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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Neuntes Buch. Drittes Capitel.

Anfangs wollten sie nicht glauben, daß die Protestan-
ten überhaupt sich einfinden würden: je mehr sich dazu ge-
wisse Aussicht zeigte, desto stärker sprachen sie ihren Abscheu
dagegen aus: "sie thun alles," sagt Vargas, "um den Pro-
testanten die Thüre des Conciliums zu schließen." 1

Eine erste voraufgehende Frage betraf die Form des
ihnen zuzugestehenden sicheren Geleites.

Allem Widerstreben des Legaten zum Trotz setzten die
kaiserlichen Minister durch, daß dabei die Formel welche das
Concil zu Basel, dessen Andenken der römischen Curie ver-
haßt war, den Hussiten bewilligt hatte, zu Grunde gelegt,
dagegen ein Canon des Costnitzer Concils, durch welchen die
den Nicht-Rechtgläubigen zu haltende Treue in Zweifel ge-
zogen ward, ausdrücklich zurückgenommen wurde.

Schon hatte der kaiserliche Hof dafür gesorgt, daß kein
entscheidender Schritt vor ihrer Ankunft geschah. Eine der
ersten Arbeiten der neuen Versammlung war die Erörterung
der Streitfragen über die Eucharistie. Wäre, wie es wirk-
lich beabsichtigt wurde, gegen das Empfangen derselben un-
ter beiderlei Gestalt entschieden worden, so würde dieß einer
Abkunft mit den Protestanten mächtig in den Weg getreten
seyn. Wenige Tage vor der anberaumten Session lief ein
Schreiben des Kaisers ein, worin er auf Suspension der
Beschlußnahme drang. Der Legat Crescentio fuhr anfangs
heraus, er wolle lieber abdanken, als die Schmach des Con-
ciliums dulden, daß es mit so gut vorbereiteten Decreten zu-
rückhalten müsse; aber zuletzt gab er nach.


1 Vargas a l'eveque d'Arras, 7 Oct. 1551. Bei Levassor
p. 117.
Neuntes Buch. Drittes Capitel.

Anfangs wollten ſie nicht glauben, daß die Proteſtan-
ten überhaupt ſich einfinden würden: je mehr ſich dazu ge-
wiſſe Ausſicht zeigte, deſto ſtärker ſprachen ſie ihren Abſcheu
dagegen aus: „ſie thun alles,“ ſagt Vargas, „um den Pro-
teſtanten die Thüre des Conciliums zu ſchließen.“ 1

Eine erſte voraufgehende Frage betraf die Form des
ihnen zuzugeſtehenden ſicheren Geleites.

Allem Widerſtreben des Legaten zum Trotz ſetzten die
kaiſerlichen Miniſter durch, daß dabei die Formel welche das
Concil zu Baſel, deſſen Andenken der römiſchen Curie ver-
haßt war, den Huſſiten bewilligt hatte, zu Grunde gelegt,
dagegen ein Canon des Coſtnitzer Concils, durch welchen die
den Nicht-Rechtgläubigen zu haltende Treue in Zweifel ge-
zogen ward, ausdrücklich zurückgenommen wurde.

Schon hatte der kaiſerliche Hof dafür geſorgt, daß kein
entſcheidender Schritt vor ihrer Ankunft geſchah. Eine der
erſten Arbeiten der neuen Verſammlung war die Erörterung
der Streitfragen über die Euchariſtie. Wäre, wie es wirk-
lich beabſichtigt wurde, gegen das Empfangen derſelben un-
ter beiderlei Geſtalt entſchieden worden, ſo würde dieß einer
Abkunft mit den Proteſtanten mächtig in den Weg getreten
ſeyn. Wenige Tage vor der anberaumten Seſſion lief ein
Schreiben des Kaiſers ein, worin er auf Suspenſion der
Beſchlußnahme drang. Der Legat Creſcentio fuhr anfangs
heraus, er wolle lieber abdanken, als die Schmach des Con-
ciliums dulden, daß es mit ſo gut vorbereiteten Decreten zu-
rückhalten müſſe; aber zuletzt gab er nach.


1 Vargas à l’eveque d’Arras, 7 Oct. 1551. Bei Levaſſor
p. 117.
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[134/0146] Neuntes Buch. Drittes Capitel. Anfangs wollten ſie nicht glauben, daß die Proteſtan- ten überhaupt ſich einfinden würden: je mehr ſich dazu ge- wiſſe Ausſicht zeigte, deſto ſtärker ſprachen ſie ihren Abſcheu dagegen aus: „ſie thun alles,“ ſagt Vargas, „um den Pro- teſtanten die Thüre des Conciliums zu ſchließen.“ 1 Eine erſte voraufgehende Frage betraf die Form des ihnen zuzugeſtehenden ſicheren Geleites. Allem Widerſtreben des Legaten zum Trotz ſetzten die kaiſerlichen Miniſter durch, daß dabei die Formel welche das Concil zu Baſel, deſſen Andenken der römiſchen Curie ver- haßt war, den Huſſiten bewilligt hatte, zu Grunde gelegt, dagegen ein Canon des Coſtnitzer Concils, durch welchen die den Nicht-Rechtgläubigen zu haltende Treue in Zweifel ge- zogen ward, ausdrücklich zurückgenommen wurde. Schon hatte der kaiſerliche Hof dafür geſorgt, daß kein entſcheidender Schritt vor ihrer Ankunft geſchah. Eine der erſten Arbeiten der neuen Verſammlung war die Erörterung der Streitfragen über die Euchariſtie. Wäre, wie es wirk- lich beabſichtigt wurde, gegen das Empfangen derſelben un- ter beiderlei Geſtalt entſchieden worden, ſo würde dieß einer Abkunft mit den Proteſtanten mächtig in den Weg getreten ſeyn. Wenige Tage vor der anberaumten Seſſion lief ein Schreiben des Kaiſers ein, worin er auf Suspenſion der Beſchlußnahme drang. Der Legat Creſcentio fuhr anfangs heraus, er wolle lieber abdanken, als die Schmach des Con- ciliums dulden, daß es mit ſo gut vorbereiteten Decreten zu- rückhalten müſſe; aber zuletzt gab er nach. 1 Vargas à l’eveque d’Arras, 7 Oct. 1551. Bei Levaſſor p. 117.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/146>, abgerufen am 22.11.2024.