Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Politik des Churfürsten Moritz.
position, unter andern sogar auf König Maximilian, warf;
es fehlte jedoch noch viel, daß wirklich ein Verständniß ge-
schlossen worden wäre: es blieb alles ganz im Unbestimm-
ten und Weiten.

Waren doch die mißvergnügten deutschen Fürsten noch
weit entfernt einander zu trauen!

Das Ereigniß, wodurch zuerst eine gewisse Annäherung
zwischen diesen herbeigeführt worden ist, war das Vorrücken
jener meklenburgisch-heideckischen Truppen von Verden her
in der Richtung gegen Magdeburg. Moritz, der sich in
seiner Belagerung nicht wollte stören lassen, gieng wie be-
rührt auf diesen Haufen los, und überlegen in den Waf-
fen wie er war, zwang er ihn Verden aufzugeben. Da-
bei geschah nun aber das ganz Unerwartete. Der Chur-
fürst machte den Anführer der geschlagenen Truppen, Jo-
hann Heideck, der mit dem Kaiser noch unversöhnt war,
und nicht mit ihm versöhnt seyn wollte, zu seinem Vertrau-
ten. Darin lag die erste überzeugende Kundgebung einer
veränderten Richtung der moritzischen Politik. Der Sieger
gieng, so zu sagen im Momente des Sieges, zu der Mei-
nung der Besiegten über.

Heideck ließ es eines seiner ersten Geschäfte seyn, daß
er eine Zusammenkunft zwischen Churfürst Moritz und Mark-
graf Hans zu Stande brachte, die im Februar 1551 in
Dresden Statt fand.

Markgraf Hans erschien nicht, ohne sich vorher durch
hinreichendes Geleite sicher gestellt zu haben. Er traute dem
zweideutigen Nachbar mit nichten. Als sie zum Zwiege-
spräch kamen, bedachte er sich lange, ehe er mit seiner Mei-

Politik des Churfuͤrſten Moritz.
poſition, unter andern ſogar auf König Maximilian, warf;
es fehlte jedoch noch viel, daß wirklich ein Verſtändniß ge-
ſchloſſen worden wäre: es blieb alles ganz im Unbeſtimm-
ten und Weiten.

Waren doch die mißvergnügten deutſchen Fürſten noch
weit entfernt einander zu trauen!

Das Ereigniß, wodurch zuerſt eine gewiſſe Annäherung
zwiſchen dieſen herbeigeführt worden iſt, war das Vorrücken
jener meklenburgiſch-heideckiſchen Truppen von Verden her
in der Richtung gegen Magdeburg. Moritz, der ſich in
ſeiner Belagerung nicht wollte ſtören laſſen, gieng wie be-
rührt auf dieſen Haufen los, und überlegen in den Waf-
fen wie er war, zwang er ihn Verden aufzugeben. Da-
bei geſchah nun aber das ganz Unerwartete. Der Chur-
fürſt machte den Anführer der geſchlagenen Truppen, Jo-
hann Heideck, der mit dem Kaiſer noch unverſöhnt war,
und nicht mit ihm verſöhnt ſeyn wollte, zu ſeinem Vertrau-
ten. Darin lag die erſte überzeugende Kundgebung einer
veränderten Richtung der moritziſchen Politik. Der Sieger
gieng, ſo zu ſagen im Momente des Sieges, zu der Mei-
nung der Beſiegten über.

Heideck ließ es eines ſeiner erſten Geſchäfte ſeyn, daß
er eine Zuſammenkunft zwiſchen Churfürſt Moritz und Mark-
graf Hans zu Stande brachte, die im Februar 1551 in
Dresden Statt fand.

