sprochen in der bestimmten Absicht es nicht zu halten: aber zuweilen sieht es doch beinahe so aus.
Nicht unglaubwürdig wird erzählt, er habe in demsel- ben Augenblick als er im J. 1544 den Protestanten jene speierischen Concessionen gewährte, den Katholiken entgegen- gesetzte Versicherungen thun lassen: ihre Nachgiebigkeit wäre ohne dieß wirklich schwer zu erklären. Kaum hatte er den Frieden mit Christian III geschlossen, der demselben Däne- mark und Norwegen sicherte, so gab er doch dem Pfalzgra- fen, der sich darüber beklagte, die Erklärung, er wünsche daß diese Reiche vielmehr ihm, dem Pfalzgrafen, gehören möch- ten, und werde zu seiner Zeit alles dafür thun. 1
Wenn wir dabei nicht annehmen sollen daß er das gegebene Wort zu brechen entschlossen gewesen sey, so giebt es dafür keinen andern Grund, als daß auch die entgegen- gesetzte Versicherung so gewiß nicht war.
Die Versprechungen werden, wie sich Granvella einmal ausdrückt, nach Zeit und Umständen gegeben.
Denn vor allem ist immer ein nächster Zweck zu errei- chen, eine unmittelbar vorhandene Schwierigkeit wegzuräu- men. Die Kräfte die sich entgegensetzen könnten, müssen davon zurückgehalten werden: durch jede Concession die man ihnen machen kann ohne mit sich selbst in offenen Wider- spruch zu gerathen, durch jede Zusage die dem System nicht schnurstracks entgegenläuft.
Das hindert aber nicht, daß man nicht insgeheim sich ein weiteres Ziel, und wäre es selbst der Feindseligkeit gegen den jetzt Begünstigten, vorbehalte.
1Instruction de Granvelle a Champagny. P. d'et. III, 94.
Neuntes Buch. Drittes Capitel.
ſprochen in der beſtimmten Abſicht es nicht zu halten: aber zuweilen ſieht es doch beinahe ſo aus.
Nicht unglaubwürdig wird erzählt, er habe in demſel- ben Augenblick als er im J. 1544 den Proteſtanten jene ſpeieriſchen Conceſſionen gewährte, den Katholiken entgegen- geſetzte Verſicherungen thun laſſen: ihre Nachgiebigkeit wäre ohne dieß wirklich ſchwer zu erklären. Kaum hatte er den Frieden mit Chriſtian III geſchloſſen, der demſelben Däne- mark und Norwegen ſicherte, ſo gab er doch dem Pfalzgra- fen, der ſich darüber beklagte, die Erklärung, er wünſche daß dieſe Reiche vielmehr ihm, dem Pfalzgrafen, gehören möch- ten, und werde zu ſeiner Zeit alles dafür thun. 1
Wenn wir dabei nicht annehmen ſollen daß er das gegebene Wort zu brechen entſchloſſen geweſen ſey, ſo giebt es dafür keinen andern Grund, als daß auch die entgegen- geſetzte Verſicherung ſo gewiß nicht war.
Die Verſprechungen werden, wie ſich Granvella einmal ausdrückt, nach Zeit und Umſtänden gegeben.
Denn vor allem iſt immer ein nächſter Zweck zu errei- chen, eine unmittelbar vorhandene Schwierigkeit wegzuräu- men. Die Kräfte die ſich entgegenſetzen könnten, müſſen davon zurückgehalten werden: durch jede Conceſſion die man ihnen machen kann ohne mit ſich ſelbſt in offenen Wider- ſpruch zu gerathen, durch jede Zuſage die dem Syſtem nicht ſchnurſtracks entgegenläuft.
Das hindert aber nicht, daß man nicht insgeheim ſich ein weiteres Ziel, und wäre es ſelbſt der Feindſeligkeit gegen den jetzt Begünſtigten, vorbehalte.
1Instruction de Granvelle à Champagny. P. d’ét. III, 94.
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[110/0122]
Neuntes Buch. Drittes Capitel.
ſprochen in der beſtimmten Abſicht es nicht zu halten: aber
zuweilen ſieht es doch beinahe ſo aus.
Nicht unglaubwürdig wird erzählt, er habe in demſel-
ben Augenblick als er im J. 1544 den Proteſtanten jene
ſpeieriſchen Conceſſionen gewährte, den Katholiken entgegen-
geſetzte Verſicherungen thun laſſen: ihre Nachgiebigkeit wäre
ohne dieß wirklich ſchwer zu erklären. Kaum hatte er den
Frieden mit Chriſtian III geſchloſſen, der demſelben Däne-
mark und Norwegen ſicherte, ſo gab er doch dem Pfalzgra-
fen, der ſich darüber beklagte, die Erklärung, er wünſche daß
dieſe Reiche vielmehr ihm, dem Pfalzgrafen, gehören möch-
ten, und werde zu ſeiner Zeit alles dafür thun. 1
Wenn wir dabei nicht annehmen ſollen daß er das
gegebene Wort zu brechen entſchloſſen geweſen ſey, ſo giebt
es dafür keinen andern Grund, als daß auch die entgegen-
geſetzte Verſicherung ſo gewiß nicht war.
Die Verſprechungen werden, wie ſich Granvella einmal
ausdrückt, nach Zeit und Umſtänden gegeben.
Denn vor allem iſt immer ein nächſter Zweck zu errei-
chen, eine unmittelbar vorhandene Schwierigkeit wegzuräu-
men. Die Kräfte die ſich entgegenſetzen könnten, müſſen
davon zurückgehalten werden: durch jede Conceſſion die man
ihnen machen kann ohne mit ſich ſelbſt in offenen Wider-
ſpruch zu gerathen, durch jede Zuſage die dem Syſtem nicht
ſchnurſtracks entgegenläuft.
Das hindert aber nicht, daß man nicht insgeheim ſich
ein weiteres Ziel, und wäre es ſelbſt der Feindſeligkeit gegen
den jetzt Begünſtigten, vorbehalte.
1 Instruction de Granvelle à Champagny. P. d’ét. III, 94.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/122>, abgerufen am 22.11.2024.
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