Kaiser keinen Grund dazu gehabt habe dieß zu befehlen -- der Herzog von Ferrara z. B., der ihm so viel verdankte, hatte doch gesagt, er wolle sein Land auf keine Weise gefährden, auch nicht zu Gunsten des Kaisers, -- aber es bezeichnet sein in jedem Augenblick unsicheres Verhältniß, daß es so war.
Obgleich die venezianische Regierung ihm Vertrauen ein- flößte, so versäumte er doch nicht, immer einige der vornehm- sten Edelleute ihrer Terra ferma in seine Dienste zu nehmen. Die alte gibellinische Gesinnung der Colonnas diente ihm den Papst mitten in Rom doch immer in einer gewissen Be- sorgniß zu halten.
Gar mancher von den Räthen deutscher Fürsten bezieht eine Besoldung von ihm, unter Andern Carlowitz: die Für- sten selbst, oder wenigstens die jüngeren Söhne aus den re- gierenden Häusern, sind nicht selten durch Jahrgelder oder Kriegsdienste an ihn gefesselt. Selbst an dem Hofe seines Bruders sucht er nicht allein Freunde zu haben, seine Ge- sandten geben ihm über die Gesinnung und politische Ten- denz der Räthe desselben, über jede Abweichung ihrer Politik von der kaiserlichen eine nicht allzeit günstige Kunde.
Mit ungemeiner Rücksicht wurden auch die entfernten Höfe behandelt. Mit dem jungen Sigismund August von Polen stand man nicht immer gut. Zu den preußischen An- gelegenheiten, wo er die Widerpart des Kaisers hielt, kamen bald die siebenbürgischen hinzu; seine Vermählung mit einer Eingebornen, nach dem frühen Tode einer östreichischen Prin- zessin, die sich dort keinen Augenblick glücklich gefühlt, hatte kein gutes Blut gemacht; allein für alle ungarischen, os- manischen, selbst für die erbländischen Verhältnisse, -- ich
Neuntes Buch. Drittes Capitel.
Kaiſer keinen Grund dazu gehabt habe dieß zu befehlen — der Herzog von Ferrara z. B., der ihm ſo viel verdankte, hatte doch geſagt, er wolle ſein Land auf keine Weiſe gefährden, auch nicht zu Gunſten des Kaiſers, — aber es bezeichnet ſein in jedem Augenblick unſicheres Verhältniß, daß es ſo war.
Obgleich die venezianiſche Regierung ihm Vertrauen ein- flößte, ſo verſäumte er doch nicht, immer einige der vornehm- ſten Edelleute ihrer Terra ferma in ſeine Dienſte zu nehmen. Die alte gibelliniſche Geſinnung der Colonnas diente ihm den Papſt mitten in Rom doch immer in einer gewiſſen Be- ſorgniß zu halten.
Gar mancher von den Räthen deutſcher Fürſten bezieht eine Beſoldung von ihm, unter Andern Carlowitz: die Für- ſten ſelbſt, oder wenigſtens die jüngeren Söhne aus den re- gierenden Häuſern, ſind nicht ſelten durch Jahrgelder oder Kriegsdienſte an ihn gefeſſelt. Selbſt an dem Hofe ſeines Bruders ſucht er nicht allein Freunde zu haben, ſeine Ge- ſandten geben ihm über die Geſinnung und politiſche Ten- denz der Räthe deſſelben, über jede Abweichung ihrer Politik von der kaiſerlichen eine nicht allzeit günſtige Kunde.
Mit ungemeiner Rückſicht wurden auch die entfernten Höfe behandelt. Mit dem jungen Sigismund Auguſt von Polen ſtand man nicht immer gut. Zu den preußiſchen An- gelegenheiten, wo er die Widerpart des Kaiſers hielt, kamen bald die ſiebenbürgiſchen hinzu; ſeine Vermählung mit einer Eingebornen, nach dem frühen Tode einer öſtreichiſchen Prin- zeſſin, die ſich dort keinen Augenblick glücklich gefühlt, hatte kein gutes Blut gemacht; allein für alle ungariſchen, os- maniſchen, ſelbſt für die erbländiſchen Verhältniſſe, — ich
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Neuntes Buch. Drittes Capitel.
Kaiſer keinen Grund dazu gehabt habe dieß zu befehlen —
der Herzog von Ferrara z. B., der ihm ſo viel verdankte, hatte
doch geſagt, er wolle ſein Land auf keine Weiſe gefährden,
auch nicht zu Gunſten des Kaiſers, — aber es bezeichnet ſein
in jedem Augenblick unſicheres Verhältniß, daß es ſo war.
Obgleich die venezianiſche Regierung ihm Vertrauen ein-
flößte, ſo verſäumte er doch nicht, immer einige der vornehm-
ſten Edelleute ihrer Terra ferma in ſeine Dienſte zu nehmen.
Die alte gibelliniſche Geſinnung der Colonnas diente ihm
den Papſt mitten in Rom doch immer in einer gewiſſen Be-
ſorgniß zu halten.
Gar mancher von den Räthen deutſcher Fürſten bezieht
eine Beſoldung von ihm, unter Andern Carlowitz: die Für-
ſten ſelbſt, oder wenigſtens die jüngeren Söhne aus den re-
gierenden Häuſern, ſind nicht ſelten durch Jahrgelder oder
Kriegsdienſte an ihn gefeſſelt. Selbſt an dem Hofe ſeines
Bruders ſucht er nicht allein Freunde zu haben, ſeine Ge-
ſandten geben ihm über die Geſinnung und politiſche Ten-
denz der Räthe deſſelben, über jede Abweichung ihrer Politik
von der kaiſerlichen eine nicht allzeit günſtige Kunde.
Mit ungemeiner Rückſicht wurden auch die entfernten
Höfe behandelt. Mit dem jungen Sigismund Auguſt von
Polen ſtand man nicht immer gut. Zu den preußiſchen An-
gelegenheiten, wo er die Widerpart des Kaiſers hielt, kamen
bald die ſiebenbürgiſchen hinzu; ſeine Vermählung mit einer
Eingebornen, nach dem frühen Tode einer öſtreichiſchen Prin-
zeſſin, die ſich dort keinen Augenblick glücklich gefühlt, hatte
kein gutes Blut gemacht; allein für alle ungariſchen, os-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/114>, abgerufen am 22.11.2024.
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