Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Reformation in Regensburg.
Gestalt erklärte der Rath, daß er damit bereits beschäftigt
sey; 1 endlich, am 13ten October ward vom äußern und in-
nern Rath sammt dem Ausschuß der Bürgerschaft, in Ge-
genwart des Reichshauptmanns und mit dessen Einwilligung
der Beschluß gefaßt, den folgenden Tag die öffentliche Com-
munion unter beiderlei Gestalt eintreten zu lassen. Sie ward
mit aller möglichen Feierlichkeit vollzogen; die Stadt erhielt
eine vollkommen evangelische Organisation; die Pfarre und
Superintendentur übernahm ein Zögling der Wittenberger
Schule, Doctor Nopp.

Zwar ließen es die Herzoge von Baiern hierauf bei dem
bloßen Widerspruch nicht bewenden: durch ein förmliches Land-
gebot untersagten sie ihren Unterthanen den Verkehr mit Re-
gensburg, erschwerten auch wohl sonst die Zufuhr zu Was-
ser und zu Lande; allein einigen Abbruch ließ man sich in
Regensburg schon gefallen, 2 und zu ernstlichen Maaßregeln
durften die Herzoge schon aus Rücksicht auf Östreich, das
es nicht geduldet haben würde, nicht schreiten.

Eben so wenig gelang es denselben, den Übertritt ihrer
Vettern und Nachbarn von der Pfalz zu verhindern.

Schon früher war in der Oberpfalz durch förmlichen
Landtagsabschied zu Amberg erlaubt worden, evangelische Pre-
diger anzunehmen, und allenthalben war es geschehen. Jetzt
schritt man auch in der jungen Pfalz dazu.

Wie Dr Forster von Nürnberg den neuen Ritus zu

1 Gemeiner Geschichte der Kirchenreformation in Regensburg
125 -- 131.
2 Der Reichstagsgesandte Dr Hiltner soll gesagt haben, es
komme nicht so viel darauf an, ob für ein paar Pfennig weniger
Buttermilch an der Heubart (dem Victualienmarkt) feil sey.
21*

Reformation in Regensburg.
Geſtalt erklärte der Rath, daß er damit bereits beſchäftigt
ſey; 1 endlich, am 13ten October ward vom äußern und in-
nern Rath ſammt dem Ausſchuß der Bürgerſchaft, in Ge-
genwart des Reichshauptmanns und mit deſſen Einwilligung
der Beſchluß gefaßt, den folgenden Tag die öffentliche Com-
munion unter beiderlei Geſtalt eintreten zu laſſen. Sie ward
mit aller möglichen Feierlichkeit vollzogen; die Stadt erhielt
eine vollkommen evangeliſche Organiſation; die Pfarre und
Superintendentur übernahm ein Zögling der Wittenberger
Schule, Doctor Nopp.

Zwar ließen es die Herzoge von Baiern hierauf bei dem
bloßen Widerſpruch nicht bewenden: durch ein förmliches Land-
gebot unterſagten ſie ihren Unterthanen den Verkehr mit Re-
gensburg, erſchwerten auch wohl ſonſt die Zufuhr zu Waſ-
ſer und zu Lande; allein einigen Abbruch ließ man ſich in
Regensburg ſchon gefallen, 2 und zu ernſtlichen Maaßregeln
durften die Herzoge ſchon aus Rückſicht auf Öſtreich, das
es nicht geduldet haben würde, nicht ſchreiten.

Eben ſo wenig gelang es denſelben, den Übertritt ihrer
Vettern und Nachbarn von der Pfalz zu verhindern.

Schon früher war in der Oberpfalz durch förmlichen
Landtagsabſchied zu Amberg erlaubt worden, evangeliſche Pre-
diger anzunehmen, und allenthalben war es geſchehen. Jetzt
ſchritt man auch in der jungen Pfalz dazu.

