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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Neuerungen Heinrichs VIII.

Mochte auch Franz I die religiösen Meinungen der Pro-
testanten in seinem Reiche verfolgen, -- politisch und mili-
tärisch wich auch er von der alten Einheit der Christenheit ab,
mit dem vornehmsten Feinde derselben trat er in offenen Bund.

In noch weit engerer Verwandtschaft mit dem Protestan-
tismus standen aber die Unternehmungen des Königs von
England, obgleich er den wesentlichsten Theil der dogmatischen
Grundsätze desselben von seinem Reiche noch ausschloß. Mit der
höchsten geistlichen Gewalt, deren Abhängigkeit von politischen
Beziehungen Niemand besser kannte als er, trat er eben darum
in offenen Kampf: es gelang ihm alle Sympathien, welche
dieselbe in seinem Reiche finden mochte, zu erdrücken und
eine antirömische Consolidation zu gründen, deren Energie und
Stärke den Nachbarn und Feinden Rücksicht gebot.

Nur zwei Fürsten gab es, welche die natürliche Tendenz
hatten die alten Ideen aufrecht zu erhalten, den Papst und den
Kaiser. Die spanischen Reiche deren Besitz dem Kaiser seine
große Weltstellung verlieh, wurden nicht allein durch die strengste
Aufsicht, eine Repression jeder Abweichung die ihres Gleichen
nicht hatte, dabei festgehalten: sondern die scholastischen Doctri-
nen die dort eben erst wahrhaft durchdrangen, die fortgehenden
Maurenkriege, die Colonisation einer entfernten Welt auf den
Grund der vor Zeiten angenommenen weltlichen Berechtigun-
gen des heiligen Petrus, erfüllten die spanische Nation mit
einem den hierarchischen Jahrhunderten entsprechenden Geiste
der Rechtgläubigkeit und Verfolgung. Überdieß stellte das
Kaiserthum in sich selbst die Eine Seite jener Einheit dar,
welche die frühern Jahrhunderte anerkannt. Hätte man nicht
glauben sollen, die beiden Repräsentanten der Einheit, der

Neuerungen Heinrichs VIII.

Mochte auch Franz I die religiöſen Meinungen der Pro-
teſtanten in ſeinem Reiche verfolgen, — politiſch und mili-
täriſch wich auch er von der alten Einheit der Chriſtenheit ab,
mit dem vornehmſten Feinde derſelben trat er in offenen Bund.

In noch weit engerer Verwandtſchaft mit dem Proteſtan-
tismus ſtanden aber die Unternehmungen des Königs von
England, obgleich er den weſentlichſten Theil der dogmatiſchen
Grundſätze deſſelben von ſeinem Reiche noch ausſchloß. Mit der
höchſten geiſtlichen Gewalt, deren Abhängigkeit von politiſchen
Beziehungen Niemand beſſer kannte als er, trat er eben darum
in offenen Kampf: es gelang ihm alle Sympathien, welche
dieſelbe in ſeinem Reiche finden mochte, zu erdrücken und
eine antirömiſche Conſolidation zu gründen, deren Energie und
Stärke den Nachbarn und Feinden Rückſicht gebot.

Nur zwei Fürſten gab es, welche die natürliche Tendenz
hatten die alten Ideen aufrecht zu erhalten, den Papſt und den
Kaiſer. Die ſpaniſchen Reiche deren Beſitz dem Kaiſer ſeine
große Weltſtellung verlieh, wurden nicht allein durch die ſtrengſte
Aufſicht, eine Repreſſion jeder Abweichung die ihres Gleichen
nicht hatte, dabei feſtgehalten: ſondern die ſcholaſtiſchen Doctri-
nen die dort eben erſt wahrhaft durchdrangen, die fortgehenden
Maurenkriege, die Coloniſation einer entfernten Welt auf den
Grund der vor Zeiten angenommenen weltlichen Berechtigun-
gen des heiligen Petrus, erfüllten die ſpaniſche Nation mit
einem den hierarchiſchen Jahrhunderten entſprechenden Geiſte
der Rechtgläubigkeit und Verfolgung. Überdieß ſtellte das
Kaiſerthum in ſich ſelbſt die Eine Seite jener Einheit dar,
welche die frühern Jahrhunderte anerkannt. Hätte man nicht
glauben ſollen, die beiden Repräſentanten der Einheit, der

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[63/0075] Neuerungen Heinrichs VIII. Mochte auch Franz I die religiöſen Meinungen der Pro- teſtanten in ſeinem Reiche verfolgen, — politiſch und mili- täriſch wich auch er von der alten Einheit der Chriſtenheit ab, mit dem vornehmſten Feinde derſelben trat er in offenen Bund. In noch weit engerer Verwandtſchaft mit dem Proteſtan- tismus ſtanden aber die Unternehmungen des Königs von England, obgleich er den weſentlichſten Theil der dogmatiſchen Grundſätze deſſelben von ſeinem Reiche noch ausſchloß. Mit der höchſten geiſtlichen Gewalt, deren Abhängigkeit von politiſchen Beziehungen Niemand beſſer kannte als er, trat er eben darum in offenen Kampf: es gelang ihm alle Sympathien, welche dieſelbe in ſeinem Reiche finden mochte, zu erdrücken und eine antirömiſche Conſolidation zu gründen, deren Energie und Stärke den Nachbarn und Feinden Rückſicht gebot. Nur zwei Fürſten gab es, welche die natürliche Tendenz hatten die alten Ideen aufrecht zu erhalten, den Papſt und den Kaiſer. Die ſpaniſchen Reiche deren Beſitz dem Kaiſer ſeine große Weltſtellung verlieh, wurden nicht allein durch die ſtrengſte Aufſicht, eine Repreſſion jeder Abweichung die ihres Gleichen nicht hatte, dabei feſtgehalten: ſondern die ſcholaſtiſchen Doctri- nen die dort eben erſt wahrhaft durchdrangen, die fortgehenden Maurenkriege, die Coloniſation einer entfernten Welt auf den Grund der vor Zeiten angenommenen weltlichen Berechtigun- gen des heiligen Petrus, erfüllten die ſpaniſche Nation mit einem den hierarchiſchen Jahrhunderten entſprechenden Geiſte der Rechtgläubigkeit und Verfolgung. Überdieß ſtellte das Kaiſerthum in ſich ſelbſt die Eine Seite jener Einheit dar, welche die frühern Jahrhunderte anerkannt. Hätte man nicht glauben ſollen, die beiden Repräſentanten der Einheit, der

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/75>, abgerufen am 22.11.2024.