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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Wittenberger Reformation.
gelischer Lehre zu seyn", vollzogen werden, mit der doppel-
ten Rücksicht, rechte Lehre und gute Sitten zu erhalten. Für
das Gericht empfehlen sie die Consistorien.

Es entspricht der Einfachheit der Zeit wenn sie als den
Grund ihrer Hinneigung zu dieser Veränderung angeben, daß
der weltliche Fürst mit Geschäften überladen sey, auch wohl
die Kosten der geistlichen Verwaltung scheue. Sie meinen,
dazu habe der Bischof Güter, um die Kosten des Amtes zu
bestreiten. Auch hätten sie bei dem bischöflichen Regiment
mehr Rücksicht auf den geistlichen Bann, der ihnen zu guter
Zucht am Ende nothwendig schien, zu finden gemeint.

Man könnte einwerfen, daß doch Johann Friedrichs
Verfahren mit dem Bisthum Naumburg diesen Ideen nicht
entspricht. Aber der Churfürst betrachtete das Bisthum Naum-
burg
als landsäßig, und wie gesagt, sein Verfahren wurde
nicht von allen seinen Räthen gebilligt. Dagegen war jetzt
von Bischöfen die Rede, die so gut Reichsfürsten waren wie
er selbst. Mit der Anerkennung derselben unter den angegebe-
nen Bedingungen war er vollkommen einverstanden. Land-
graf Philipp hat einige Einwendungen gemacht, die auch bis
auf einen gewissen Grad Berücksichtigung gefunden haben, ohne
daß darum in der Hauptsache etwas geändert wurde.

Denkt man sich daß dieser Plan bei den auf den näch-
sten Reichstag angesetzten Berathungen durchgegangen wäre,
so würde ein protestantisches Deutschland, aber mit bischöf-
licher Verfassung, und auf das engste vereinigt, da man im-
mer den Papst zu bekämpfen gehabt hätte, entstanden seyn.

So wahr es auch ist daß die Protestanten zunächst nur
nach einer gesetzlich ruhigen Existenz trachteten, so ist doch

Wittenberger Reformation.
geliſcher Lehre zu ſeyn“, vollzogen werden, mit der doppel-
ten Rückſicht, rechte Lehre und gute Sitten zu erhalten. Für
das Gericht empfehlen ſie die Conſiſtorien.

Es entſpricht der Einfachheit der Zeit wenn ſie als den
Grund ihrer Hinneigung zu dieſer Veränderung angeben, daß
der weltliche Fürſt mit Geſchäften überladen ſey, auch wohl
die Koſten der geiſtlichen Verwaltung ſcheue. Sie meinen,
dazu habe der Biſchof Güter, um die Koſten des Amtes zu
beſtreiten. Auch hätten ſie bei dem biſchöflichen Regiment
mehr Rückſicht auf den geiſtlichen Bann, der ihnen zu guter
Zucht am Ende nothwendig ſchien, zu finden gemeint.

Man könnte einwerfen, daß doch Johann Friedrichs
Verfahren mit dem Bisthum Naumburg dieſen Ideen nicht
entſpricht. Aber der Churfürſt betrachtete das Bisthum Naum-
burg
als landſäßig, und wie geſagt, ſein Verfahren wurde
nicht von allen ſeinen Räthen gebilligt. Dagegen war jetzt
von Biſchöfen die Rede, die ſo gut Reichsfürſten waren wie
er ſelbſt. Mit der Anerkennung derſelben unter den angegebe-
nen Bedingungen war er vollkommen einverſtanden. Land-
graf Philipp hat einige Einwendungen gemacht, die auch bis
auf einen gewiſſen Grad Berückſichtigung gefunden haben, ohne
daß darum in der Hauptſache etwas geändert wurde.

Denkt man ſich daß dieſer Plan bei den auf den näch-
ſten Reichstag angeſetzten Berathungen durchgegangen wäre,
ſo würde ein proteſtantiſches Deutſchland, aber mit biſchöf-
licher Verfaſſung, und auf das engſte vereinigt, da man im-
mer den Papſt zu bekämpfen gehabt hätte, entſtanden ſeyn.

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[343/0355] Wittenberger Reformation. geliſcher Lehre zu ſeyn“, vollzogen werden, mit der doppel- ten Rückſicht, rechte Lehre und gute Sitten zu erhalten. Für das Gericht empfehlen ſie die Conſiſtorien. Es entſpricht der Einfachheit der Zeit wenn ſie als den Grund ihrer Hinneigung zu dieſer Veränderung angeben, daß der weltliche Fürſt mit Geſchäften überladen ſey, auch wohl die Koſten der geiſtlichen Verwaltung ſcheue. Sie meinen, dazu habe der Biſchof Güter, um die Koſten des Amtes zu beſtreiten. Auch hätten ſie bei dem biſchöflichen Regiment mehr Rückſicht auf den geiſtlichen Bann, der ihnen zu guter Zucht am Ende nothwendig ſchien, zu finden gemeint. Man könnte einwerfen, daß doch Johann Friedrichs Verfahren mit dem Bisthum Naumburg dieſen Ideen nicht entſpricht. Aber der Churfürſt betrachtete das Bisthum Naum- burg als landſäßig, und wie geſagt, ſein Verfahren wurde nicht von allen ſeinen Räthen gebilligt. Dagegen war jetzt von Biſchöfen die Rede, die ſo gut Reichsfürſten waren wie er ſelbſt. Mit der Anerkennung derſelben unter den angegebe- nen Bedingungen war er vollkommen einverſtanden. Land- graf Philipp hat einige Einwendungen gemacht, die auch bis auf einen gewiſſen Grad Berückſichtigung gefunden haben, ohne daß darum in der Hauptſache etwas geändert wurde. Denkt man ſich daß dieſer Plan bei den auf den näch- ſten Reichstag angeſetzten Berathungen durchgegangen wäre, ſo würde ein proteſtantiſches Deutſchland, aber mit biſchöf- licher Verfaſſung, und auf das engſte vereinigt, da man im- mer den Papſt zu bekämpfen gehabt hätte, entſtanden ſeyn. So wahr es auch iſt daß die Proteſtanten zunächſt nur nach einer geſetzlich ruhigen Exiſtenz trachteten, ſo iſt doch

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/355>, abgerufen am 22.11.2024.