Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Achtes Buch. Zweites Capitel. Dinge, und eben darum einer geistigen Überlegenheit, zögertenicht sich ihren Fehler zu Nutze zu machen. Er hütete sich wohl, sie in Regensburg zu erwarten, von wo er sich nur sein Geschütz hatte holen wollen; überhaupt meinte er nicht sich jenseit der Donau beschließen zu lassen, was die Heran- ziehung Bürens unmöglich gemacht haben würde; vielmehr, während sie den Fluß hinunter giengen, zog er auf dem an- dern Ufer herauf; am 24sten August überschritt er die Do- nau und nahm ungefähr dieselbe Stellung in der Nähe von Ingolstadt ein, die sie eben verlassen. In diesen Zügen auf dem Schachbrett des Kriegsschauplatzes hatte er offenbar die Oberhand. Seine Stellung war nicht allein für ihn selbst unschätzbar, sondern sie bedrohte auch die Verbindung der Protestanten mit Schwaben, von wo sie ihre Lebensmittel empfiengen. Unverzüglich eilten sie über die schlechten Wege, die sie so eben gekommen, mit noch größerer Anstrengung zurück, und schlugen dem Kaiser gegenüber bei Nassenfels ebenfalls ein festes Lager auf. Man hat von jeher behauptet, die nahmhaftesten Füh- Ihre Absicht war in der That, es zur Schlacht zu brin- Achtes Buch. Zweites Capitel. Dinge, und eben darum einer geiſtigen Überlegenheit, zögertenicht ſich ihren Fehler zu Nutze zu machen. Er hütete ſich wohl, ſie in Regensburg zu erwarten, von wo er ſich nur ſein Geſchütz hatte holen wollen; überhaupt meinte er nicht ſich jenſeit der Donau beſchließen zu laſſen, was die Heran- ziehung Bürens unmöglich gemacht haben würde; vielmehr, während ſie den Fluß hinunter giengen, zog er auf dem an- dern Ufer herauf; am 24ſten Auguſt überſchritt er die Do- nau und nahm ungefähr dieſelbe Stellung in der Nähe von Ingolſtadt ein, die ſie eben verlaſſen. In dieſen Zügen auf dem Schachbrett des Kriegsſchauplatzes hatte er offenbar die Oberhand. Seine Stellung war nicht allein für ihn ſelbſt unſchätzbar, ſondern ſie bedrohte auch die Verbindung der Proteſtanten mit Schwaben, von wo ſie ihre Lebensmittel empfiengen. Unverzüglich eilten ſie über die ſchlechten Wege, die ſie ſo eben gekommen, mit noch größerer Anſtrengung zurück, und ſchlugen dem Kaiſer gegenüber bei Naſſenfels ebenfalls ein feſtes Lager auf. Man hat von jeher behauptet, die nahmhafteſten Füh- Ihre Abſicht war in der That, es zur Schlacht zu brin- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0444" n="432"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Achtes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/> Dinge, und eben darum einer geiſtigen Überlegenheit, zögerte<lb/> nicht ſich ihren Fehler zu Nutze zu machen. Er hütete ſich<lb/> wohl, ſie in <placeName>Regensburg</placeName> zu erwarten, von wo er ſich nur<lb/> ſein Geſchütz hatte holen wollen; überhaupt meinte er nicht<lb/> ſich jenſeit der <placeName>Donau</placeName> beſchließen zu laſſen, was die Heran-<lb/> ziehung <placeName>Bürens</placeName> unmöglich gemacht haben würde; vielmehr,<lb/> während ſie den Fluß hinunter giengen, zog er auf dem an-<lb/> dern Ufer herauf; am 24ſten Auguſt überſchritt