Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.Successionsentwurf. eine Abschrift, in dem Brüsseler Archiv: allenfalls könnteJemand vermuthen, daß derselbe nur vorgelegt und viel- leicht nicht vollzogen worden sey. Er bliebe auch dann sehr merkwürdig, weil er die Gedanken des Kaisers, seines Hofes und seiner Räthe besser als irgend ein anderes Do- cument darlegt das bisher bekannt geworden ist. Aber in der That finde ich doch nichts was einen ernstlichen Zwei- fel an der Annahme dieser Verabredungen begründen könnte. Wenigstens ist die im Vertrag erwähnte Instruction von dem römischen König zugleich mit dem Kaiser den Churfür- sten vorgelegt worden. Ferdinand bekennt darin, daß er nach dem Abgang seines Bruders die Hülfe seines Neffen, des Prinzen von Spanien, nicht werde entbehren können: um diesen aber zu vermögen solche zu leisten, sey wohl das einzige geeignete Mittel, daß man ihm jetzt gleich versichere, ihn zu seiner Zeit zum römischen König und künftigen Kai- ser zu wählen. Über die Ansprüche seines Sohnes drückt er sich ganz aus, wie in dem Vertrag festgesetzt worden war. 1 Die Churfürsten erstaunten daß er es that: sie waren über- zeugt, er werde es nicht ernstlich gemeint, nicht gern gethan haben: aber genug, er hat es gethan. Nun sind dieß aber nicht einfache Successionspläne, 1 Instruction, schon durch Schmidt und Bucholtz ziemlich be-
kannt. Die Urschrift im 12ten Band der Brüsseler Documente bie- tet doch noch einiges Eigene. Succeſſionsentwurf. eine Abſchrift, in dem Brüſſeler Archiv: allenfalls könnteJemand vermuthen, daß derſelbe nur vorgelegt und viel- leicht nicht vollzogen worden ſey. Er bliebe auch dann ſehr merkwürdig, weil er die Gedanken des Kaiſers, ſeines Hofes und ſeiner Räthe beſſer als irgend ein anderes Do- cument darlegt das bisher bekannt geworden iſt. Aber in der That finde ich doch nichts was einen ernſtlichen Zwei- fel an der Annahme dieſer Verabredungen begründen könnte. Wenigſtens iſt die im Vertrag erwähnte Inſtruction von dem römiſchen König zugleich mit dem Kaiſer den Churfür- ſten vorgelegt worden. Ferdinand bekennt darin, daß er nach dem Abgang ſeines Bruders die Hülfe ſeines Neffen, des Prinzen von Spanien, nicht werde entbehren können: um dieſen aber zu vermögen ſolche zu leiſten, ſey wohl das einzige geeignete Mittel, daß man ihm jetzt gleich verſichere, ihn zu ſeiner Zeit zum römiſchen König und künftigen Kai- ſer zu wählen. Über die Anſprüche ſeines Sohnes drückt er ſich ganz aus, wie in dem Vertrag feſtgeſetzt worden war. 1 Die Churfürſten erſtaunten daß er es that: ſie waren über- zeugt, er werde es nicht ernſtlich gemeint, nicht gern gethan haben: aber genug, er hat es gethan. Nun ſind dieß aber nicht einfache Succeſſionspläne, 1 Inſtruction, ſchon durch Schmidt und Bucholtz ziemlich be-
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Succeſſionsentwurf.
eine Abſchrift, in dem Brüſſeler Archiv: allenfalls könnte
Jemand vermuthen, daß derſelbe nur vorgelegt und viel-
leicht nicht vollzogen worden ſey. Er bliebe auch dann
ſehr merkwürdig, weil er die Gedanken des Kaiſers, ſeines
Hofes und ſeiner Räthe beſſer als irgend ein anderes Do-
cument darlegt das bisher bekannt geworden iſt. Aber
in der That finde ich doch nichts was einen ernſtlichen Zwei-
fel an der Annahme dieſer Verabredungen begründen könnte.
Wenigſtens iſt die im Vertrag erwähnte Inſtruction von
dem römiſchen König zugleich mit dem Kaiſer den Churfür-
ſten vorgelegt worden. Ferdinand bekennt darin, daß er
nach dem Abgang ſeines Bruders die Hülfe ſeines Neffen,
des Prinzen von Spanien, nicht werde entbehren können:
um dieſen aber zu vermögen ſolche zu leiſten, ſey wohl das
einzige geeignete Mittel, daß man ihm jetzt gleich verſichere,
ihn zu ſeiner Zeit zum römiſchen König und künftigen Kai-
ſer zu wählen. Über die Anſprüche ſeines Sohnes drückt
er ſich ganz aus, wie in dem Vertrag feſtgeſetzt worden war. 1
Die Churfürſten erſtaunten daß er es that: ſie waren über-
zeugt, er werde es nicht ernſtlich gemeint, nicht gern gethan
haben: aber genug, er hat es gethan.
Nun ſind dieß aber nicht einfache Succeſſionspläne,
ſondern ſie hängen mit allen politiſchen und kirchlichen Ab-
ſichten des Kaiſers aufs genaueſte zuſammen. Dem Kaiſer
entgieng nicht, wie hinderlich es ihm ſey, daß man ſeinen
baldigen Tod erwartete und mit demſelben eine Auflöſung
1 Inſtruction, ſchon durch Schmidt und Bucholtz ziemlich be-
kannt. Die Urſchrift im 12ten Band der Bruͤſſeler Documente bie-
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Zitationshilfe: | Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/139>, abgerufen am 16.02.2025. |