er sich auf den Höhen halte? Wolle er schlagen, so möge er auf die Ebene kommen. Der Landgraf erwiederte: er habe bei Ingolstadt fünf Tag auf dem weiten Feld gehalten: den- noch sey der Kaiser nicht dahin zu bringen gewesen, sein ver- schanztes Lager zu verlassen. Weder durch die Verwüstung des Landes noch durch die Besetzung benachbarter kleiner Städte, wie Donauwerth, Lauingen, Hochstädt, ließen sich die Protestanten bewegen, aus ihrer glücklich eingenommenen Stellung zu weichen. 1
Hierauf, nach einigen andern Scheinbewegungen, nahm der Kaiser eine Richtung gegen Ulm. Am 13ten October finden wir sein Lager zwischen Sontheim und Brenz, von wo sich seine leichten Reiter am Morgen des 14ten auf den Weg machten um die Stadt zu berennen. Aber an dem mächtigen Ulm mußte den Protestanten noch viel mehr gele- gen seyn als an Nördlingen; schon waren auch sie aufge- brochen und ganz in der Nähe; als jene Reiter auf den Höhen nach Ulm zu anlangten, wurden sie zu ihrem Erstau- nen von ein paar Falconetschüssen des Churfürsten begrüßt. Der Kaiser schien seinen Plan darum nicht aufgeben zu wol- len: in der nächsten Nacht war in seinem Lager alles in Bewegung, um, wie es sich anließ, am andern Morgen doch gegen die Stadt vorzurücken. Und wenigstens die Protestanten hätten sich nichts Besseres gewünscht. Ulm war durch einige Schweizerfähnlein gegen den ersten Anlauf gesichert; im Be- sitz des Rießes und der Würtenberger Steige hätten sie den
1 Tagebuch des Feldzugs, zu Brüssel: Donawerda ad dedi- tionem coacta est, perplurimi pagi ab Hispanis exusti, quibus fa- cinoribus sperabat fore Caesar ut perterritus Landgravius ad dis- cedendum cogeretur.
Achtes Buch. Zweites Capitel.
er ſich auf den Höhen halte? Wolle er ſchlagen, ſo möge er auf die Ebene kommen. Der Landgraf erwiederte: er habe bei Ingolſtadt fünf Tag auf dem weiten Feld gehalten: den- noch ſey der Kaiſer nicht dahin zu bringen geweſen, ſein ver- ſchanztes Lager zu verlaſſen. Weder durch die Verwüſtung des Landes noch durch die Beſetzung benachbarter kleiner Städte, wie Donauwerth, Lauingen, Hochſtädt, ließen ſich die Proteſtanten bewegen, aus ihrer glücklich eingenommenen Stellung zu weichen. 1
Hierauf, nach einigen andern Scheinbewegungen, nahm der Kaiſer eine Richtung gegen Ulm. Am 13ten October finden wir ſein Lager zwiſchen Sontheim und Brenz, von wo ſich ſeine leichten Reiter am Morgen des 14ten auf den Weg machten um die Stadt zu berennen. Aber an dem mächtigen Ulm mußte den Proteſtanten noch viel mehr gele- gen ſeyn als an Nördlingen; ſchon waren auch ſie aufge- brochen und ganz in der Nähe; als jene Reiter auf den Höhen nach Ulm zu anlangten, wurden ſie zu ihrem Erſtau- nen von ein paar Falconetſchüſſen des Churfürſten begrüßt. Der Kaiſer ſchien ſeinen Plan darum nicht aufgeben zu wol- len: in der nächſten Nacht war in ſeinem Lager alles in Bewegung, um, wie es ſich anließ, am andern Morgen doch gegen die Stadt vorzurücken. Und wenigſtens die Proteſtanten hätten ſich nichts Beſſeres gewünſcht. Ulm war durch einige Schweizerfähnlein gegen den erſten Anlauf geſichert; im Be- ſitz des Rießes und der Würtenberger Steige hätten ſie den
1 Tagebuch des Feldzugs, zu Bruͤſſel: Donawerda ad dedi- tionem coacta est, perplurimi pagi ab Hispanis exusti, quibus fa- cinoribus sperabat fore Caesar ut perterritus Landgravius ad dis- cedendum cogeretur.
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Achtes Buch. Zweites Capitel.
er ſich auf den Höhen halte? Wolle er ſchlagen, ſo möge
er auf die Ebene kommen. Der Landgraf erwiederte: er habe
bei Ingolſtadt fünf Tag auf dem weiten Feld gehalten: den-
noch ſey der Kaiſer nicht dahin zu bringen geweſen, ſein ver-
ſchanztes Lager zu verlaſſen. Weder durch die Verwüſtung
des Landes noch durch die Beſetzung benachbarter kleiner
Städte, wie Donauwerth, Lauingen, Hochſtädt, ließen ſich
die Proteſtanten bewegen, aus ihrer glücklich eingenommenen
Stellung zu weichen. 1
Hierauf, nach einigen andern Scheinbewegungen, nahm
der Kaiſer eine Richtung gegen Ulm. Am 13ten October
finden wir ſein Lager zwiſchen Sontheim und Brenz, von
wo ſich ſeine leichten Reiter am Morgen des 14ten auf den
Weg machten um die Stadt zu berennen. Aber an dem
mächtigen Ulm mußte den Proteſtanten noch viel mehr gele-
gen ſeyn als an Nördlingen; ſchon waren auch ſie aufge-
brochen und ganz in der Nähe; als jene Reiter auf den
Höhen nach Ulm zu anlangten, wurden ſie zu ihrem Erſtau-
nen von ein paar Falconetſchüſſen des Churfürſten begrüßt.
Der Kaiſer ſchien ſeinen Plan darum nicht aufgeben zu wol-
len: in der nächſten Nacht war in ſeinem Lager alles in
Bewegung, um, wie es ſich anließ, am andern Morgen doch
gegen die Stadt vorzurücken. Und wenigſtens die Proteſtanten
hätten ſich nichts Beſſeres gewünſcht. Ulm war durch einige
Schweizerfähnlein gegen den erſten Anlauf geſichert; im Be-
ſitz des Rießes und der Würtenberger Steige hätten ſie den
1 Tagebuch des Feldzugs, zu Bruͤſſel: Donawerda ad dedi-
tionem coacta est, perplurimi pagi ab Hispanis exusti, quibus fa-
cinoribus sperabat fore Caesar ut perterritus Landgravius ad dis-
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 436. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/448>, abgerufen am 25.07.2024.
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