von Reitti an und ſprengten es auf der Stelle aus
einander. Beſonders in dem freudigen Georg von Meklen-
burg erwachte hierüber eine Schlachtbegier und Siegeszuver-
ſicht die alles mit ſich fortriß. Da ſich ein Theil der Trup-
pen nach der Clauſe zurückzog, ſo ließen ſie ſich durch ihr
gutes Verhältniß zu König Ferdinand nicht abhalten unmit-
telbar auf dieſen Platz loszugehn. Noch in der Nacht nah-
men ſie eine Höhe ein welche die Befeſtigungen beherrſchte.
Von hier aus den andern Morgen vordringend fanden ſie
weder in den Schanzen an der Clauſe, noch in dem verboll-
werkten Paſſe, noch in dem Schloſſe ſelbſt nachdrücklichen
Widerſtand: 1 neun Fähnlein fielen in ihre Hand. Und wie
nun wenn ſie in dem hiedurch eröffneten Lande vordrangen
und den Kaiſer in Insbruck überfielen? Es iſt ein Irrthum
anzunehmen, ſie hätten das nicht gewollt. Am 20ſten Mai
iſt zwiſchen ihnen förmlich gerathſchlagt worden, ob ſie, wie
1 Nach der Tyroler Relation, in Hormayrs Chronik von Ho-
henſchwangau Urk. 61 p. 47, blieb das Schloß ſelbſt „unerobert, un-
angeſehen der feind ſolchen an ſieben Orten vermacht gehabt.“ Die
brandenburgiſchen Geſandten geben den Verluſt des Kaiſers auf 1200
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/256>, abgerufen am 23.07.2024.
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