schen Philipp und Moritz zu Leipzig gehalten worden, wo sich aber alles zerschlug. Der Kaiser forderte Überlieferung aller Festungen, Ergebung in Gnade und Ungnade: eben seine Festungen, in denen er seine Sicherheit auch gegen die eig- nen Vasallen sah, wünschte Landgraf Philipp vor allem zu behaupten. Er soll gesagt haben, ehe man ihm sie nehme, möge man ihn lieber gleich todtschlagen, wie einen tollen Hund. Er wollte nur eine und die andre auf bestimmte Zeit einräumen und vor allen Dingen wissen, bis wie weit sich die Ungnade erstrecken werde, der er sich unterwerfen solle.
Die amtliche Relation versichert nun, 1 der Kaiser habe den vermittelnden Fürsten gesagt, er könne dem Landgrafen nicht trauen, er müsse ihn persönlich in seiner Gewalt haben; auf deren Einwendung, daß ein Fürst der sich selbst über- liefere, unmöglich auf gleichen Fuß mit demjenigen behan- delt werden könne, der mit den Waffen in der Hand gefan- gen worden sey, habe er erwiedert: auch der Landgraf, der jetzt zugleich von der Wetterau, von Nassau, durch einen Heer- haufen unter Büren, und durch die aus Sachsen anrückende Kriegsmacht bedroht werde, weiche nur der Gewalt. Nach mancherlei Hin und Herreden hätten sich dann die Churfür- sten wirklich mit der Versicherung begnügt, daß sich die Un- gnade der sich der Landgraf unterwerfe, nicht auf Leibesstrafe noch auf ewiges Gefängniß erstrecken solle.
Es ist unleugbar, daß die beiden Fürsten diese Conces- sion gemacht haben: die Eingabe ist jetzt gedruckt, über welche dem Kaiser vorgetragen worden ist, und welche die Worte
1 Eine Schrift, betitelt: Touchant la prinse du Landgrave, im Brüsseler Archiv, die ich im Anhang mittheile.
Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſchen Philipp und Moritz zu Leipzig gehalten worden, wo ſich aber alles zerſchlug. Der Kaiſer forderte Überlieferung aller Feſtungen, Ergebung in Gnade und Ungnade: eben ſeine Feſtungen, in denen er ſeine Sicherheit auch gegen die eig- nen Vaſallen ſah, wünſchte Landgraf Philipp vor allem zu behaupten. Er ſoll geſagt haben, ehe man ihm ſie nehme, möge man ihn lieber gleich todtſchlagen, wie einen tollen Hund. Er wollte nur eine und die andre auf beſtimmte Zeit einräumen und vor allen Dingen wiſſen, bis wie weit ſich die Ungnade erſtrecken werde, der er ſich unterwerfen ſolle.
Die amtliche Relation verſichert nun, 1 der Kaiſer habe den vermittelnden Fürſten geſagt, er könne dem Landgrafen nicht trauen, er müſſe ihn perſönlich in ſeiner Gewalt haben; auf deren Einwendung, daß ein Fürſt der ſich ſelbſt über- liefere, unmöglich auf gleichen Fuß mit demjenigen behan- delt werden könne, der mit den Waffen in der Hand gefan- gen worden ſey, habe er erwiedert: auch der Landgraf, der jetzt zugleich von der Wetterau, von Naſſau, durch einen Heer- haufen unter Büren, und durch die aus Sachſen anrückende Kriegsmacht bedroht werde, weiche nur der Gewalt. Nach mancherlei Hin und Herreden hätten ſich dann die Churfür- ſten wirklich mit der Verſicherung begnügt, daß ſich die Un- gnade der ſich der Landgraf unterwerfe, nicht auf Leibesſtrafe noch auf ewiges Gefängniß erſtrecken ſolle.
Es iſt unleugbar, daß die beiden Fürſten dieſe Conceſ- ſion gemacht haben: die Eingabe iſt jetzt gedruckt, über welche dem Kaiſer vorgetragen worden iſt, und welche die Worte
1 Eine Schrift, betitelt: Touchant la prinse du Landgrave, im Bruͤſſeler Archiv, die ich im Anhang mittheile.
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Achtes Buch. Fuͤnftes Capitel.
ſchen Philipp und Moritz zu Leipzig gehalten worden, wo
ſich aber alles zerſchlug. Der Kaiſer forderte Überlieferung
aller Feſtungen, Ergebung in Gnade und Ungnade: eben ſeine
Feſtungen, in denen er ſeine Sicherheit auch gegen die eig-
nen Vaſallen ſah, wünſchte Landgraf Philipp vor allem zu
behaupten. Er ſoll geſagt haben, ehe man ihm ſie nehme,
möge man ihn lieber gleich todtſchlagen, wie einen tollen
Hund. Er wollte nur eine und die andre auf beſtimmte Zeit
einräumen und vor allen Dingen wiſſen, bis wie weit ſich
die Ungnade erſtrecken werde, der er ſich unterwerfen ſolle.
Die amtliche Relation verſichert nun, 1 der Kaiſer habe
den vermittelnden Fürſten geſagt, er könne dem Landgrafen
nicht trauen, er müſſe ihn perſönlich in ſeiner Gewalt haben;
auf deren Einwendung, daß ein Fürſt der ſich ſelbſt über-
liefere, unmöglich auf gleichen Fuß mit demjenigen behan-
delt werden könne, der mit den Waffen in der Hand gefan-
gen worden ſey, habe er erwiedert: auch der Landgraf, der
jetzt zugleich von der Wetterau, von Naſſau, durch einen Heer-
haufen unter Büren, und durch die aus Sachſen anrückende
Kriegsmacht bedroht werde, weiche nur der Gewalt. Nach
mancherlei Hin und Herreden hätten ſich dann die Churfür-
ſten wirklich mit der Verſicherung begnügt, daß ſich die Un-
gnade der ſich der Landgraf unterwerfe, nicht auf Leibesſtrafe
noch auf ewiges Gefängniß erſtrecken ſolle.
Es iſt unleugbar, daß die beiden Fürſten dieſe Conceſ-
ſion gemacht haben: die Eingabe iſt jetzt gedruckt, über welche
dem Kaiſer vorgetragen worden iſt, und welche die Worte
1 Eine Schrift, betitelt: Touchant la prinse du Landgrave,
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/536>, abgerufen am 04.07.2024.
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