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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Seekrieg im Mittelmeer.
schaft zu verwenden hatten. Was ihnen Muth machte
war, daß die benachbarten Maurenfürsten ihnen verspra-
chen das christliche Heer mit ihrer Reiterei zu unterstützen
und ihre Treue durch Geiseln gewährleisteten. Die Tür-
ken vertheidigten die Stadt so gut, wie jemals eine ihrer
Galeeren; dieß Mal aber waren ihnen die Christen überle-
gen. Mit Tapferkeit und altem Glaubenseifer -- wie denn
der Beichtvater des Don Garcia wohl ein Crucifix auf eine
Pike gesteckt hat, um die Leute zu entflammen -- verbanden
sie eine größere, gleichsam gelehrte Geschicklichkeit: die Erin-
nerung an eine Stelle des Appian soll es gewesen seyn,
was denselben Don Garcia auf den Gedanken brachte, auf
ein paar mit starken Ankern unbeweglich befestigten Galee-
ren eine Batterie zu errichten, welche die Mauern an der
Seeseite zertrümmerte und die Eroberung entschied 1 (10 Sept.
1550). Die Johanniter nahmen an derselben nicht allein
mit gewohnter Tapferkeit Theil, -- unter den Gefallenen fin-
den wir auch ein paar deutsche Namen -- sondern sie üb-
ten auch noch andere Pflichten aus, die ihre Regel ihnen
auflegt. Unter dem Zelte des Spittlers fanden die Verwun-
deten Pflege und die fremden Ankömmlinge Beköstigung.

Diese Eroberung schien aber von um so größerer Bedeu-
tung, da einige mächtige Maurenfürsten, wie Ssidi Arif von
Cairwan und jetzt auch der Nachfolger des Mulei Hassan in
Tunis, der sich früher eher feindlich bezeigt, mit dem Kaiser
in Bund traten. Der Gedanke tauchte auf, Carl V werde
sich noch mit dem Priester Johann, der doch hier kein an-

1 Nach Sandoval II, 671 führten sie auch "dos morteretes
grandes, que el emperador avia embiado de Alemanna."

Seekrieg im Mittelmeer.
ſchaft zu verwenden hatten. Was ihnen Muth machte
war, daß die benachbarten Maurenfürſten ihnen verſpra-
chen das chriſtliche Heer mit ihrer Reiterei zu unterſtützen
und ihre Treue durch Geiſeln gewährleiſteten. Die Tür-
ken vertheidigten die Stadt ſo gut, wie jemals eine ihrer
Galeeren; dieß Mal aber waren ihnen die Chriſten überle-
gen. Mit Tapferkeit und altem Glaubenseifer — wie denn
der Beichtvater des Don Garcia wohl ein Crucifix auf eine
Pike geſteckt hat, um die Leute zu entflammen — verbanden
ſie eine größere, gleichſam gelehrte Geſchicklichkeit: die Erin-
nerung an eine Stelle des Appian ſoll es geweſen ſeyn,
was denſelben Don Garcia auf den Gedanken brachte, auf
ein paar mit ſtarken Ankern unbeweglich befeſtigten Galee-
ren eine Batterie zu errichten, welche die Mauern an der
Seeſeite zertrümmerte und die Eroberung entſchied 1 (10 Sept.
1550). Die Johanniter nahmen an derſelben nicht allein
mit gewohnter Tapferkeit Theil, — unter den Gefallenen fin-
den wir auch ein paar deutſche Namen — ſondern ſie üb-
ten auch noch andere Pflichten aus, die ihre Regel ihnen
auflegt. Unter dem Zelte des Spittlers fanden die Verwun-
deten Pflege und die fremden Ankömmlinge Beköſtigung.

Dieſe Eroberung ſchien aber von um ſo größerer Bedeu-
tung, da einige mächtige Maurenfürſten, wie Sſidi Arif von
Cairwan und jetzt auch der Nachfolger des Mulei Haſſan in
Tunis, der ſich früher eher feindlich bezeigt, mit dem Kaiſer
in Bund traten. Der Gedanke tauchte auf, Carl V werde
ſich noch mit dem Prieſter Johann, der doch hier kein an-

1 Nach Sandoval II, 671 fuͤhrten ſie auch „dos morteretes
grandes, que el emperador avia embiado de Alemaña.“
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[149/0161] Seekrieg im Mittelmeer. ſchaft zu verwenden hatten. Was ihnen Muth machte war, daß die benachbarten Maurenfürſten ihnen verſpra- chen das chriſtliche Heer mit ihrer Reiterei zu unterſtützen und ihre Treue durch Geiſeln gewährleiſteten. Die Tür- ken vertheidigten die Stadt ſo gut, wie jemals eine ihrer Galeeren; dieß Mal aber waren ihnen die Chriſten überle- gen. Mit Tapferkeit und altem Glaubenseifer — wie denn der Beichtvater des Don Garcia wohl ein Crucifix auf eine Pike geſteckt hat, um die Leute zu entflammen — verbanden ſie eine größere, gleichſam gelehrte Geſchicklichkeit: die Erin- nerung an eine Stelle des Appian ſoll es geweſen ſeyn, was denſelben Don Garcia auf den Gedanken brachte, auf ein paar mit ſtarken Ankern unbeweglich befeſtigten Galee- ren eine Batterie zu errichten, welche die Mauern an der Seeſeite zertrümmerte und die Eroberung entſchied 1 (10 Sept. 1550). Die Johanniter nahmen an derſelben nicht allein mit gewohnter Tapferkeit Theil, — unter den Gefallenen fin- den wir auch ein paar deutſche Namen — ſondern ſie üb- ten auch noch andere Pflichten aus, die ihre Regel ihnen auflegt. Unter dem Zelte des Spittlers fanden die Verwun- deten Pflege und die fremden Ankömmlinge Beköſtigung. Dieſe Eroberung ſchien aber von um ſo größerer Bedeu- tung, da einige mächtige Maurenfürſten, wie Sſidi Arif von Cairwan und jetzt auch der Nachfolger des Mulei Haſſan in Tunis, der ſich früher eher feindlich bezeigt, mit dem Kaiſer in Bund traten. Der Gedanke tauchte auf, Carl V werde ſich noch mit dem Prieſter Johann, der doch hier kein an- 1 Nach Sandoval II, 671 fuͤhrten ſie auch „dos morteretes grandes, que el emperador avia embiado de Alemaña.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/161>, abgerufen am 25.11.2024.