Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.
Kriegszug gegen Carl V. So eben war ein neuer Versuch auf König Maximiliangemacht worden. Indem er diese idealen Absichten verfolgte und nur so viel als unbedingt nothwendig war, dafür that um den Feindseligkeiten der Franzosen, die er in den Nie- derlanden und in Italien erwartete, daselbst zu begegnen, bemerkte er nicht, was in Deutschland gegen ihn vorberei- tet ward. Es fehlte ihm nicht an Warnungen. Sogar der französische Gesandte hat dem Hof einmal von einer Con- spiration gesagt, von der er höre, wahrscheinlich nur, um denselben auf eine falsche Spur zu leiten, die dann Arras verfolgte, natürlich ohne etwas zu entdecken. Vielen An- dern war die Verbindung der Franzosen mit Moritz längst kein Geheimniß mehr. In der Relation eines veneziani- schen Gesandten ist derselben schon im Jahr 1550, unmit- telbar nachdem sie begonnen hatte, und, wie wir aus den Depeschen Marillacs sehen, auch ganz richtig gedacht wor- den. Gegen Ausgang 1551 war es ein ganz allgemeines Gerücht, das die kleinsten Höfe oder Provinzialregierungen kennen. Auf den Kaiser machte es keinen Eindruck: er ant- wortete, man [ - 2 Zeichen fehlen]rde sich nicht von jedem Winde bewegen lassen. Gab ihm doch Schwendi fortwährend über die Stim- mung und die Absichten des Churfürsten ganz günstigen Be- richt: einer von dessen vornehmsten Räthen, Franz Kram, erschien in Insbruck und meldete, sein Herr werde unver- züglich nachkommen. 1 Und hatte derselbe nicht seine Pro- 1 Schreiben Granvellas an die Königin 30 Dec. L'agent du
due Mauris a dit, qu'il ne pouvoit penser que son maitre se vou- lut tant oublier que de faire contre son devoir, comme aucuns semoient par la Germanie, et que non seulement s'il le faisoit Kriegszug gegen Carl V. So eben war ein neuer Verſuch auf König Maximiliangemacht worden. Indem er dieſe idealen Abſichten verfolgte und nur ſo viel als unbedingt nothwendig war, dafür that um den Feindſeligkeiten der Franzoſen, die er in den Nie- derlanden und in Italien erwartete, daſelbſt zu begegnen, bemerkte er nicht, was in Deutſchland gegen ihn vorberei- tet ward. Es fehlte ihm nicht an Warnungen. Sogar der franzöſiſche Geſandte hat dem Hof einmal von einer Con- ſpiration geſagt, von der er höre, wahrſcheinlich nur, um denſelben auf eine falſche Spur zu leiten, die dann Arras verfolgte, natürlich ohne etwas zu entdecken. Vielen An- dern war die Verbindung der Franzoſen mit Moritz längſt kein Geheimniß mehr. In der Relation eines veneziani- ſchen Geſandten iſt derſelben ſchon im Jahr 1550, unmit- telbar nachdem ſie begonnen hatte, und, wie wir aus den Depeſchen Marillacs ſehen, auch ganz richtig gedacht wor- den. Gegen Ausgang 1551 war es ein ganz allgemeines Gerücht, das die kleinſten Höfe oder Provinzialregierungen kennen. Auf den Kaiſer machte es keinen Eindruck: er ant- wortete, man [ – 2 Zeichen fehlen]rde ſich nicht von jedem Winde bewegen laſſen. Gab ihm doch Schwendi fortwährend über die Stim- mung und die Abſichten des Churfürſten ganz günſtigen Be- richt: einer von deſſen vornehmſten Räthen, Franz Kram, erſchien in Insbruck und meldete, ſein Herr werde unver- züglich nachkommen. 1 Und hatte derſelbe nicht ſeine Pro- 1 Schreiben Granvellas an die Koͤnigin 30 Dec. L’agent du
