Allein schon war der König Herr im Felde. Eine Schaar von Kreistruppen die doch wirklich heranzog, ward von den Husaren zersprengt und vernichtet. Nicht die Stadt erhielt Hülfe, wohl aber der König: am 7ten Juli zog der Mar- quis von Marignano mit 8 Fähnlein Landsknechte auf der Kleinseite ein.
Hierauf drang auch in Prag die Stimme der Unter- werfung durch. An demselben siebenten beschloß die Stadt sich auf Gnade und Ungnade zu ergeben, wie es so viele deutsche Städte, so viele mächtige Fürsten und noch zuletzt der Landgraf von Hessen gethan habe.
Jetzt erlebte nun auch Ferdinand einen jener Acte der De- müthigung, wie sie seinem Bruder so häufig zu Theil geworden.
Am 8ten Juli hielt König Ferdinand auf dem großen Saale des Hradschin feierliche Sitzung: zur Rechten saß ihm sein Sohn Ferdinand, zur Linken Herzog August von Sach- sen; eine große Anzahl geistliche und weltliche Herrn wa- ren zugegen.
Vor dieser Versammlung erschienen die Primaten, Bür- germeister, Räthe, geschwornen Ältesten der drei Städte, und ein Ausschuß aus ihren Gemeinen, 100 aus der Altstadt, 100 aus der Neustadt und 40 von der Kleinseite.
Der König ließ ihnen in böhmischer Sprache verlesen, was sie während des letzten Krieges gegen ihn verbrochen; zu besonderm Vorwurf machte er ihnen ihr jüngstes Schrei- ben: darüber wolle er sich "mit rechtlichem Erkenntniß gebühr- lich und rechtlich" verhalten, und zunächst hören wie sie sich verantworten würden.
Hierauf fielen sämmtliche Erschienene wie Ein Mann
Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Allein ſchon war der König Herr im Felde. Eine Schaar von Kreistruppen die doch wirklich heranzog, ward von den Huſaren zerſprengt und vernichtet. Nicht die Stadt erhielt Hülfe, wohl aber der König: am 7ten Juli zog der Mar- quis von Marignano mit 8 Fähnlein Landsknechte auf der Kleinſeite ein.
Hierauf drang auch in Prag die Stimme der Unter- werfung durch. An demſelben ſiebenten beſchloß die Stadt ſich auf Gnade und Ungnade zu ergeben, wie es ſo viele deutſche Städte, ſo viele mächtige Fürſten und noch zuletzt der Landgraf von Heſſen gethan habe.
Jetzt erlebte nun auch Ferdinand einen jener Acte der De- müthigung, wie ſie ſeinem Bruder ſo häufig zu Theil geworden.
Am 8ten Juli hielt König Ferdinand auf dem großen Saale des Hradſchin feierliche Sitzung: zur Rechten ſaß ihm ſein Sohn Ferdinand, zur Linken Herzog Auguſt von Sach- ſen; eine große Anzahl geiſtliche und weltliche Herrn wa- ren zugegen.
Vor dieſer Verſammlung erſchienen die Primaten, Bür- germeiſter, Räthe, geſchwornen Älteſten der drei Städte, und ein Ausſchuß aus ihren Gemeinen, 100 aus der Altſtadt, 100 aus der Neuſtadt und 40 von der Kleinſeite.
Der König ließ ihnen in böhmiſcher Sprache verleſen, was ſie während des letzten Krieges gegen ihn verbrochen; zu beſonderm Vorwurf machte er ihnen ihr jüngſtes Schrei- ben: darüber wolle er ſich „mit rechtlichem Erkenntniß gebühr- lich und rechtlich“ verhalten, und zunächſt hören wie ſie ſich verantworten würden.
Hierauf fielen ſämmtliche Erſchienene wie Ein Mann
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Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel.
Allein ſchon war der König Herr im Felde. Eine Schaar
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Huſaren zerſprengt und vernichtet. Nicht die Stadt erhielt
Hülfe, wohl aber der König: am 7ten Juli zog der Mar-
quis von Marignano mit 8 Fähnlein Landsknechte auf der
Kleinſeite ein.
Hierauf drang auch in Prag die Stimme der Unter-
werfung durch. An demſelben ſiebenten beſchloß die Stadt
ſich auf Gnade und Ungnade zu ergeben, wie es ſo viele
deutſche Städte, ſo viele mächtige Fürſten und noch zuletzt
der Landgraf von Heſſen gethan habe.
Jetzt erlebte nun auch Ferdinand einen jener Acte der De-
müthigung, wie ſie ſeinem Bruder ſo häufig zu Theil geworden.
Am 8ten Juli hielt König Ferdinand auf dem großen
Saale des Hradſchin feierliche Sitzung: zur Rechten ſaß ihm
ſein Sohn Ferdinand, zur Linken Herzog Auguſt von Sach-
ſen; eine große Anzahl geiſtliche und weltliche Herrn wa-
ren zugegen.
Vor dieſer Verſammlung erſchienen die Primaten, Bür-
germeiſter, Räthe, geſchwornen Älteſten der drei Städte, und
ein Ausſchuß aus ihren Gemeinen, 100 aus der Altſtadt,
100 aus der Neuſtadt und 40 von der Kleinſeite.
Der König ließ ihnen in böhmiſcher Sprache verleſen,
was ſie während des letzten Krieges gegen ihn verbrochen;
zu beſonderm Vorwurf machte er ihnen ihr jüngſtes Schrei-
ben: darüber wolle er ſich „mit rechtlichem Erkenntniß gebühr-
lich und rechtlich“ verhalten, und zunächſt hören wie ſie ſich
verantworten würden.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 534. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/546>, abgerufen am 24.11.2024.
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