Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Erneuerung des Kriegs in Ungarn.
ihm die Ausführung des alten Tractates, die Überlieferung
Siebenbürgens und der heiligen Krone anzubieten.

Am Hofe des Königs trug man anfangs Bedenken
hierauf einzugehn: Johann Hofmann, den wir kennen, soll
es widerrathen haben; aber die Gelegenheit war zu lockend
um sie nicht zu ergreifen: dieß Mal, glaubte man, könne
der Mönch sich nicht wieder mit den Osmanen verständigen.

Es wäre hier nicht am Ort, die oft doppelsinnigen
Verhandlungen die hierüber gepflogen wurden, im Einzelnen
zu begleiten: genug, nach einiger Zeit führten sie zum Ziele.
Im Jahr 1551 ergab sich die Königin in ihr Geschick und
vertauschte die Herrschaft in Siebenbürgen mit einigen schle-
sischen Besitzungen. Hierauf leisteten die Stände zu Clau-
senburg die Huldigung an König Ferdinand und überliefer-
ten die heilige Krone dem Befehlshaber desselben.

Martinuzzi schien hiedurch nur noch mächtiger zu wer-
den: er ward von Ferdinand als Schatzmeister und Woi-
wode des Landes und zwar ohne Collegen anerkannt und
zum Cardinal erhoben: da ihm so viel gelungen, fragte man
in diesen Ländern wohl, ob er nicht noch Papst werden könne.

Ganz ein andres Schicksal aber stand ihm bevor. Un-
verweilt nemlich, noch im September 1551, erschienen die
Türken unter einem ihrer nahmhaftesten Anführer, Mehemet
Sokolli, 60000 M. stark, von Salankemen her über der Do-
nau, eroberten eine ganze Anzahl von Schlössern die vor ihnen
lagen, und durchzogen plündernd die von dem bisherigen Kriege
noch minder berührten Ebenen des Banates. Zwar wurde
nun die blutige Lanze und das blutige Schwert durch alle sie-
benbürgischen Ortschaften geschickt; die ferdinandeischen Trup-

Erneuerung des Kriegs in Ungarn.
ihm die Ausführung des alten Tractates, die Überlieferung
Siebenbürgens und der heiligen Krone anzubieten.

Am Hofe des Königs trug man anfangs Bedenken
hierauf einzugehn: Johann Hofmann, den wir kennen, ſoll
es widerrathen haben; aber die Gelegenheit war zu lockend
um ſie nicht zu ergreifen: dieß Mal, glaubte man, könne
der Mönch ſich nicht wieder mit den Osmanen verſtändigen.

Es wäre hier nicht am Ort, die oft doppelſinnigen
Verhandlungen die hierüber gepflogen wurden, im Einzelnen
zu begleiten: genug, nach einiger Zeit führten ſie zum Ziele.
Im Jahr 1551 ergab ſich die Königin in ihr Geſchick und
vertauſchte die Herrſchaft in Siebenbürgen mit einigen ſchle-
ſiſchen Beſitzungen. Hierauf leiſteten die Stände zu Clau-
ſenburg die Huldigung an König Ferdinand und überliefer-
ten die heilige Krone dem Befehlshaber deſſelben.

Martinuzzi ſchien hiedurch nur noch mächtiger zu wer-
den: er ward von Ferdinand als Schatzmeiſter und Woi-
wode des Landes und zwar ohne Collegen anerkannt und
zum Cardinal erhoben: da ihm ſo viel gelungen, fragte man
in dieſen Ländern wohl, ob er nicht noch Papſt werden könne.