er die <placeName>Do-<lb/> nau</placeName> und nahm ungefähr dieſelbe Stellung in der Nähe von<lb/><placeName>Ingolſtadt</placeName> ein, die ſie eben verlaſſen. In dieſen Zügen auf<lb/> dem Schachbrett des Kriegsſchauplatzes hatte er offenbar die<lb/> Oberhand. Seine Stellung war nicht allein für ihn ſelbſt<lb/> unſchätzbar, ſondern ſie bedrohte auch die Verbindung der<lb/> Proteſtanten mit <placeName>Schwaben</placeName>, von wo ſie ihre Lebensmittel<lb/> empfiengen. Unverzüglich eilten ſie über die ſchlechten Wege,<lb/> die ſie ſo eben gekommen, mit noch größerer Anſtrengung<lb/> zurück, und ſchlugen dem Kaiſer gegenüber bei <placeName>Naſſenfels</placeName><lb/> ebenfalls ein feſtes Lager auf.</p><lb/> <p>Man hat von jeher behauptet, die nahmhafteſten Füh-<lb/> rer ſelber haben es geſagt, ſie hätten hier den Kaiſer an-<lb/> greifen ſollen.</p><lb/> <p>Ihre Abſicht war in der That, es zur Schlacht zu brin-<lb/> gen. Am 30ſten Auguſt fand der Landgraf einen leichten<lb/> Übergang über die Sumpfgelände welche die beiden Lager<lb/> trennten, pflanzte ſein Geſchütz an günſtiger Stelle auf und<lb/> begann das feindliche Lager zu beſchießen. Auch ſeine Geg-<lb/> ner fanden, er habe ſich an dem Tag als ein Kriegsmann<lb/> erwieſen. So viel Wirkung machte aber ſein Geſchütz doch<lb/> nicht, daß der Kaiſer ſich dadurch veranlaßt geſehen hätte<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [432/0444]
Achtes Buch. Zweites Capitel.
Dinge, und eben darum einer geiſtigen Überlegenheit, zögerte
nicht ſich ihren Fehler zu Nutze zu machen. Er hütete ſich
wohl, ſie in Regensburg zu erwarten, von wo er ſich nur
ſein Geſchütz hatte holen wollen; überhaupt meinte er nicht
ſich jenſeit der Donau beſchließen zu laſſen, was die Heran-
ziehung Bürens unmöglich gemacht haben würde; vielmehr,
während ſie den Fluß hinunter giengen, zog er auf dem an-
dern Ufer herauf; am 24ſten Auguſt überſchritt er die Do-
nau und nahm ungefähr dieſelbe Stellung in der Nähe von
Ingolſtadt ein, die ſie eben verlaſſen. In dieſen Zügen auf
dem Schachbrett des Kriegsſchauplatzes hatte er offenbar die
Oberhand. Seine Stellung war nicht allein für ihn ſelbſt
unſchätzbar, ſondern ſie bedrohte auch die Verbindung der
Proteſtanten mit Schwaben, von wo ſie ihre Lebensmittel
empfiengen. Unverzüglich eilten ſie über die ſchlechten Wege,
die ſie ſo eben gekommen, mit noch größerer Anſtrengung
zurück, und ſchlugen dem Kaiſer gegenüber bei Naſſenfels
ebenfalls ein feſtes Lager auf.
Man hat von jeher behauptet, die nahmhafteſten Füh-
rer ſelber haben es geſagt, ſie hätten hier den Kaiſer an-
greifen ſollen.
Ihre Abſicht war in der That, es zur Schlacht zu brin-
gen. Am 30ſten Auguſt fand der Landgraf einen leichten
Übergang über die Sumpfgelände welche die beiden Lager
trennten, pflanzte ſein Geſchütz an günſtiger Stelle auf und
begann das feindliche Lager zu beſchießen. Auch ſeine Geg-
ner fanden, er habe ſich an dem Tag als ein Kriegsmann
erwieſen. So viel Wirkung machte aber ſein Geſchütz doch
nicht, daß der Kaiſer ſich dadurch veranlaßt geſehen hätte
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