so war der Kaiser doch noch nicht definitiv entschlossen: er hatte noch nicht das letzte Wort gesagt.
Anfang April hielt sich der englische Gesandte versichert, es sey an keinen Krieg zu denken. Der florentinische be- merkt am 5ten April, die Flamme, welche von Andern ge- schürt werde, suche Granvella noch immer auszulöschen.
Noch im Anfang Mai ließ der Beichtvater vernehmen, die Sache gehe nicht ganz wie er wünsche. 1
Eben der Beichtvater war einer der größten Beförderer der Kriegsplane: er stellte dem Kaiser unabläßig vor, welche Verantwortlichkeit er auf sich laden werde, wenn der Katho- licismus durch sein Versäumniß neuen Verlust erleide. An- fangs war er mit dem Nuntius und dem Cardinal von Augs- burg allein. Selbst der Herzog von Alba, der um der Kriegs- gefahren willen aus Spanien berufen worden war, erklärte sich lange Zeit friedlich. Nach und nach aber, je weiter man in Deutschland reiste, ward auch in ihm über alle die Ab- weichungen die er wahrnahm, das spanisch rechtgläubige Blut rege und er schloß sich dem Nuntius an. Immer dringender erhob sich diese den Krieg fordernde Stimmung in der näch- sten Nähe des Kaisers. Alle Spanier am Hofe billigten die an dem armen Diaz vollbrachte Mordthat; Sepulveda ver- sichert, der Kaiser habe sich wenigstens nicht dagegen erklärt. Eben die Spanier waren es, auf die er besonders zählte, wenn es noch zum Kriege kam.
1Dispaccio Florentino 4 Maggio. Parlando col confessore mi disse che le cose non procedevano a suo modo, purche s'a- visava col Cl d'Augusta el piu che poteva e non era in tutto pero disperato. Für den Wechsel der Gedanken und Entschlüsse sind diese Depeschen sehr unterrichtend.
Urſprung des Krieges.
ſo war der Kaiſer doch noch nicht definitiv entſchloſſen: er hatte noch nicht das letzte Wort geſagt.
Anfang April hielt ſich der engliſche Geſandte verſichert, es ſey an keinen Krieg zu denken. Der florentiniſche be- merkt am 5ten April, die Flamme, welche von Andern ge- ſchürt werde, ſuche Granvella noch immer auszulöſchen.
Noch im Anfang Mai ließ der Beichtvater vernehmen, die Sache gehe nicht ganz wie er wünſche. 1
Eben der Beichtvater war einer der größten Beförderer der Kriegsplane: er ſtellte dem Kaiſer unabläßig vor, welche Verantwortlichkeit er auf ſich laden werde, wenn der Katho- licismus durch ſein Verſäumniß neuen Verluſt erleide. An- fangs war er mit dem Nuntius und dem Cardinal von Augs- burg allein. Selbſt der Herzog von Alba, der um der Kriegs- gefahren willen aus Spanien berufen worden war, erklärte ſich lange Zeit friedlich. Nach und nach aber, je weiter man in Deutſchland reiſte, ward auch in ihm über alle die Ab- weichungen die er wahrnahm, das ſpaniſch rechtgläubige Blut rege und er ſchloß ſich dem Nuntius an. Immer dringender erhob ſich dieſe den Krieg fordernde Stimmung in der näch- ſten Nähe des Kaiſers. Alle Spanier am Hofe billigten die an dem armen Diaz vollbrachte Mordthat; Sepulveda ver- ſichert, der Kaiſer habe ſich wenigſtens nicht dagegen erklärt. Eben die Spanier waren es, auf die er beſonders zählte, wenn es noch zum Kriege kam.
1Dispaccio Florentino 4 Maggio. Parlando col confessore mi disse che le cose non procedevano a suo modo, purche s’a- visava col Cl d’Augusta el piu che poteva e non era in tutto però disperato. Fuͤr den Wechſel der Gedanken und Entſchluͤſſe ſind dieſe Depeſchen ſehr unterrichtend.
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Urſprung des Krieges.
ſo war der Kaiſer doch noch nicht definitiv entſchloſſen: er
hatte noch nicht das letzte Wort geſagt.
Anfang April hielt ſich der engliſche Geſandte verſichert,
es ſey an keinen Krieg zu denken. Der florentiniſche be-
merkt am 5ten April, die Flamme, welche von Andern ge-
ſchürt werde, ſuche Granvella noch immer auszulöſchen.
Noch im Anfang Mai ließ der Beichtvater vernehmen,
die Sache gehe nicht ganz wie er wünſche. 1
Eben der Beichtvater war einer der größten Beförderer
der Kriegsplane: er ſtellte dem Kaiſer unabläßig vor, welche
Verantwortlichkeit er auf ſich laden werde, wenn der Katho-
licismus durch ſein Verſäumniß neuen Verluſt erleide. An-
fangs war er mit dem Nuntius und dem Cardinal von Augs-
burg allein. Selbſt der Herzog von Alba, der um der Kriegs-
gefahren willen aus Spanien berufen worden war, erklärte
ſich lange Zeit friedlich. Nach und nach aber, je weiter man
in Deutſchland reiſte, ward auch in ihm über alle die Ab-
weichungen die er wahrnahm, das ſpaniſch rechtgläubige Blut
rege und er ſchloß ſich dem Nuntius an. Immer dringender
erhob ſich dieſe den Krieg fordernde Stimmung in der näch-
ſten Nähe des Kaiſers. Alle Spanier am Hofe billigten die
an dem armen Diaz vollbrachte Mordthat; Sepulveda ver-
ſichert, der Kaiſer habe ſich wenigſtens nicht dagegen erklärt.
Eben die Spanier waren es, auf die er beſonders zählte,
wenn es noch zum Kriege kam.
1 Dispaccio Florentino 4 Maggio. Parlando col confessore
mi disse che le cose non procedevano a suo modo, purche s’a-
visava col Cl d’Augusta el piu che poteva e non era in tutto
però disperato. Fuͤr den Wechſel der Gedanken und Entſchluͤſſe
ſind dieſe Depeſchen ſehr unterrichtend.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/401>, abgerufen am 16.02.2025.
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