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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Achtes Buch. Erstes Capitel.
und die Eröffnung desselben, dieß Mal ernstlich, für das
nächste Frühjahr anzukündigen.

Cardinal Farnese soll gesagt haben: entweder werde der
Papst die Versammlung nach seinen Wünschen leiten können,
oder wenn ihm das ja nicht gelingen sollte, so werde der Kai-
ser sich bei der Execution der Beschlüsse mit den Protestan-
ten verfeinden und dann nach keiner Seite hin etwas Rech-
tes durchsetzen können. 1

Die Rücksicht auf den zu erwartenden Reichstag ver-
mochte den Papst seine Legaten unverzüglich nach Trient gehn
zu lassen: das Concilium sollte beginnen ehe dort der Ab-
schied erfolgen könne. 2

Nun versteht es sich wohl, daß diese ernstlichen Anstal-
ten dem Kaiser sehr erwünscht seyn mußten. Fast von An-
fang seiner Regierung an hatte er dahin gearbeitet: indem
das Concilium berufen wurde, sah er ein Ziel erreicht das er
sich vorlängst gesetzt.

Natürlich aber war dabei nicht seine Meinung, die Ver-
sammlung der Leitung des Papstes zu überlassen, was nur
geheißen hätte, auf indirectem Wege ihm verschaffen was er
ihm auf directem nicht zugestehn wollte. Ganz im Gegen-

1 Hurtado Mendoza al Emperador 16 Abril 1545 bei Villa-
nueva
Vida literaria II, 418. (Durch einen Schreibfehler steht
dort 1554; das ganze Fragment ist hienach falsch eingereiht.)
2 Entscheidend hiefür ist Lettera del Cl Cervini al Cl Far-
nese
Genn.
1546. Er sagt, der Papst würde durch Verweigerung
der Reformation alles Übel auf sich laden: "essere imputato a S.
Sta tutto il male che partorisse il colloquio nella dieta presente;
-- per provedere al qual rispetto solo S. Sta si mosse a met-
tere il concilio in questo luogo e poi a comandarci che si co-
minciasse questo maggio passato prima che si facesse il recesso
di Vormes. (Epp. Poli IV, 291.)

Achtes Buch. Erſtes Capitel.
und die Eröffnung deſſelben, dieß Mal ernſtlich, für das
nächſte Frühjahr anzukündigen.

Cardinal Farneſe ſoll geſagt haben: entweder werde der
Papſt die Verſammlung nach ſeinen Wünſchen leiten können,
oder wenn ihm das ja nicht gelingen ſollte, ſo werde der Kai-
ſer ſich bei der Execution der Beſchlüſſe mit den Proteſtan-
ten verfeinden und dann nach keiner Seite hin etwas Rech-
tes durchſetzen können. 1

Die Rückſicht auf den zu erwartenden Reichstag ver-
mochte den Papſt ſeine Legaten unverzüglich nach Trient gehn
zu laſſen: das Concilium ſollte beginnen ehe dort der Ab-
ſchied erfolgen könne. 2

Nun verſteht es ſich wohl, daß dieſe ernſtlichen Anſtal-
ten dem Kaiſer ſehr erwünſcht ſeyn mußten. Faſt von An-
fang ſeiner Regierung an hatte er dahin gearbeitet: indem
das Concilium berufen wurde, ſah er ein Ziel erreicht das er
ſich vorlängſt geſetzt.

Natürlich aber war dabei nicht ſeine Meinung, die Ver-
ſammlung der Leitung des Papſtes zu überlaſſen, was nur
geheißen hätte, auf indirectem Wege ihm verſchaffen was er
ihm auf directem nicht zugeſtehn wollte. Ganz im Gegen-

1 Hurtado Mendoza al Emperador 16 Abril 1545 bei Villa-
nueva
Vida literaria II, 418. (Durch einen Schreibfehler ſteht
dort 1554; das ganze Fragment iſt hienach falſch eingereiht.)
2 Entſcheidend hiefuͤr iſt Lettera del Cl Cervini al Cl Far-
nese
Genn.
1546. Er ſagt, der Papſt wuͤrde durch Verweigerung
der Reformation alles Uͤbel auf ſich laden: „essere imputato a S.
S tutto il male che partorisse il colloquio nella dieta presente;
— per provedere al qual rispetto solo S. S si mosse a met-
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[350/0362] Achtes Buch. Erſtes Capitel. und die Eröffnung deſſelben, dieß Mal ernſtlich, für das nächſte Frühjahr anzukündigen. Cardinal Farneſe ſoll geſagt haben: entweder werde der Papſt die Verſammlung nach ſeinen Wünſchen leiten können, oder wenn ihm das ja nicht gelingen ſollte, ſo werde der Kai- ſer ſich bei der Execution der Beſchlüſſe mit den Proteſtan- ten verfeinden und dann nach keiner Seite hin etwas Rech- tes durchſetzen können. 1 Die Rückſicht auf den zu erwartenden Reichstag ver- mochte den Papſt ſeine Legaten unverzüglich nach Trient gehn zu laſſen: das Concilium ſollte beginnen ehe dort der Ab- ſchied erfolgen könne. 2 Nun verſteht es ſich wohl, daß dieſe ernſtlichen Anſtal- ten dem Kaiſer ſehr erwünſcht ſeyn mußten. Faſt von An- fang ſeiner Regierung an hatte er dahin gearbeitet: indem das Concilium berufen wurde, ſah er ein Ziel erreicht das er ſich vorlängſt geſetzt. Natürlich aber war dabei nicht ſeine Meinung, die Ver- ſammlung der Leitung des Papſtes zu überlaſſen, was nur geheißen hätte, auf indirectem Wege ihm verſchaffen was er ihm auf directem nicht zugeſtehn wollte. Ganz im Gegen- 1 Hurtado Mendoza al Emperador 16 Abril 1545 bei Villa- nueva Vida literaria II, 418. (Durch einen Schreibfehler ſteht dort 1554; das ganze Fragment iſt hienach falſch eingereiht.) 2 Entſcheidend hiefuͤr iſt Lettera del Cl Cervini al Cl Far- nese Genn. 1546. Er ſagt, der Papſt wuͤrde durch Verweigerung der Reformation alles Uͤbel auf ſich laden: „essere imputato a S. Stà tutto il male che partorisse il colloquio nella dieta presente; — per provedere al qual rispetto solo S. Stà si mosse a met- tere il concilio in questo luogo e poi a comandarci che si co- minciasse questo maggio passato prima che si facesse il recesso di Vormes. (Epp. Poli IV, 291.)

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/362>, abgerufen am 22.11.2024.