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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Achtes Buch. Viertes Capitel.
Tag wo er die Übertragung des Churfürstenthums auf Herzog
Moritz unterzeichnete, protestirte der Kaiser auf das ernstlichste
wider dieß Vorhaben. Eine Translation, sagte er, werde
die Katholiken zur Verzweiflung bringen, die Protestanten
ermuthigen, den Fürsten, denen man bereits das Versprechen
abgewonnen sich dem Concilium zu unterwerfen, Gelegenheit
geben dasselbe nicht zu erfüllen; man werde ihn anklagen,
daß er die am Reichstag geschehenen Zusagen nicht halte.
Er wolle nicht leugnen, daß dem Papste am Ende die Be-
fugniß dazu beiwohne, aber als der, welcher die Waffen
führe, als das Glied der Kirche das er wirklich sey, könne
er nicht unterlassen S. Heiligkeit auf die schlimmen Folgen auf-
merksam zu machen, die ein solches Verfahren unfehlbar nach
sich ziehen werde. 1

In dem kamen auch schon an dem Concilium selbst
Fragen in Gang, welche den Papst an jene Absichten einer
durchgreifenden Reform mahnten, die der Kaiser immer ge-
hegt, er dagegen immer gefürchtet.

Eine der vornehmsten, dem römischen Stuhle widerwär-
tigsten betraf die Nothwendigkeit der Residenz der Bischöfe:
der Papst fürchtete, man wolle ihm das Recht streitig ma-
chen, Cardinäle mit kirchlichen Pfründen zu versehen und sie
dabei doch in seinem Dienste zu brauchen. Schon ward
auch der Rechte des Bisthums im Verhältniß zum römischen
Stuhle gedacht: der Bischof von Fiesole, einer von den
wenigen Italienern die eine eigene Meinung verfochten, er-
klärte, er könne nicht dulden, daß eine fremde Gewalt in
seine Diöcese eingreife. Er schien den apostolischen Stuhl

1 Instruttione per Antonio - -, destinato a nro signore per
la translatione del concilio 27 Ottobre.
(K. Bibl. zu Paris.)

Achtes Buch. Viertes Capitel.
Tag wo er die Übertragung des Churfürſtenthums auf Herzog
Moritz unterzeichnete, proteſtirte der Kaiſer auf das ernſtlichſte
wider dieß Vorhaben. Eine Translation, ſagte er, werde
die Katholiken zur Verzweiflung bringen, die Proteſtanten
ermuthigen, den Fürſten, denen man bereits das Verſprechen
abgewonnen ſich dem Concilium zu unterwerfen, Gelegenheit
geben daſſelbe nicht zu erfüllen; man werde ihn anklagen,
daß er die am Reichstag geſchehenen Zuſagen nicht halte.
Er wolle nicht leugnen, daß dem Papſte am Ende die Be-
fugniß dazu beiwohne, aber als der, welcher die Waffen
führe, als das Glied der Kirche das er wirklich ſey, könne
er nicht unterlaſſen S. Heiligkeit auf die ſchlimmen Folgen auf-
merkſam zu machen, die ein ſolches Verfahren unfehlbar nach
ſich ziehen werde. 1

In dem kamen auch ſchon an dem Concilium ſelbſt
Fragen in Gang, welche den Papſt an jene Abſichten einer
durchgreifenden Reform mahnten, die der Kaiſer immer ge-
hegt, er dagegen immer gefürchtet.

Eine der vornehmſten, dem römiſchen Stuhle widerwär-
tigſten betraf die Nothwendigkeit der Reſidenz der Biſchöfe:
der Papſt fürchtete, man wolle ihm das Recht ſtreitig ma-
chen, Cardinäle mit kirchlichen Pfründen zu verſehen und ſie
dabei doch in ſeinem Dienſte zu brauchen. Schon ward
auch der Rechte des Bisthums im Verhältniß zum römiſchen
Stuhle gedacht: der Biſchof von Fieſole, einer von den
wenigen Italienern die eine eigene Meinung verfochten, er-
klärte, er könne nicht dulden, daß eine fremde Gewalt in
ſeine Diöceſe eingreife. Er ſchien den apoſtoliſchen Stuhl

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la translatione del concilio 27 Ottobre.
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[488/0500] Achtes Buch. Viertes Capitel. Tag wo er die Übertragung des Churfürſtenthums auf Herzog Moritz unterzeichnete, proteſtirte der Kaiſer auf das ernſtlichſte wider dieß Vorhaben. Eine Translation, ſagte er, werde die Katholiken zur Verzweiflung bringen, die Proteſtanten ermuthigen, den Fürſten, denen man bereits das Verſprechen abgewonnen ſich dem Concilium zu unterwerfen, Gelegenheit geben daſſelbe nicht zu erfüllen; man werde ihn anklagen, daß er die am Reichstag geſchehenen Zuſagen nicht halte. Er wolle nicht leugnen, daß dem Papſte am Ende die Be- fugniß dazu beiwohne, aber als der, welcher die Waffen führe, als das Glied der Kirche das er wirklich ſey, könne er nicht unterlaſſen S. Heiligkeit auf die ſchlimmen Folgen auf- merkſam zu machen, die ein ſolches Verfahren unfehlbar nach ſich ziehen werde. 1 In dem kamen auch ſchon an dem Concilium ſelbſt Fragen in Gang, welche den Papſt an jene Abſichten einer durchgreifenden Reform mahnten, die der Kaiſer immer ge- hegt, er dagegen immer gefürchtet. Eine der vornehmſten, dem römiſchen Stuhle widerwär- tigſten betraf die Nothwendigkeit der Reſidenz der Biſchöfe: der Papſt fürchtete, man wolle ihm das Recht ſtreitig ma- chen, Cardinäle mit kirchlichen Pfründen zu verſehen und ſie dabei doch in ſeinem Dienſte zu brauchen. Schon ward auch der Rechte des Bisthums im Verhältniß zum römiſchen Stuhle gedacht: der Biſchof von Fieſole, einer von den wenigen Italienern die eine eigene Meinung verfochten, er- klärte, er könne nicht dulden, daß eine fremde Gewalt in ſeine Diöceſe eingreife. Er ſchien den apoſtoliſchen Stuhl 1 Instruttione per Antonio ‒ ‒, destinato a nro signore per la translatione del concilio 27 Ottobre. (K. Bibl. zu Paris.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 488. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/500>, abgerufen am 22.11.2024.