hatte, zugleich französisch gesinnt war. Wäre in Metz die evangelische Meinung durchgedrungen, so würde es sich viel- leicht den Franzosen eben so gut widersetzt haben, wie Straß- burg dieß that. Aber jetzt hatten Diese mehrere Mitglieder im Rath und die hohe Geistlichkeit auf ihrer Seite: durch den Bischof der Stadt, Cardinal Lenoncourt, geschah daß der Connetable aufgenommen ward und die Stadt in fran- zösische Hände übergieng.
In dem Bezeigen Heinrichs II erscheinen die schroffsten Widersprüche. Er kannte sehr wohl das religiöse Motiv der protestantischen Fürsten: aber er war nicht ausgezogen, ohne erst von den Märtyrern Rusticus und Eleutherius, und St. Dionysius, dem eigensten Heiligen des allerchristlichsten katholischen Königthums, Abschied genommen zu haben. Er nahm die Grenzlande der deutschen Nation in Besitz und nöthigte ihnen seinen Willen auf, wie er denn die Verfas- sung der Stadt Metz auf der Stelle wesentlich veränderte: und in demselben Augenblick proclamirte er sich als den Ver- fechter der deutschen Freiheit.
Indem diese Bewegungen sich erheben, suchen unsre Au- gen unwillkührlich den Kaiser, gegen den sie gerichtet sind.
Er war noch in Insbruck, mit seinen conciliaren und dynastischen Entwürfen auf eine Weise beschäftigt daß er für nichts andres Sinn zu haben schien. Eben in dieser Zeit meinte er dem Concil zu Trient die Richtung zu ge- ben, welche er demselben von jeher zu geben beabsichtigt hatte; er hoffte außer den drei Churfürsten am Concil auch die drei andern in Kurzem in seiner Nähe anlangen zu se- hen, um die Successionssache mit ihnen zu Ende zu bringen.
Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
hatte, zugleich franzöſiſch geſinnt war. Wäre in Metz die evangeliſche Meinung durchgedrungen, ſo würde es ſich viel- leicht den Franzoſen eben ſo gut widerſetzt haben, wie Straß- burg dieß that. Aber jetzt hatten Dieſe mehrere Mitglieder im Rath und die hohe Geiſtlichkeit auf ihrer Seite: durch den Biſchof der Stadt, Cardinal Lenoncourt, geſchah daß der Connetable aufgenommen ward und die Stadt in fran- zöſiſche Hände übergieng.
In dem Bezeigen Heinrichs II erſcheinen die ſchroffſten Widerſprüche. Er kannte ſehr wohl das religiöſe Motiv der proteſtantiſchen Fürſten: aber er war nicht ausgezogen, ohne erſt von den Märtyrern Ruſticus und Eleutherius, und St. Dionyſius, dem eigenſten Heiligen des allerchriſtlichſten katholiſchen Königthums, Abſchied genommen zu haben. Er nahm die Grenzlande der deutſchen Nation in Beſitz und nöthigte ihnen ſeinen Willen auf, wie er denn die Verfaſ- ſung der Stadt Metz auf der Stelle weſentlich veränderte: und in demſelben Augenblick proclamirte er ſich als den Ver- fechter der deutſchen Freiheit.
Indem dieſe Bewegungen ſich erheben, ſuchen unſre Au- gen unwillkührlich den Kaiſer, gegen den ſie gerichtet ſind.