Ganz ein andres Schickſal aber ſtand ihm bevor. Un-
verweilt nemlich, noch im September 1551, erſchienen die
Türken unter einem ihrer nahmhafteſten Anführer, Mehemet
Sokolli, 60000 M. ſtark, von Salankemen her über der Do-
nau, eroberten eine ganze Anzahl von Schlöſſern die vor ihnen
lagen, und durchzogen plündernd die von dem bisherigen Kriege
noch minder berührten Ebenen des Banates. Zwar wurde
nun die blutige Lanze und das blutige Schwert durch alle ſie-
benbürgiſchen Ortſchaften geſchickt; die ferdinandeiſchen Trup-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0167" n="155"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erneuerung des Kriegs in Ungarn</hi>.</fw><lb/>
ihm die Ausführung des alten Tractates, die Überlieferung<lb/>
Siebenbürgens und der heiligen Krone anzubieten.</p><lb/>
            <p>Am Hofe des Königs trug man anfangs Bedenken<lb/>
hierauf einzugehn: Johann Hofmann, den wir kennen, &#x017F;oll<lb/>
es widerrathen haben; aber die Gelegenheit war zu lockend<lb/>
um &#x017F;ie nicht zu ergreifen: dieß Mal, glaubte man, könne<lb/>
der Mönch &#x017F;ich nicht wieder mit den Osmanen ver&#x017F;tändigen.</p><lb/>
            <p>Es wäre hier nicht am Ort, die oft doppel&#x017F;innigen<lb/>
Verhandlungen die hierüber gepflogen wurden, im Einzelnen<lb/>
zu begleiten: genug, nach einiger Zeit führten &#x017F;ie zum Ziele.<lb/>
Im Jahr 1551 ergab &#x017F;ich die Königin in ihr Ge&#x017F;chick und<lb/>
vertau&#x017F;chte die Herr&#x017F;chaft in Siebenbürgen mit einigen &#x017F;chle-<lb/>
&#x017F;i&#x017F;chen Be&#x017F;itzungen. Hierauf lei&#x017F;teten die Stände zu Clau-<lb/>
&#x017F;enburg die Huldigung an König Ferdinand und überliefer-<lb/>
ten die heilige Krone dem Befehlshaber de&#x017F;&#x017F;elben.</p><lb/>
            <p>Martinuzzi &#x017F;chien hiedurch nur noch mächtiger zu wer-<lb/>
den: er ward von Ferdinand als Schatzmei&#x017F;ter und Woi-<lb/>
wode des Landes und zwar ohne Collegen anerkannt und<lb/>
zum Cardinal erhoben: da ihm &#x017F;o viel gelungen, fragte man<lb/>
in die&#x017F;en Ländern wohl, ob er nicht noch Pap&#x017F;t werden könne.</p><lb/>
            <p>Ganz ein andres Schick&#x017F;al aber &#x017F;tand ihm bevor. Un-<lb/>
verweilt nemlich, noch im September 1551, er&#x017F;chienen die<lb/>
Türken unter einem ihrer nahmhafte&#x017F;ten Anführer, Mehemet<lb/>
Sokolli, 60000 M. &#x017F;tark, von Salankemen her über der Do-<lb/>
nau, eroberten eine ganze Anzahl von Schlö&#x017F;&#x017F;ern die vor ihnen<lb/>
lagen, und durchzogen plündernd die von dem bisherigen Kriege<lb/>
noch minder berührten Ebenen des Banates. Zwar wurde<lb/>
nun die blutige Lanze und das blutige Schwert durch alle &#x017F;ie-<lb/>
benbürgi&#x017F;chen Ort&#x017F;chaften ge&#x017F;chickt; die ferdinandei&#x017F;chen Trup-<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[155/0167] Erneuerung des Kriegs in Ungarn. ihm die Ausführung des alten Tractates, die Überlieferung Siebenbürgens und der heiligen Krone anzubieten. Am Hofe des Königs trug man anfangs Bedenken hierauf einzugehn: Johann Hofmann, den wir kennen, ſoll es widerrathen haben; aber die Gelegenheit war zu lockend um ſie nicht zu ergreifen: dieß Mal, glaubte man, könne der Mönch ſich nicht wieder mit den Osmanen verſtändigen. Es wäre hier nicht am Ort, die oft doppelſinnigen Verhandlungen die hierüber gepflogen wurden, im Einzelnen zu begleiten: genug, nach einiger Zeit führten ſie zum Ziele. Im Jahr 1551 ergab ſich die Königin in ihr Geſchick und vertauſchte die Herrſchaft in Siebenbürgen mit einigen ſchle- ſiſchen Beſitzungen. Hierauf leiſteten die Stände zu Clau- ſenburg die Huldigung an König Ferdinand und überliefer- ten die heilige Krone dem Befehlshaber deſſelben. Martinuzzi ſchien hiedurch nur noch mächtiger zu wer- den: er ward von Ferdinand als Schatzmeiſter und Woi- wode des Landes und zwar ohne Collegen anerkannt und zum Cardinal erhoben: da ihm ſo viel gelungen, fragte man in dieſen Ländern wohl, ob er nicht noch Papſt werden könne. Ganz ein andres Schickſal aber ſtand ihm bevor. Un- verweilt nemlich, noch im September 1551, erſchienen die Türken unter einem ihrer nahmhafteſten Anführer, Mehemet Sokolli, 60000 M. ſtark, von Salankemen her über der Do- nau, eroberten eine ganze Anzahl von Schlöſſern die vor ihnen lagen, und durchzogen plündernd die von dem bisherigen Kriege noch minder berührten Ebenen des Banates. Zwar wurde nun die blutige Lanze und das blutige Schwert durch alle ſie- benbürgiſchen Ortſchaften geſchickt; die ferdinandeiſchen Trup-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/167
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/167>, abgerufen am 25.11.2024.