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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
zu trennen, nicht für den Bund zu gewinnen seyen, die müsse
man mit aller Gewalt verfolgen und ausrotten.

Der nemlichen Überzeugung war der hessische Bevoll-
mächtigte, Simon Bing, der den französischen Gesandten
mitgebracht: er legte einen Entwurf eines Offensivvertrages
vor, in dem sich zuweilen nahe die Worte des Arnoldischen
Gutachtens wiederfinden.

Markgraf Hans, von Natur hartnäckig bis zum Eigen-
sinn und hier in seinem Rechte, wollte sich seinen ursprüng-
lichen Gedanken nicht so ganz umgestalten lassen. Es kam
darüber zu Mißverständnissen, zu einem Wortwechsel selbst
bei Tafel. "Du sollst", sagte ihm Moritz, "nicht immer
regieren wollen, du sollst mir nicht Fickfack machen." Mark-
graf Hans hielt fürs Beste sich auf der Stelle zu entfernen:
noch denselben Abend, bei Fackelschein, ritt er ab. 1

Dagegen gieng sein Neffe, Johann Albert von Meck-
lenburg auf die neuen Entwürfe so gut ein wie auf die
früheren. Die jungen Landgrafen und Moritz theilten längst
die Ansicht ihrer Räthe. Sie wollten nicht in den Feh-
ler des schmalkaldischen Bundes fallen, der sich hatte isoli-
ren lassen, und dadurch vernichtet worden war. Sie wuß-
ten sehr wohl, wie der Feind, den sie anzugreifen gedach-
ten, ihnen ohne Vergleich an Kraft überlegen, wie klug und
kriegserfahren er sey. Sie sahen ihr Heil nur darin, daß es
gelinge, ihn unvermuthet, von allen Seiten zu überraschen.


1 In einem Schreiben Heidecks an Albrecht 29 Januar 1552
wird dieß dem Markgrafen sehr zum Vorwurf gemacht. "Wo S.
Gn. zuvor entschlossen oder bedacht gewesen, one Mittel bei der De-
fension zu verharren und sich in kein lauter Offension zu begeben,
so sollte man mit dem König so weit zu unterhandeln - - unterlas-
sen haben."

Neuntes Buch. Sechstes Capitel.
zu trennen, nicht für den Bund zu gewinnen ſeyen, die müſſe
man mit aller Gewalt verfolgen und ausrotten.

Der nemlichen Überzeugung war der heſſiſche Bevoll-
mächtigte, Simon Bing, der den franzöſiſchen Geſandten
mitgebracht: er legte einen Entwurf eines Offenſivvertrages
vor, in dem ſich zuweilen nahe die Worte des Arnoldiſchen
Gutachtens wiederfinden.

Markgraf Hans, von Natur hartnäckig bis zum Eigen-
ſinn und hier in ſeinem Rechte, wollte ſich ſeinen urſprüng-
lichen Gedanken nicht ſo ganz umgeſtalten laſſen. Es kam
darüber zu Mißverſtändniſſen, zu einem Wortwechſel ſelbſt
bei Tafel. „Du ſollſt“, ſagte ihm Moritz, „nicht immer
regieren wollen, du ſollſt mir nicht Fickfack machen.“ Mark-
graf Hans hielt fürs Beſte ſich auf der Stelle zu entfernen:
noch denſelben Abend, bei Fackelſchein, ritt er ab. 1

Dagegen gieng ſein Neffe, Johann Albert von Meck-
lenburg auf die neuen Entwürfe ſo gut ein wie auf die
früheren. Die jungen Landgrafen und Moritz theilten längſt
die Anſicht ihrer Räthe. Sie wollten nicht in den Feh-
ler des ſchmalkaldiſchen Bundes fallen, der ſich hatte iſoli-
ren laſſen, und dadurch vernichtet worden war. Sie wuß-
ten ſehr wohl, wie der Feind, den ſie anzugreifen gedach-
ten, ihnen ohne Vergleich an Kraft überlegen, wie klug und
kriegserfahren er ſey. Sie ſahen ihr Heil nur darin, daß es
gelinge, ihn unvermuthet, von allen Seiten zu überraſchen.


1 In einem Schreiben Heidecks an Albrecht 29 Januar 1552
wird dieß dem Markgrafen ſehr zum Vorwurf gemacht. „Wo S.
Gn. zuvor entſchloſſen oder bedacht geweſen, one Mittel bei der De-
fenſion zu verharren und ſich in kein lauter Offenſion zu begeben,
ſo ſollte man mit dem Koͤnig ſo weit zu unterhandeln ‒ ‒ unterlaſ-
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[218/0230] Neuntes Buch. Sechstes Capitel. zu trennen, nicht für den Bund zu gewinnen ſeyen, die müſſe man mit aller Gewalt verfolgen und ausrotten. Der nemlichen Überzeugung war der heſſiſche Bevoll- mächtigte, Simon Bing, der den franzöſiſchen Geſandten mitgebracht: er legte einen Entwurf eines Offenſivvertrages vor, in dem ſich zuweilen nahe die Worte des Arnoldiſchen Gutachtens wiederfinden. Markgraf Hans, von Natur hartnäckig bis zum Eigen- ſinn und hier in ſeinem Rechte, wollte ſich ſeinen urſprüng- lichen Gedanken nicht ſo ganz umgeſtalten laſſen. Es kam darüber zu Mißverſtändniſſen, zu einem Wortwechſel ſelbſt bei Tafel. „Du ſollſt“, ſagte ihm Moritz, „nicht immer regieren wollen, du ſollſt mir nicht Fickfack machen.“ Mark- graf Hans hielt fürs Beſte ſich auf der Stelle zu entfernen: noch denſelben Abend, bei Fackelſchein, ritt er ab. 1 Dagegen gieng ſein Neffe, Johann Albert von Meck- lenburg auf die neuen Entwürfe ſo gut ein wie auf die früheren. Die jungen Landgrafen und Moritz theilten längſt die Anſicht ihrer Räthe. Sie wollten nicht in den Feh- ler des ſchmalkaldiſchen Bundes fallen, der ſich hatte iſoli- ren laſſen, und dadurch vernichtet worden war. Sie wuß- ten ſehr wohl, wie der Feind, den ſie anzugreifen gedach- ten, ihnen ohne Vergleich an Kraft überlegen, wie klug und kriegserfahren er ſey. Sie ſahen ihr Heil nur darin, daß es gelinge, ihn unvermuthet, von allen Seiten zu überraſchen. 1 In einem Schreiben Heidecks an Albrecht 29 Januar 1552 wird dieß dem Markgrafen ſehr zum Vorwurf gemacht. „Wo S. Gn. zuvor entſchloſſen oder bedacht geweſen, one Mittel bei der De- fenſion zu verharren und ſich in kein lauter Offenſion zu begeben, ſo ſollte man mit dem Koͤnig ſo weit zu unterhandeln ‒ ‒ unterlaſ- ſen haben.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/230>, abgerufen am 28.11.2024.