Er war noch in Insbruck, mit ſeinen conciliaren und dynaſtiſchen Entwürfen auf eine Weiſe beſchäftigt daß er für nichts andres Sinn zu haben ſchien. Eben in dieſer Zeit meinte er dem Concil zu Trient die Richtung zu ge- ben, welche er demſelben von jeher zu geben beabſichtigt hatte; er hoffte außer den drei Churfürſten am Concil auch die drei andern in Kurzem in ſeiner Nähe anlangen zu ſe- hen, um die Succeſſionsſache mit ihnen zu Ende zu bringen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0246"n="234"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Neuntes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/>
hatte, zugleich franzöſiſch geſinnt war. Wäre in Metz die<lb/>
evangeliſche Meinung durchgedrungen, ſo würde es ſich viel-<lb/>
leicht den Franzoſen eben ſo gut widerſetzt haben, wie Straß-<lb/>
burg dieß that. Aber jetzt hatten Dieſe mehrere Mitglieder<lb/>
im Rath und die hohe Geiſtlichkeit auf ihrer Seite: durch<lb/>
den Biſchof der Stadt, Cardinal Lenoncourt, geſchah daß<lb/>
der Connetable aufgenommen ward und die Stadt in fran-<lb/>
zöſiſche Hände übergieng.</p><lb/><p>In dem Bezeigen Heinrichs <hirendition="#aq">II</hi> erſcheinen die ſchroffſten<lb/>
Widerſprüche. Er kannte ſehr wohl das religiöſe Motiv<lb/>
der proteſtantiſchen Fürſten: aber er war nicht ausgezogen,<lb/>
ohne erſt von den Märtyrern Ruſticus und Eleutherius, und<lb/>
St. Dionyſius, dem eigenſten Heiligen des allerchriſtlichſten<lb/>
katholiſchen Königthums, Abſchied genommen zu haben. Er<lb/>
nahm die Grenzlande der deutſchen Nation in Beſitz und<lb/>
nöthigte ihnen ſeinen Willen auf, wie er denn die Verfaſ-<lb/>ſung der Stadt Metz auf der Stelle weſentlich veränderte:<lb/>
und in demſelben Augenblick proclamirte er ſich als den Ver-<lb/>
fechter der deutſchen Freiheit.</p><lb/><p>Indem dieſe Bewegungen ſich erheben, ſuchen unſre Au-<lb/>
gen unwillkührlich den Kaiſer, gegen den ſie gerichtet ſind.</p><lb/><p>Er war noch in Insbruck, mit ſeinen conciliaren und<lb/>
dynaſtiſchen Entwürfen auf eine Weiſe beſchäftigt daß er<lb/>
für nichts andres Sinn zu haben ſchien. Eben in dieſer<lb/>
Zeit meinte er dem Concil zu Trient die Richtung zu ge-<lb/>
ben, welche er demſelben von jeher zu geben beabſichtigt<lb/>
hatte; er hoffte außer den drei Churfürſten am Concil auch<lb/>
die drei andern in Kurzem in ſeiner Nähe anlangen zu ſe-<lb/>
hen, um die Succeſſionsſache mit ihnen zu Ende zu bringen.<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[234/0246]
Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
hatte, zugleich franzöſiſch geſinnt war. Wäre in Metz die
evangeliſche Meinung durchgedrungen, ſo würde es ſich viel-
leicht den Franzoſen eben ſo gut widerſetzt haben, wie Straß-
burg dieß that. Aber jetzt hatten Dieſe mehrere Mitglieder
im Rath und die hohe Geiſtlichkeit auf ihrer Seite: durch
den Biſchof der Stadt, Cardinal Lenoncourt, geſchah daß
der Connetable aufgenommen ward und die Stadt in fran-
zöſiſche Hände übergieng.
In dem Bezeigen Heinrichs II erſcheinen die ſchroffſten
Widerſprüche. Er kannte ſehr wohl das religiöſe Motiv
der proteſtantiſchen Fürſten: aber er war nicht ausgezogen,
ohne erſt von den Märtyrern Ruſticus und Eleutherius, und
St. Dionyſius, dem eigenſten Heiligen des allerchriſtlichſten
katholiſchen Königthums, Abſchied genommen zu haben. Er
nahm die Grenzlande der deutſchen Nation in Beſitz und
nöthigte ihnen ſeinen Willen auf, wie er denn die Verfaſ-
ſung der Stadt Metz auf der Stelle weſentlich veränderte:
und in demſelben Augenblick proclamirte er ſich als den Ver-
fechter der deutſchen Freiheit.
Indem dieſe Bewegungen ſich erheben, ſuchen unſre Au-
gen unwillkührlich den Kaiſer, gegen den ſie gerichtet ſind.
Er war noch in Insbruck, mit ſeinen conciliaren und
dynaſtiſchen Entwürfen auf eine Weiſe beſchäftigt daß er
für nichts andres Sinn zu haben ſchien. Eben in dieſer
Zeit meinte er dem Concil zu Trient die Richtung zu ge-
ben, welche er demſelben von jeher zu geben beabſichtigt
hatte; er hoffte außer den drei Churfürſten am Concil auch
die drei andern in Kurzem in ſeiner Nähe anlangen zu ſe-
hen, um die Succeſſionsſache mit ihnen zu Ende zu bringen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/246>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.