Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Der schmalkaldische Krieg an der Donau. sers einen trefflichen Rückhalt. Von Wien fuhr Geschützund Munition die Donau herauf, ohne alle Bedeckung, als wäre man mitten im Frieden: ein schwaches Streifcorps hätte sich desselben bemächtigen können. Anfang August fühlte sich der Kaiser stark genug um Regensburg ohne Besorgniß zu verlassen; zunächst vereinigte er sich mit den drei deutschen Regimentern, welche Madrucci, Marignano und Georg von Regensburg aufgebracht; dann gieng er den Truppen ent- gegen die von Italien her in Anzug waren. Wie in den alten Zeiten der salischen oder hohenstaufischen Kaiser waren die italienischen und deutschen Kräfte in einen einzigen Krieg verwickelt. Nur zog dieß Mal kein Kaiser nach dem Sü- den, um einen Papst zur Anerkennung seiner Macht zu nö- thigen; sondern umgekehrt, südeuropäische, großentheils päpst- liche Schaaren, was seit vielen Jahrhunderten nicht gesche- hen, zogen nach Norden gewendet über die Alpen, um die Abtrünnigen des Papstes, die auch dem Kaiser widerwärtig geworden, im Bunde mit ihm zu unterwerfen. Zuerst lang- ten die neapolitanischen Truppen, von Apulien nach Triest übergefahren, auf deutschem Boden an. Dann erschienen die päpstlichen Völker mit den Mannschaften der Herzöge von Florenz und Ferrara in den Alpen. Was auch die Tyroler Regierung zugesagt haben mochte, ungehindert zogen sie die gerade Straße von Insbruck und Kufstein daher. Bei Lands- hut, 12 August, geschah die Vereinigung. In dem Glanze eines Gonfaloniere der Kirche stellte sich Alessandro Farnese seinem Schwiegervater, dem Kaiser, dar, der ihm das goldne Vließ mit eigner Hand um den Hals hängte. 1 Auch ohne Der ſchmalkaldiſche Krieg an der Donau. ſers einen trefflichen Rückhalt. Von Wien fuhr Geſchützund Munition die Donau herauf, ohne alle Bedeckung, als wäre man mitten im Frieden: ein ſchwaches Streifcorps hätte ſich deſſelben bemächtigen können. Anfang Auguſt fühlte ſich der Kaiſer ſtark genug um Regensburg ohne Beſorgniß zu verlaſſen; zunächſt vereinigte er ſich mit den drei deutſchen Regimentern, welche Madrucci, Marignano und Georg von Regensburg aufgebracht; dann gieng er den Truppen ent- gegen die von Italien her in Anzug waren. Wie in den alten Zeiten der ſaliſchen oder hohenſtaufiſchen Kaiſer waren die italieniſchen und deutſchen Kräfte in einen einzigen Krieg verwickelt. Nur zog dieß Mal kein Kaiſer nach dem Sü- den, um einen Papſt zur Anerkennung ſeiner Macht zu nö- thigen; ſondern umgekehrt, ſüdeuropäiſche, großentheils päpſt- liche Schaaren, was ſeit vielen Jahrhunderten nicht geſche- hen, zogen nach Norden gewendet über die Alpen, um die Abtrünnigen des Papſtes, die auch dem Kaiſer widerwärtig geworden, im Bunde mit ihm zu unterwerfen. Zuerſt lang- ten die neapolitaniſchen Truppen, von Apulien nach Trieſt übergefahren, auf deutſchem Boden an. Dann erſchienen die päpſtlichen Völker mit den Mannſchaften der Herzöge von Florenz und Ferrara in den Alpen. Was auch die Tyroler Regierung zugeſagt haben mochte, ungehindert zogen ſie die gerade Straße von Insbruck und Kufſtein daher. Bei Lands- hut, 12 Auguſt, geſchah die Vereinigung. In dem Glanze eines Gonfaloniere der Kirche ſtellte ſich Aleſſandro Farneſe ſeinem Schwiegervater, dem Kaiſer, dar, der ihm das goldne Vließ mit eigner Hand um den Hals hängte. 1 Auch ohne <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0435" n="423"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Der ſchmalkaldiſche Krieg an der <placeName>Donau</placeName></hi>.</fw><lb/> ſers einen trefflichen Rückhalt. Von <placeName>Wien</placeName> fuhr Geſchütz<lb/> und Munition die <placeName>Donau</placeName> herauf, ohne alle Bedeckung, als<lb/> wäre man mitten im Frieden: ein ſchwaches Streifcorps hätte<lb/> ſich deſſelben bemächtigen können. 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Der ſchmalkaldiſche Krieg an der Donau.
ſers einen trefflichen Rückhalt. Von Wien fuhr Geſchütz
und Munition die Donau herauf, ohne alle Bedeckung, als
wäre man mitten im Frieden: ein ſchwaches Streifcorps hätte
ſich deſſelben bemächtigen können. Anfang Auguſt fühlte ſich
der Kaiſer ſtark genug um Regensburg ohne Beſorgniß zu
verlaſſen; zunächſt vereinigte er ſich mit den drei deutſchen
Regimentern, welche Madrucci, Marignano und Georg von
Regensburg aufgebracht; dann gieng er den Truppen ent-
gegen die von Italien her in Anzug waren. Wie in den
alten Zeiten der ſaliſchen oder hohenſtaufiſchen Kaiſer waren
die italieniſchen und deutſchen Kräfte in einen einzigen Krieg
verwickelt. Nur zog dieß Mal kein Kaiſer nach dem Sü-
den, um einen Papſt zur Anerkennung ſeiner Macht zu nö-
thigen; ſondern umgekehrt, ſüdeuropäiſche, großentheils päpſt-
liche Schaaren, was ſeit vielen Jahrhunderten nicht geſche-
hen, zogen nach Norden gewendet über die Alpen, um die
Abtrünnigen des Papſtes, die auch dem Kaiſer widerwärtig
geworden, im Bunde mit ihm zu unterwerfen. Zuerſt lang-
ten die neapolitaniſchen Truppen, von Apulien nach Trieſt
übergefahren, auf deutſchem Boden an. Dann erſchienen die
päpſtlichen Völker mit den Mannſchaften der Herzöge von
Florenz und Ferrara in den Alpen. Was auch die Tyroler
Regierung zugeſagt haben mochte, ungehindert zogen ſie die
gerade Straße von Insbruck und Kufſtein daher. Bei Lands-
hut, 12 Auguſt, geſchah die Vereinigung. In dem Glanze
eines Gonfaloniere der Kirche ſtellte ſich Aleſſandro Farneſe
ſeinem Schwiegervater, dem Kaiſer, dar, der ihm das goldne
Vließ mit eigner Hand um den Hals hängte. 1 Auch ohne
1 Godoi Commentarii della guerra d’Alemagna, uͤberſetzt bei
Hortleder II, 1621.
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