Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Siebentes Buch. Erstes Capitel. fürs Erste von der Verschuldung der kleinern frei sprach,in dem Parlamente vertreten waren; aber auch diese konn- ten sich nicht lange halten. Die Lehre von der Recht- fertigung allein durch Christum, welche in diesem Augen- blick in der ganzen Welt um sich griff und auch hier bereits Wurzel geschlagen, vertilgte nothwendig das Vertrauen auf gute Werke, Gelübde und Klosterheiligkeit. Sollten wir es nicht für Wahrheit halten dürfen, wenn hie und da Prior, Subprior und Conventualen einmüthig diesen Grund ange- ben, weshalb sie ihr Kloster mit alle seinen Besitzthümern und Gütern dem König überliefern. 1 Aber gewiß wandte die Regierung auch ihrerseits jedes Mittel an, um es dahin zu bringen. Für manchen Abt oder Mönch mochte es wohl entscheidend seyn, daß sie sich nur auf diesem Wege eine leid- liche Versorgung verschaffen konnten. Nach und nach lösten sich die meisten auch von den größern Klöstern freiwillig auf Wer sich ja nicht von selbst fügte, ward späterhin durch eine Parlamentsacte dazu genöthigt. Für die Kirchenverfassung im Allgemeinen, die hier wie Auf jeden Fall wuchs dadurch die Macht der Krone Siebentes Buch. Erſtes Capitel. fürs Erſte von der Verſchuldung der kleinern frei ſprach,in dem Parlamente vertreten waren; aber auch dieſe konn- ten ſich nicht lange halten. Die Lehre von der Recht- fertigung allein durch Chriſtum, welche in dieſem Augen- blick in der ganzen Welt um ſich griff und auch hier bereits Wurzel geſchlagen, vertilgte nothwendig das Vertrauen auf gute Werke, Gelübde und Kloſterheiligkeit. Sollten wir es nicht für Wahrheit halten dürfen, wenn hie und da Prior, Subprior und Conventualen einmüthig dieſen Grund ange- ben, weshalb ſie ihr Kloſter mit alle ſeinen Beſitzthümern und Gütern dem König überliefern. 1 Aber gewiß wandte die Regierung auch ihrerſeits jedes Mittel an, um es dahin zu bringen. Für manchen Abt oder Mönch mochte es wohl entſcheidend ſeyn, daß ſie ſich nur auf dieſem Wege eine leid- liche Verſorgung verſchaffen konnten. Nach und nach löſten ſich die meiſten auch von den größern Klöſtern freiwillig auf Wer ſich ja nicht von ſelbſt fügte, ward ſpäterhin durch eine Parlamentsacte dazu genöthigt. Für die Kirchenverfaſſung im Allgemeinen, die hier wie Auf jeden Fall wuchs dadurch die Macht der Krone <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0072" n="60"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Erſtes Capitel</hi>.</fw><lb/> fürs Erſte von der Verſchuldung der kleinern frei ſprach,<lb/> in dem Parlamente vertreten waren; aber auch dieſe konn-<lb/> ten ſich nicht lange halten. Die Lehre von der Recht-<lb/> fertigung allein durch Chriſtum, welche in dieſem Augen-<lb/> blick in der ganzen Welt um ſich griff und auch hier bereits<lb/> Wurzel geſchlagen, vertilgte nothwendig das Vertrauen auf<lb/> gute Werke, Gelübde und Kloſterheiligkeit. Sollten wir es<lb/> nicht für Wahrheit halten dürfen, wenn hie und da Prior,<lb/> Subprior und Conventualen einmüthig dieſen Grund ange-<lb/> ben, weshalb ſie ihr Kloſter mit alle ſeinen Beſitzthümern<lb/> und Gütern dem König überliefern. <note place="foot" n="1">Z. B. Andrews <placeName>Northampton</placeName>; oder St. Francis in <placeName>Stan-<lb/> ford</placeName>, bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/12246835X">Collier</persName> 159.</note> Aber gewiß wandte<lb/> die Regierung auch ihrerſeits jedes Mittel an, um es dahin<lb/> zu bringen. Für manchen Abt oder Mönch mochte es wohl<lb/> entſcheidend ſeyn, daß ſie ſich nur auf dieſem Wege eine leid-<lb/> liche Verſorgung verſchaffen konnten. Nach und nach löſten<lb/> ſich die meiſten auch von den größern Klöſtern freiwillig auf<lb/> Wer ſich ja nicht von ſelbſt fügte, ward ſpäterhin durch eine<lb/> Parlamentsacte dazu genöthigt.</p><lb/> <p>Für die Kirchenverfaſſung im Allgemeinen, die hier wie<lb/> überall auf das Bisthum gegründet iſt, trug dieß nicht ſo<lb/> viel aus als es ſcheinen könnte. Eben darum haben wohl<lb/> die Biſchöfe die Klöſter mit minderem Eifer vertheidigt, weil<lb/> dieſe von ihrer Autorität längſt befreit waren. Ihr Anſehen<lb/> gewann vielleicht ſogar durch die Entfernung nahe ſtehender<lb/> Nebenbuhler.</p><lb/> <p>Auf jeden Fall wuchs dadurch die Macht der Krone<lb/> ungemein.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [60/0072]
Siebentes Buch. Erſtes Capitel.
fürs Erſte von der Verſchuldung der kleinern frei ſprach,
in dem Parlamente vertreten waren; aber auch dieſe konn-
ten ſich nicht lange halten. Die Lehre von der Recht-
fertigung allein durch Chriſtum, welche in dieſem Augen-
blick in der ganzen Welt um ſich griff und auch hier bereits
Wurzel geſchlagen, vertilgte nothwendig das Vertrauen auf
gute Werke, Gelübde und Kloſterheiligkeit. Sollten wir es
nicht für Wahrheit halten dürfen, wenn hie und da Prior,
Subprior und Conventualen einmüthig dieſen Grund ange-
ben, weshalb ſie ihr Kloſter mit alle ſeinen Beſitzthümern
und Gütern dem König überliefern. 1 Aber gewiß wandte
die Regierung auch ihrerſeits jedes Mittel an, um es dahin
zu bringen. Für manchen Abt oder Mönch mochte es wohl
entſcheidend ſeyn, daß ſie ſich nur auf dieſem Wege eine leid-
liche Verſorgung verſchaffen konnten. Nach und nach löſten
ſich die meiſten auch von den größern Klöſtern freiwillig auf
Wer ſich ja nicht von ſelbſt fügte, ward ſpäterhin durch eine
Parlamentsacte dazu genöthigt.
Für die Kirchenverfaſſung im Allgemeinen, die hier wie
überall auf das Bisthum gegründet iſt, trug dieß nicht ſo
viel aus als es ſcheinen könnte. Eben darum haben wohl
die Biſchöfe die Klöſter mit minderem Eifer vertheidigt, weil
dieſe von ihrer Autorität längſt befreit waren. Ihr Anſehen
gewann vielleicht ſogar durch die Entfernung nahe ſtehender
Nebenbuhler.
Auf jeden Fall wuchs dadurch die Macht der Krone
ungemein.
1 Z. B. Andrews Northampton; oder St. Francis in Stan-
ford, bei Collier 159.
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