Wie Dr Forſter von Nürnberg den neuen Ritus zu

1 Gemeiner Geſchichte der Kirchenreformation in Regensburg
125 — 131.
2 Der Reichstagsgeſandte Dr Hiltner ſoll geſagt haben, es
komme nicht ſo viel darauf an, ob fuͤr ein paar Pfennig weniger
Buttermilch an der Heubart (dem Victualienmarkt) feil ſey.
21*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0335" n="323"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Reformation in <placeName>Regensburg</placeName></hi>.</fw><lb/>
Ge&#x017F;talt erklärte der Rath, daß er damit bereits be&#x017F;chäftigt<lb/>
&#x017F;ey; <note place="foot" n="1">Gemeiner Ge&#x017F;chichte der Kirchenreformation in <placeName>Regensburg</placeName><lb/>
125 &#x2014; 131.</note> endlich, am 13ten October ward vom äußern und in-<lb/>
nern Rath &#x017F;ammt dem Aus&#x017F;chuß der Bürger&#x017F;chaft, in Ge-<lb/>
genwart des Reichshauptmanns und mit de&#x017F;&#x017F;en Einwilligung<lb/>
der Be&#x017F;chluß gefaßt, den folgenden Tag die öffentliche Com-<lb/>
munion unter beiderlei Ge&#x017F;talt eintreten zu la&#x017F;&#x017F;en. Sie ward<lb/>
mit aller möglichen Feierlichkeit vollzogen; die Stadt erhielt<lb/>
eine vollkommen evangeli&#x017F;che Organi&#x017F;ation; die Pfarre und<lb/>
Superintendentur übernahm ein Zögling der Wittenberger<lb/>
Schule, Doctor <persName ref="http://d-nb.info/gnd/104155582">Nopp</persName>.</p><lb/>
          <p>Zwar ließen es die Herzoge von <placeName>Baiern</placeName> hierauf bei dem<lb/>
bloßen Wider&#x017F;pruch nicht bewenden: durch ein förmliches Land-<lb/>
gebot unter&#x017F;agten &#x017F;ie ihren Unterthanen den Verkehr mit <placeName>Re-<lb/>
gensburg</placeName>, er&#x017F;chwerten auch wohl &#x017F;on&#x017F;t die Zufuhr zu Wa&#x017F;-<lb/>
&#x017F;er und zu Lande; allein einigen Abbruch ließ man &#x017F;ich in<lb/><placeName>Regensburg</placeName> &#x017F;chon gefallen, <note place="foot" n="2">Der Reichstagsge&#x017F;andte Dr <persName ref="nognd">Hiltner</persName> &#x017F;oll ge&#x017F;agt haben, es<lb/>
komme nicht &#x017F;o viel darauf an, ob fu&#x0364;r ein paar Pfennig weniger<lb/>
Buttermilch an der Heubart (dem Victualienmarkt) feil &#x017F;ey.</note> und zu ern&#x017F;tlichen Maaßregeln<lb/>
durften die Herzoge &#x017F;chon aus Rück&#x017F;icht auf <placeName>Ö&#x017F;treich</placeName>, das<lb/>
es nicht geduldet haben würde, nicht &#x017F;chreiten.</p><lb/>
          <p>Eben &#x017F;o wenig gelang es den&#x017F;elben, den Übertritt ihrer<lb/>
Vettern und Nachbarn von der <placeName>Pfalz</placeName> zu verhindern.</p><lb/>
          <p>Schon früher war in der <placeName>Oberpfalz</placeName> durch förmlichen<lb/>
Landtagsab&#x017F;chied zu <placeName>Amberg</placeName> erlaubt worden, evangeli&#x017F;che Pre-<lb/>
diger anzunehmen, und allenthalben war es ge&#x017F;chehen. Jetzt<lb/>
&#x017F;chritt man auch in der <placeName>jungen Pfalz</placeName> dazu.</p><lb/>
          <p>Wie Dr <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11895623X">For&#x017F;ter von Nürnberg</persName> den neuen Ritus zu<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">21*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0335] Reformation in Regensburg. Geſtalt erklärte der Rath, daß er damit bereits beſchäftigt ſey; 1 endlich, am 13ten October ward vom äußern und in- nern Rath ſammt dem Ausſchuß der Bürgerſchaft, in Ge- genwart des Reichshauptmanns und mit deſſen Einwilligung der Beſchluß gefaßt, den folgenden Tag die öffentliche Com- munion unter beiderlei Geſtalt eintreten zu laſſen. Sie ward mit aller möglichen Feierlichkeit vollzogen; die Stadt erhielt eine vollkommen evangeliſche Organiſation; die Pfarre und Superintendentur übernahm ein Zögling der Wittenberger Schule, Doctor Nopp. Zwar ließen es die Herzoge von Baiern hierauf bei dem bloßen Widerſpruch nicht bewenden: durch ein förmliches Land- gebot unterſagten ſie ihren Unterthanen den Verkehr mit Re- gensburg, erſchwerten auch wohl ſonſt die Zufuhr zu Waſ- ſer und zu Lande; allein einigen Abbruch ließ man ſich in Regensburg ſchon gefallen, 2 und zu ernſtlichen Maaßregeln durften die Herzoge ſchon aus Rückſicht auf Öſtreich, das es nicht geduldet haben würde, nicht ſchreiten. Eben ſo wenig gelang es denſelben, den Übertritt ihrer Vettern und Nachbarn von der Pfalz zu verhindern. Schon früher war in der Oberpfalz durch förmlichen Landtagsabſchied zu Amberg erlaubt worden, evangeliſche Pre- diger anzunehmen, und allenthalben war es geſchehen. Jetzt ſchritt man auch in der jungen Pfalz dazu. Wie Dr Forſter von Nürnberg den neuen Ritus zu 1 Gemeiner Geſchichte der Kirchenreformation in Regensburg 125 — 131. 2 Der Reichstagsgeſandte Dr Hiltner ſoll geſagt haben, es komme nicht ſo viel darauf an, ob fuͤr ein paar Pfennig weniger Buttermilch an der Heubart (dem Victualienmarkt) feil ſey. 21*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/335
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/335>, abgerufen am 25.11.2024.