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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Neuerungen Heinrichs VIII.
empfange: sie seyen nur halb seine Unterthanen. Man kennt
den geistlichen Lehnseid, den der römische Hof den Bischöfen
zu einer Zeit aufgelegt hat, wo man noch nicht wußte ob
das geistliche oder das weltliche Fürstenthum die Oberhand
in Europa behalten würde: es ist nicht unwahr daß der Ge-
horsam gegen die weltliche Gewalt dabei nur bedingt bestehen
kann. Eben in diesem Zusammenhang mit einem schützenden
mächtigen Oberhaupte lag das Geheimniß der so oft in dem
Innern jedes Reiches geltend gemachten Selbständigkeit des
Clerus. Jetzt aber war es so weit gekommen, daß dieser
Schutz nichts mehr helfen konnte. Einer ernstlichen Vereini-
gung des Königs, der weltlichen Lords und des Unterhauses
in wirklich feindseligem Sinne würde die Geistlichkeit unfehl-
bar unterlegen seyn. Sie zog es vor, sich zu unterwerfen.
Die erste Forderung wurde von der niedern Geistlichkeit, welche
das Unterhaus der Convocation ausmacht und hier wie an
andern Orten der weltlichen Macht einen Schritt näher stand,
vollständig, von der höhern nach einigem Sträuben wenigstens
in Bezug auf die in Zukunft zu erlassenden Gesetze bewilligt. 1
Auch in Hinsicht des Eides gaben sie nach. In den Acten der
Sitzung findet sich ein neuer Eid, kraft dessen die Bischöfe
alle Zusagen widerrufen durch welche sie sich dem Papste
zum Nachtheil des Königs verpflichtet haben möchten. 2 Als
Cranmer den erzbischöflichen Stuhl von Canterbury bestieg
und dem Papste den herkömmlichen Eid leistete, protestirte

1 Instrumentum super submissione cleri coram domino
rege 16 Maji 1532, Conc. M. Brit. III, 754,
bezieht sich nur auf die
höhere Geistlichkeit. Dieses allein ward dem König übergeben.
2 The oath of the clergy to the king. ib. p. 755. "Your
council I shall keep and hold, knowledging my self to hold my
bishoprick of you only."

Neuerungen Heinrichs VIII.
empfange: ſie ſeyen nur halb ſeine Unterthanen. Man kennt
den geiſtlichen Lehnseid, den der römiſche Hof den Biſchöfen
zu einer Zeit aufgelegt hat, wo man noch nicht wußte ob
das geiſtliche oder das weltliche Fürſtenthum die Oberhand
in Europa behalten würde: es iſt nicht unwahr daß der Ge-
horſam gegen die weltliche Gewalt dabei nur bedingt beſtehen
kann. Eben in dieſem Zuſammenhang mit einem ſchützenden
mächtigen Oberhaupte lag das Geheimniß der ſo oft in dem
Innern jedes Reiches geltend gemachten Selbſtändigkeit des
Clerus. Jetzt aber war es ſo weit gekommen, daß dieſer
Schutz nichts mehr helfen konnte. Einer ernſtlichen Vereini-
gung des Königs, der weltlichen Lords und des Unterhauſes
in wirklich feindſeligem Sinne würde die Geiſtlichkeit unfehl-
bar unterlegen ſeyn. Sie zog es vor, ſich zu unterwerfen.
Die erſte Forderung wurde von der niedern Geiſtlichkeit, welche
das Unterhaus der Convocation ausmacht und hier wie an
andern Orten der weltlichen Macht einen Schritt näher ſtand,
vollſtändig, von der höhern nach einigem Sträuben wenigſtens
in Bezug auf die in Zukunft zu erlaſſenden Geſetze bewilligt. 1
Auch in Hinſicht des Eides gaben ſie nach. In den Acten der
Sitzung findet ſich ein neuer Eid, kraft deſſen die Biſchöfe
alle Zuſagen widerrufen durch welche ſie ſich dem Papſte
zum Nachtheil des Königs verpflichtet haben möchten. 2 Als
Cranmer den erzbiſchöflichen Stuhl von Canterbury beſtieg
und dem Papſte den herkömmlichen Eid leiſtete, proteſtirte

1 Instrumentum super submissione cleri coram domino
rege 16 Maji 1532, Conc. M. Brit. III, 754,
bezieht ſich nur auf die
hoͤhere Geiſtlichkeit. Dieſes allein ward dem Koͤnig uͤbergeben.
2 The oath of the clergy to the king. ib. p. 755. „Your
council I shall keep and hold, knowledging my self to hold my
bishoprick of you only.“
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[47/0059] Neuerungen Heinrichs VIII. empfange: ſie ſeyen nur halb ſeine Unterthanen. Man kennt den geiſtlichen Lehnseid, den der römiſche Hof den Biſchöfen zu einer Zeit aufgelegt hat, wo man noch nicht wußte ob das geiſtliche oder das weltliche Fürſtenthum die Oberhand in Europa behalten würde: es iſt nicht unwahr daß der Ge- horſam gegen die weltliche Gewalt dabei nur bedingt beſtehen kann. Eben in dieſem Zuſammenhang mit einem ſchützenden mächtigen Oberhaupte lag das Geheimniß der ſo oft in dem Innern jedes Reiches geltend gemachten Selbſtändigkeit des Clerus. Jetzt aber war es ſo weit gekommen, daß dieſer Schutz nichts mehr helfen konnte. Einer ernſtlichen Vereini- gung des Königs, der weltlichen Lords und des Unterhauſes in wirklich feindſeligem Sinne würde die Geiſtlichkeit unfehl- bar unterlegen ſeyn. Sie zog es vor, ſich zu unterwerfen. Die erſte Forderung wurde von der niedern Geiſtlichkeit, welche das Unterhaus der Convocation ausmacht und hier wie an andern Orten der weltlichen Macht einen Schritt näher ſtand, vollſtändig, von der höhern nach einigem Sträuben wenigſtens in Bezug auf die in Zukunft zu erlaſſenden Geſetze bewilligt. 1 Auch in Hinſicht des Eides gaben ſie nach. In den Acten der Sitzung findet ſich ein neuer Eid, kraft deſſen die Biſchöfe alle Zuſagen widerrufen durch welche ſie ſich dem Papſte zum Nachtheil des Königs verpflichtet haben möchten. 2 Als Cranmer den erzbiſchöflichen Stuhl von Canterbury beſtieg und dem Papſte den herkömmlichen Eid leiſtete, proteſtirte 1 Instrumentum super submissione cleri coram domino rege 16 Maji 1532, Conc. M. Brit. III, 754, bezieht ſich nur auf die hoͤhere Geiſtlichkeit. Dieſes allein ward dem Koͤnig uͤbergeben. 2 The oath of the clergy to the king. ib. p. 755. „Your council I shall keep and hold, knowledging my self to hold my bishoprick of you only.“

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/59>, abgerufen am 25.11.2024.