Markgraf Hans erſchien nicht, ohne ſich vorher durch
hinreichendes Geleite ſicher geſtellt zu haben. Er traute dem
zweideutigen Nachbar mit nichten. Als ſie zum Zwiege-
ſpräch kamen, bedachte er ſich lange, ehe er mit ſeiner Mei-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0219" n="207"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Politik des Churfu&#x0364;r&#x017F;ten Moritz</hi>.</fw><lb/>
po&#x017F;ition, unter andern &#x017F;ogar auf König Maximilian, warf;<lb/>
es fehlte jedoch noch viel, daß wirklich ein Ver&#x017F;tändniß ge-<lb/>
&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en worden wäre: es blieb alles ganz im Unbe&#x017F;timm-<lb/>
ten und Weiten.</p><lb/>
          <p>Waren doch die mißvergnügten deut&#x017F;chen Für&#x017F;ten noch<lb/>
weit entfernt einander zu trauen!</p><lb/>
          <p>Das Ereigniß, wodurch zuer&#x017F;t eine gewi&#x017F;&#x017F;e Annäherung<lb/>
zwi&#x017F;chen die&#x017F;en herbeigeführt worden i&#x017F;t, war das Vorrücken<lb/>
jener meklenburgi&#x017F;ch-heidecki&#x017F;chen Truppen von Verden her<lb/>
in der Richtung gegen Magdeburg. Moritz, der &#x017F;ich in<lb/>
&#x017F;einer Belagerung nicht wollte &#x017F;tören la&#x017F;&#x017F;en, gieng wie be-<lb/>
rührt auf die&#x017F;en Haufen los, und überlegen in den Waf-<lb/>
fen wie er war, zwang er ihn Verden aufzugeben. Da-<lb/>
bei ge&#x017F;chah nun aber das ganz Unerwartete. Der Chur-<lb/>
für&#x017F;t machte den Anführer der ge&#x017F;chlagenen Truppen, Jo-<lb/>
hann Heideck, der mit dem Kai&#x017F;er noch unver&#x017F;öhnt war,<lb/>
und nicht mit ihm ver&#x017F;öhnt &#x017F;eyn wollte, zu &#x017F;einem Vertrau-<lb/>
ten. Darin lag die er&#x017F;te überzeugende Kundgebung einer<lb/>
veränderten Richtung der moritzi&#x017F;chen Politik. Der Sieger<lb/>
gieng, &#x017F;o zu &#x017F;agen im Momente des Sieges, zu der Mei-<lb/>
nung der Be&#x017F;iegten über.</p><lb/>
          <p>Heideck ließ es eines &#x017F;einer er&#x017F;ten Ge&#x017F;chäfte &#x017F;eyn, daß<lb/>
er eine Zu&#x017F;ammenkunft zwi&#x017F;chen Churfür&#x017F;t Moritz und Mark-<lb/>
graf Hans zu Stande brachte, die im Februar 1551 in<lb/>
Dresden Statt fand.</p><lb/>
          <p>Markgraf Hans er&#x017F;chien nicht, ohne &#x017F;ich vorher durch<lb/>
hinreichendes Geleite &#x017F;icher ge&#x017F;tellt zu haben. Er traute dem<lb/>
zweideutigen Nachbar mit nichten. Als &#x017F;ie zum Zwiege-<lb/>
&#x017F;präch kamen, bedachte er &#x017F;ich lange, ehe er mit &#x017F;einer Mei-<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[207/0219] Politik des Churfuͤrſten Moritz. poſition, unter andern ſogar auf König Maximilian, warf; es fehlte jedoch noch viel, daß wirklich ein Verſtändniß ge- ſchloſſen worden wäre: es blieb alles ganz im Unbeſtimm- ten und Weiten. Waren doch die mißvergnügten deutſchen Fürſten noch weit entfernt einander zu trauen! Das Ereigniß, wodurch zuerſt eine gewiſſe Annäherung zwiſchen dieſen herbeigeführt worden iſt, war das Vorrücken jener meklenburgiſch-heideckiſchen Truppen von Verden her in der Richtung gegen Magdeburg. Moritz, der ſich in ſeiner Belagerung nicht wollte ſtören laſſen, gieng wie be- rührt auf dieſen Haufen los, und überlegen in den Waf- fen wie er war, zwang er ihn Verden aufzugeben. Da- bei geſchah nun aber das ganz Unerwartete. Der Chur- fürſt machte den Anführer der geſchlagenen Truppen, Jo- hann Heideck, der mit dem Kaiſer noch unverſöhnt war, und nicht mit ihm verſöhnt ſeyn wollte, zu ſeinem Vertrau- ten. Darin lag die erſte überzeugende Kundgebung einer veränderten Richtung der moritziſchen Politik. Der Sieger gieng, ſo zu ſagen im Momente des Sieges, zu der Mei- nung der Beſiegten über. Heideck ließ es eines ſeiner erſten Geſchäfte ſeyn, daß er eine Zuſammenkunft zwiſchen Churfürſt Moritz und Mark- graf Hans zu Stande brachte, die im Februar 1551 in Dresden Statt fand. Markgraf Hans erſchien nicht, ohne ſich vorher durch hinreichendes Geleite ſicher geſtellt zu haben. Er traute dem zweideutigen Nachbar mit nichten. Als ſie zum Zwiege- ſpräch kamen, bedachte er ſich lange, ehe er mit ſeiner Mei-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/219
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/219>, abgerufen am 22.11.2024.