schen des Königs, der indeß seine Ehe mit Anna Boleyn vollzogen.
Doch wurden hiebei wohl nicht allein die Interessen des Königs in Betracht gezogen. Der Gewalt oder vielmehr der Bedrohung kam die Neigung, sich zu unterwerfen, entgegen. Auch der Geistlichkeit mußte daran liegen, der Eingriffe von Rom überhoben zu werden. Es war ihr ohne Zweifel nütz- licher, sich der parlamentarischen Verfassung von England an- zuschließen und an der Omnipotenz der Staatsgewalt An- theil zu nehmen, als den Widerspruch aufrecht zu erhalten, in dem sie bisher mit derselben gestanden. War es nicht ein un- ermeßlicher Fortschritt ihrer Autorität, wenn sie eine Sache entschied, über welche zu urtheilen der römische Stuhl sich vorbehalten hatte? Auf das ernstlichste ward überhaupt die richterliche Oberhoheit der Curie verworfen. Noch in dersel- ben Sitzung faßte man den Beschluß, daß fortan jede Appel- lation nach Rom in geistlichen Angelegenheiten aufhören solle. Man gieng dabei von dem Grundsatz aus, daß das Reich wie mit weltlichen, so auch mit geistlichen Personen genügend versehen sey, um jede innerhalb seiner Grenzen entstandene Streitigkeit zu schlichten.
Unmöglich konnte nun aber der römische Stuhl sich dieß gefallen lassen oder dazu schweigen.
Es waren die Zeiten in welchen Clemens VII durch sei- nen Besuch bei König Franz I in Marseille, und durch die Vermählung seiner Nichte an einen französischen Prinzen sich
cation, er habe sie gesehen. Meines Erachtens wäre überhaupt eine kritische Revision der Acten von 1529 bis 34 zu wünschen. Eben über das Factische finden sich noch allerlei Zweifel.
ſchen des Königs, der indeß ſeine Ehe mit Anna Boleyn vollzogen.
Doch wurden hiebei wohl nicht allein die Intereſſen des Königs in Betracht gezogen. Der Gewalt oder vielmehr der Bedrohung kam die Neigung, ſich zu unterwerfen, entgegen. Auch der Geiſtlichkeit mußte daran liegen, der Eingriffe von Rom überhoben zu werden. Es war ihr ohne Zweifel nütz- licher, ſich der parlamentariſchen Verfaſſung von England an- zuſchließen und an der Omnipotenz der Staatsgewalt An- theil zu nehmen, als den Widerſpruch aufrecht zu erhalten, in dem ſie bisher mit derſelben geſtanden. War es nicht ein un- ermeßlicher Fortſchritt ihrer Autorität, wenn ſie eine Sache entſchied, über welche zu urtheilen der römiſche Stuhl ſich vorbehalten hatte? Auf das ernſtlichſte ward überhaupt die richterliche Oberhoheit der Curie verworfen. Noch in derſel- ben Sitzung faßte man den Beſchluß, daß fortan jede Appel- lation nach Rom in geiſtlichen Angelegenheiten aufhören ſolle. Man gieng dabei von dem Grundſatz aus, daß das Reich wie mit weltlichen, ſo auch mit geiſtlichen Perſonen genügend verſehen ſey, um jede innerhalb ſeiner Grenzen entſtandene Streitigkeit zu ſchlichten.
Unmöglich konnte nun aber der römiſche Stuhl ſich dieß gefallen laſſen oder dazu ſchweigen.
Es waren die Zeiten in welchen Clemens VII durch ſei- nen Beſuch bei König Franz I in Marſeille, und durch die Vermählung ſeiner Nichte an einen franzöſiſchen Prinzen ſich
cation, er habe ſie geſehen. Meines Erachtens waͤre uͤberhaupt eine kritiſche Reviſion der Acten von 1529 bis 34 zu wuͤnſchen. Eben uͤber das Factiſche finden ſich noch allerlei Zweifel.
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[49/0061]
Neuerungen Heinrichs VIII.
ſchen des Königs, der indeß ſeine Ehe mit Anna Boleyn
vollzogen.
Doch wurden hiebei wohl nicht allein die Intereſſen des
Königs in Betracht gezogen. Der Gewalt oder vielmehr der
Bedrohung kam die Neigung, ſich zu unterwerfen, entgegen.
Auch der Geiſtlichkeit mußte daran liegen, der Eingriffe von
Rom überhoben zu werden. Es war ihr ohne Zweifel nütz-
licher, ſich der parlamentariſchen Verfaſſung von England an-
zuſchließen und an der Omnipotenz der Staatsgewalt An-
theil zu nehmen, als den Widerſpruch aufrecht zu erhalten, in
dem ſie bisher mit derſelben geſtanden. War es nicht ein un-
ermeßlicher Fortſchritt ihrer Autorität, wenn ſie eine Sache
entſchied, über welche zu urtheilen der römiſche Stuhl ſich
vorbehalten hatte? Auf das ernſtlichſte ward überhaupt die
richterliche Oberhoheit der Curie verworfen. Noch in derſel-
ben Sitzung faßte man den Beſchluß, daß fortan jede Appel-
lation nach Rom in geiſtlichen Angelegenheiten aufhören ſolle.
Man gieng dabei von dem Grundſatz aus, daß das Reich
wie mit weltlichen, ſo auch mit geiſtlichen Perſonen genügend
verſehen ſey, um jede innerhalb ſeiner Grenzen entſtandene
Streitigkeit zu ſchlichten.
Unmöglich konnte nun aber der römiſche Stuhl ſich dieß
gefallen laſſen oder dazu ſchweigen.
Es waren die Zeiten in welchen Clemens VII durch ſei-
nen Beſuch bei König Franz I in Marſeille, und durch die
Vermählung ſeiner Nichte an einen franzöſiſchen Prinzen ſich
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1 cation, er habe ſie geſehen. Meines Erachtens waͤre uͤberhaupt eine
kritiſche Reviſion der Acten von 1529 bis 34 zu wuͤnſchen. Eben uͤber
das Factiſche finden ſich noch allerlei Zweifel.
Ranke D. Geſch. IV. 4
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/61>, abgerufen am 25.11.2024.
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