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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843.

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Neuntes Buch. Drittes Capitel.
und die Rückwirkung der Colonien in Asien und Amerika empor
und vermittelte seine Geldhaushaltung. Eine gewisse Einheit
ist dieser Macht nicht abzusprechen, aber man würde in Ver-
legenheit seyn, wenn man sie mit einem bestimmten an eine
Nation anknüpfenden Ausdruck bezeichnen sollte. Noch dürfte
man nicht von einer spanischen Monarchie im spätern Sinne
des Worts reden: dazu war das spanische Element, da die
Niederlande noch ungetrennt gehorchten, da die höchste Würde,
das Kaiserthum, von so ganz anderm Ursprung herrührte,
noch nicht vorwaltend genug; eher machten die Brabanter
den Anspruch alles zu regieren, 1 doch waren auch sie durch
die Masse der übrigen Bestandtheile weit überwogen: die
Einheit der Macht beruhte blos in der Person, dem Hause
des Fürsten selbst, wie denn durch ihn allein geschah daß
die Länder zusammengehörten.

Wir werden uns, denke ich, nicht täuschen, wenn wir aus
dieser Lage der Umstände das Verfahren herleiten, das er in
der innern Regierung seiner Länder befolgte. Es war keins,
aus dessen Mitte ihm nicht ein besondrer Wille entgegengetre-
ten wäre, wo er nicht mit Landständen zu verhandeln gehabt
hätte, von deren Bewilligung die Summe seiner Einkünfte
abhieng: er mußte ihre besondern localen Interessen schonen
und fördern; aber niemals durfte er irgend einem von ihnen
überwiegenden Einfluß auf das Ganze seiner Verwaltung ge-
statten: er würde damit alle andern verletzt haben und über-
haupt aus dem Mittelpunct seiner Gedanken gewichen seyn.

1 Die "weltregierenden Brabanter mit ihren spitzen Finan-
zen" sind ihren Nachbarn ein Gegenstand des Hasses. Carl Harst
an den Herzog von Cleve 21 Aug. 1540. "Unter dem Scheyn das
sy den Keiser haben, verhoffen sie alles unter ir Joch zu bringen."

Neuntes Buch. Drittes Capitel.
und die Rückwirkung der Colonien in Aſien und Amerika empor
und vermittelte ſeine Geldhaushaltung. Eine gewiſſe Einheit
iſt dieſer Macht nicht abzuſprechen, aber man würde in Ver-
legenheit ſeyn, wenn man ſie mit einem beſtimmten an eine
Nation anknüpfenden Ausdruck bezeichnen ſollte. Noch dürfte
man nicht von einer ſpaniſchen Monarchie im ſpätern Sinne
des Worts reden: dazu war das ſpaniſche Element, da die
Niederlande noch ungetrennt gehorchten, da die höchſte Würde,
das Kaiſerthum, von ſo ganz anderm Urſprung herrührte,
noch nicht vorwaltend genug; eher machten die Brabanter
den Anſpruch alles zu regieren, 1 doch waren auch ſie durch
die Maſſe der übrigen Beſtandtheile weit überwogen: die
Einheit der Macht beruhte blos in der Perſon, dem Hauſe
des Fürſten ſelbſt, wie denn durch ihn allein geſchah daß
die Länder zuſammengehörten.

Wir werden uns, denke ich, nicht täuſchen, wenn wir aus
dieſer Lage der Umſtände das Verfahren herleiten, das er in
der innern Regierung ſeiner Länder befolgte. Es war keins,
aus deſſen Mitte ihm nicht ein beſondrer Wille entgegengetre-
ten wäre, wo er nicht mit Landſtänden zu verhandeln gehabt
hätte, von deren Bewilligung die Summe ſeiner Einkünfte
abhieng: er mußte ihre beſondern localen Intereſſen ſchonen
und fördern; aber niemals durfte er irgend einem von ihnen
überwiegenden Einfluß auf das Ganze ſeiner Verwaltung ge-
ſtatten: er würde damit alle andern verletzt haben und über-
haupt aus dem Mittelpunct ſeiner Gedanken gewichen ſeyn.

1 Die „weltregierenden Brabanter mit ihren ſpitzen Finan-
zen“ ſind ihren Nachbarn ein Gegenſtand des Haſſes. Carl Harſt
an den Herzog von Cleve 21 Aug. 1540. „Unter dem Scheyn das
ſy den Keiſer haben, verhoffen ſie alles unter ir Joch zu bringen.“
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[92/0104] Neuntes Buch. Drittes Capitel. und die Rückwirkung der Colonien in Aſien und Amerika empor und vermittelte ſeine Geldhaushaltung. Eine gewiſſe Einheit iſt dieſer Macht nicht abzuſprechen, aber man würde in Ver- legenheit ſeyn, wenn man ſie mit einem beſtimmten an eine Nation anknüpfenden Ausdruck bezeichnen ſollte. Noch dürfte man nicht von einer ſpaniſchen Monarchie im ſpätern Sinne des Worts reden: dazu war das ſpaniſche Element, da die Niederlande noch ungetrennt gehorchten, da die höchſte Würde, das Kaiſerthum, von ſo ganz anderm Urſprung herrührte, noch nicht vorwaltend genug; eher machten die Brabanter den Anſpruch alles zu regieren, 1 doch waren auch ſie durch die Maſſe der übrigen Beſtandtheile weit überwogen: die Einheit der Macht beruhte blos in der Perſon, dem Hauſe des Fürſten ſelbſt, wie denn durch ihn allein geſchah daß die Länder zuſammengehörten. Wir werden uns, denke ich, nicht täuſchen, wenn wir aus dieſer Lage der Umſtände das Verfahren herleiten, das er in der innern Regierung ſeiner Länder befolgte. Es war keins, aus deſſen Mitte ihm nicht ein beſondrer Wille entgegengetre- ten wäre, wo er nicht mit Landſtänden zu verhandeln gehabt hätte, von deren Bewilligung die Summe ſeiner Einkünfte abhieng: er mußte ihre beſondern localen Intereſſen ſchonen und fördern; aber niemals durfte er irgend einem von ihnen überwiegenden Einfluß auf das Ganze ſeiner Verwaltung ge- ſtatten: er würde damit alle andern verletzt haben und über- haupt aus dem Mittelpunct ſeiner Gedanken gewichen ſeyn. 1 Die „weltregierenden Brabanter mit ihren ſpitzen Finan- zen“ ſind ihren Nachbarn ein Gegenſtand des Haſſes. Carl Harſt an den Herzog von Cleve 21 Aug. 1540. „Unter dem Scheyn das ſy den Keiſer haben, verhoffen ſie alles unter ir Joch zu bringen.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 5. Berlin, 1843, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation05_1843/104>, abgerufen am 24.11.2024.