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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Achtes Buch. Erstes Capitel.

Beschlossen, wie gesagt, war dieser im Anfang des Mai
noch nicht. Vor der definitiven Entscheidung wollte der Kai-
ser erst wissen, wie er mit den deutschen Fürsten stehn werde,
katholischen und Protestanten.

Von jenen war ohne Zweifel Herzog Wilhelm von Baiern
der wichtigste, der jetzt nach dem Tode seines Bruders allein
regierte. Schon vor einem Jahre hatte sich Carl V an ihn
gewendet, ihn an seine früheren Äußerungen über die Noth-
wendigkeit zu den Waffen zu greifen erinnert, die Unmöglich-
keit in dem jetzigen Zustand zu verharren auseinandergesetzt,
und unter der Form als wolle er nur guten Rath verneh-
men, auf ein Bündniß gegen die Protestanten angetragen.
Damals hatte er jedoch eine ablehnende Antwort empfan-
gen. Offenbar waren die Umstände nicht mehr die alten.
Früher wäre der Krieg auf den Grund der Reichsabschiede,
im Sinne der Majorität, zu deren Gunsten geführt worden;
jetzt war diese geschwächt und zersprengt; der nächste Grund
des Krieges lag in den eigensten Gedanken des Kaisers, sei-
nen conciliaren Absichten, seiner niederländischen Politik; das
Unternehmen mußte, wenn es damit nach Wunsch gieng, zum
größten Vortheile desselben ausschlagen. Hatte früher der Kai-
ser sich unschlüßig gezeigt, so ist es kein Wunder daß jetzt
hinwiederum Baiern an sich hielt. Wir haben noch vom Ja-
nuar 1546 eine überaus freundschaftliche Erklärung des Her-
zogs an den Landgrafen Philipp. 1 Allein allmählig drang
doch auch hier das ohnehin nie aufgegebene Prinzip einer

1 Leonh. Eck versichert dem Landgrafen, "das sein Herr s. f.
Gn. guten Glauben halten werde, ye lenger ye mehr wohl gegen
E. En. affectionirt sey." (Weim. A.)
Achtes Buch. Erſtes Capitel.

Beſchloſſen, wie geſagt, war dieſer im Anfang des Mai
noch nicht. Vor der definitiven Entſcheidung wollte der Kai-
ſer erſt wiſſen, wie er mit den deutſchen Fürſten ſtehn werde,
katholiſchen und Proteſtanten.

Von jenen war ohne Zweifel Herzog Wilhelm von Baiern
der wichtigſte, der jetzt nach dem Tode ſeines Bruders allein
regierte. Schon vor einem Jahre hatte ſich Carl V an ihn
gewendet, ihn an ſeine früheren Äußerungen über die Noth-
wendigkeit zu den Waffen zu greifen erinnert, die Unmöglich-
keit in dem jetzigen Zuſtand zu verharren auseinandergeſetzt,
und unter der Form als wolle er nur guten Rath verneh-
men, auf ein Bündniß gegen die Proteſtanten angetragen.
Damals hatte er jedoch eine ablehnende Antwort empfan-
gen. Offenbar waren die Umſtände nicht mehr die alten.
Früher wäre der Krieg auf den Grund der Reichsabſchiede,
im Sinne der Majorität, zu deren Gunſten geführt worden;
jetzt war dieſe geſchwächt und zerſprengt; der nächſte Grund
des Krieges lag in den eigenſten Gedanken des Kaiſers, ſei-
nen conciliaren Abſichten, ſeiner niederländiſchen Politik; das
Unternehmen mußte, wenn es damit nach Wunſch gieng, zum
größten Vortheile deſſelben ausſchlagen. Hatte früher der Kai-
ſer ſich unſchlüßig gezeigt, ſo iſt es kein Wunder daß jetzt
hinwiederum Baiern an ſich hielt. Wir haben noch vom Ja-
nuar 1546 eine überaus freundſchaftliche Erklärung des Her-
zogs an den Landgrafen Philipp. 1 Allein allmählig drang
doch auch hier das ohnehin nie aufgegebene Prinzip einer

1 Leonh. Eck verſichert dem Landgrafen, „das ſein Herr ſ. f.
Gn. guten Glauben halten werde, ye lenger ye mehr wohl gegen
E. En. affectionirt ſey.“ (Weim. A.)
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[390/0402] Achtes Buch. Erſtes Capitel. Beſchloſſen, wie geſagt, war dieſer im Anfang des Mai noch nicht. Vor der definitiven Entſcheidung wollte der Kai- ſer erſt wiſſen, wie er mit den deutſchen Fürſten ſtehn werde, katholiſchen und Proteſtanten. Von jenen war ohne Zweifel Herzog Wilhelm von Baiern der wichtigſte, der jetzt nach dem Tode ſeines Bruders allein regierte. Schon vor einem Jahre hatte ſich Carl V an ihn gewendet, ihn an ſeine früheren Äußerungen über die Noth- wendigkeit zu den Waffen zu greifen erinnert, die Unmöglich- keit in dem jetzigen Zuſtand zu verharren auseinandergeſetzt, und unter der Form als wolle er nur guten Rath verneh- men, auf ein Bündniß gegen die Proteſtanten angetragen. Damals hatte er jedoch eine ablehnende Antwort empfan- gen. Offenbar waren die Umſtände nicht mehr die alten. Früher wäre der Krieg auf den Grund der Reichsabſchiede, im Sinne der Majorität, zu deren Gunſten geführt worden; jetzt war dieſe geſchwächt und zerſprengt; der nächſte Grund des Krieges lag in den eigenſten Gedanken des Kaiſers, ſei- nen conciliaren Abſichten, ſeiner niederländiſchen Politik; das Unternehmen mußte, wenn es damit nach Wunſch gieng, zum größten Vortheile deſſelben ausſchlagen. Hatte früher der Kai- ſer ſich unſchlüßig gezeigt, ſo iſt es kein Wunder daß jetzt hinwiederum Baiern an ſich hielt. Wir haben noch vom Ja- nuar 1546 eine überaus freundſchaftliche Erklärung des Her- zogs an den Landgrafen Philipp. 1 Allein allmählig drang doch auch hier das ohnehin nie aufgegebene Prinzip einer 1 Leonh. Eck verſichert dem Landgrafen, „das ſein Herr ſ. f. Gn. guten Glauben halten werde, ye lenger ye mehr wohl gegen E. En. affectionirt ſey.“ (Weim. A.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 390. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/402>, abgerufen am 25.11.2024.