due Mauris a dit, qu’il ne pouvoit penser que son maitre se vou- lut tant oublier que de faire contre son devoir, comme aucuns semoient par la Germanie, et que non seulement s’il le faisoit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0247" n="235"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Kriegszug gegen Carl</hi><hi rendition="#aq">V.</hi></fw><lb/> So eben war ein neuer Verſuch auf König Maximilian<lb/> gemacht worden. Indem er dieſe idealen Abſichten verfolgte<lb/> und nur ſo viel als unbedingt nothwendig war, dafür that<lb/> um den Feindſeligkeiten der Franzoſen, die er in den Nie-<lb/> derlanden und in Italien erwartete, daſelbſt zu begegnen,<lb/> bemerkte er nicht, was in Deutſchland gegen ihn vorberei-<lb/> tet ward. Es fehlte ihm nicht an Warnungen. Sogar der<lb/> franzöſiſche Geſandte hat dem Hof einmal von einer Con-<lb/> ſpiration geſagt, von der er höre, wahrſcheinlich nur, um<lb/> denſelben auf eine falſche Spur zu leiten, die dann Arras<lb/> verfolgte, natürlich ohne etwas zu entdecken. Vielen An-<lb/> dern war die Verbindung der Franzoſen mit Moritz längſt<lb/> kein Geheimniß mehr. In der Relation eines veneziani-<lb/> ſchen Geſandten iſt derſelben ſchon im Jahr 1550, unmit-<lb/> telbar nachdem ſie begonnen hatte, und, wie wir aus den<lb/> Depeſchen Marillacs ſehen, auch ganz richtig gedacht wor-<lb/> den. Gegen Ausgang 1551 war es ein ganz allgemeines<lb/> Gerücht, das die kleinſten Höfe oder Provinzialregierungen<lb/> kennen. Auf den Kaiſer machte es keinen Eindruck: er ant-<lb/> wortete, man <gap unit="chars" quantity="2"/>rde ſich nicht von jedem Winde bewegen<lb/> laſſen. Gab ihm doch Schwendi fortwährend über die Stim-<lb/> mung und die Abſichten des Churfürſten ganz günſtigen Be-<lb/> richt: einer von deſſen vornehmſten Räthen, Franz Kram,<lb/> erſchien in Insbruck und meldete, ſein Herr werde unver-<lb/> züglich nachkommen. <note xml:id="seg2pn_13_1" next="#seg2pn_13_2" place="foot" n="1">Schreiben Granvellas an die Koͤnigin 30 Dec. <hi rendition="#aq">L’agent du<lb/> due Mauris a dit, qu’il ne pouvoit penser que son maitre se vou-<lb/> lut tant oublier que de faire contre son devoir, comme aucuns<lb/> semoient par la Germanie, et que non seulement s’il le faisoit</hi></note> Und hatte derſelbe nicht ſeine Pro-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [235/0247]
Kriegszug gegen Carl V.
So eben war ein neuer Verſuch auf König Maximilian
gemacht worden. Indem er dieſe idealen Abſichten verfolgte
und nur ſo viel als unbedingt nothwendig war, dafür that
um den Feindſeligkeiten der Franzoſen, die er in den Nie-
derlanden und in Italien erwartete, daſelbſt zu begegnen,
bemerkte er nicht, was in Deutſchland gegen ihn vorberei-
tet ward. Es fehlte ihm nicht an Warnungen. Sogar der
franzöſiſche Geſandte hat dem Hof einmal von einer Con-
ſpiration geſagt, von der er höre, wahrſcheinlich nur, um
denſelben auf eine falſche Spur zu leiten, die dann Arras
verfolgte, natürlich ohne etwas zu entdecken. Vielen An-
dern war die Verbindung der Franzoſen mit Moritz längſt
kein Geheimniß mehr. In der Relation eines veneziani-
ſchen Geſandten iſt derſelben ſchon im Jahr 1550, unmit-
telbar nachdem ſie begonnen hatte, und, wie wir aus den
Depeſchen Marillacs ſehen, auch ganz richtig gedacht wor-
den. Gegen Ausgang 1551 war es ein ganz allgemeines
Gerücht, das die kleinſten Höfe oder Provinzialregierungen
kennen. Auf den Kaiſer machte es keinen Eindruck: er ant-
wortete, man __rde ſich nicht von jedem Winde bewegen
laſſen. Gab ihm doch Schwendi fortwährend über die Stim-
mung und die Abſichten des Churfürſten ganz günſtigen Be-
richt: einer von deſſen vornehmſten Räthen, Franz Kram,
erſchien in Insbruck und meldete, ſein Herr werde unver-
züglich nachkommen. 1 Und hatte derſelbe nicht ſeine Pro-
1 Schreiben Granvellas an die Koͤnigin 30 Dec. L’agent du
due Mauris a dit, qu’il ne pouvoit penser que son maitre se vou-
lut tant oublier que de faire contre son devoir, comme aucuns
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| Zitationshilfe: | Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 235. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/247>, abgerufen am 25.11.2024. |
