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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Krieg mit Frankreich 1544.

Denn dazu, was viele Andere und auch der Dauphin
wünschten, daß man dem Kaiser eine Schlacht angeboten hätte,
war er auch unter diesen Umständen nicht zu bewegen. Seit
dem Tage von Pavia vermied er fast systematisch alle Feld-
schlachten. Er sagte wohl, der Verlust einer Schlacht werde
dem Kaiser nichts als ein Heer kosten, ihm aber vielleicht eine
Provinz oder das Reich. Es schien ihm genug, wenn die näch-
sten Orte, Lagny, Meaux und Ferte gehörig besetzt würden.

Und in der That: wenn Carl V sich rühmen konnte,
daß seit den Zeiten der Ottonen kein deutsches Heer so tief in
Frankreich vorgedrungen war, so war doch auch die Verle-
genheit nicht gering in die er sich damit gestürzt. Bei wei-
term Vorrücken hätte er ohne Zweifel in den ebengenannten
Plätzen besseren Widerstand gefunden als bisher. Selbst wenn
er diese genommen, wenn er Paris erobert hätte, wäre nicht
bei der Plünderung der Stadt die Auflösung des eigenen Hee-
res zu fürchten gewesen? Schon war es hie und da zwischen
Spaniern und Deutschen zu ernsten Händeln gekommen; der
Oberst der Landsknechte, Graf Fürstenberg, der sie in Ord-
nung zu halten wußte, war allzu rasch vorangehend, in Ge-
fangenschaft gerathen. Was einst in Rom geschehen war,
hätte sich in Paris wiederholen können; aber mit weit grö-
ßerer Gefahr. Das frische und unbesiegte Heer das in der
Nähe stand, würde nicht unverrichteter Dinge vor den Mauern
zurückgewichen seyn, wie dort der Herzog von Urbino.

Ohnehin dürfte man dem Kaiser nicht, nach dem Wort-
laut seiner Verträge mit England, die ernstliche Absicht zuschrei-
ben, Frankreich mit dieser Macht zu theilen, in dem alten
Sinn der Kriege Burgunds und Englands gegen Valois:

Krieg mit Frankreich 1544.

Denn dazu, was viele Andere und auch der Dauphin
wünſchten, daß man dem Kaiſer eine Schlacht angeboten hätte,
war er auch unter dieſen Umſtänden nicht zu bewegen. Seit
dem Tage von Pavia vermied er faſt ſyſtematiſch alle Feld-
ſchlachten. Er ſagte wohl, der Verluſt einer Schlacht werde
dem Kaiſer nichts als ein Heer koſten, ihm aber vielleicht eine
Provinz oder das Reich. Es ſchien ihm genug, wenn die näch-
ſten Orte, Lagny, Meaux und Ferte gehörig beſetzt würden.

Und in der That: wenn Carl V ſich rühmen konnte,
daß ſeit den Zeiten der Ottonen kein deutſches Heer ſo tief in
Frankreich vorgedrungen war, ſo war doch auch die Verle-
genheit nicht gering in die er ſich damit geſtürzt. Bei wei-
term Vorrücken hätte er ohne Zweifel in den ebengenannten
Plätzen beſſeren Widerſtand gefunden als bisher. Selbſt wenn
er dieſe genommen, wenn er Paris erobert hätte, wäre nicht
bei der Plünderung der Stadt die Auflöſung des eigenen Hee-
res zu fürchten geweſen? Schon war es hie und da zwiſchen
Spaniern und Deutſchen zu ernſten Händeln gekommen; der
Oberſt der Landsknechte, Graf Fürſtenberg, der ſie in Ord-
nung zu halten wußte, war allzu raſch vorangehend, in Ge-
fangenſchaft gerathen. Was einſt in Rom geſchehen war,
hätte ſich in Paris wiederholen können; aber mit weit grö-
ßerer Gefahr. Das friſche und unbeſiegte Heer das in der
Nähe ſtand, würde nicht unverrichteter Dinge vor den Mauern
zurückgewichen ſeyn, wie dort der Herzog von Urbino.

Ohnehin dürfte man dem Kaiſer nicht, nach dem Wort-
laut ſeiner Verträge mit England, die ernſtliche Abſicht zuſchrei-
ben, Frankreich mit dieſer Macht zu theilen, in dem alten
Sinn der Kriege Burgunds und Englands gegen Valois:

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[315/0327] Krieg mit Frankreich 1544. Denn dazu, was viele Andere und auch der Dauphin wünſchten, daß man dem Kaiſer eine Schlacht angeboten hätte, war er auch unter dieſen Umſtänden nicht zu bewegen. Seit dem Tage von Pavia vermied er faſt ſyſtematiſch alle Feld- ſchlachten. Er ſagte wohl, der Verluſt einer Schlacht werde dem Kaiſer nichts als ein Heer koſten, ihm aber vielleicht eine Provinz oder das Reich. Es ſchien ihm genug, wenn die näch- ſten Orte, Lagny, Meaux und Ferte gehörig beſetzt würden. Und in der That: wenn Carl V ſich rühmen konnte, daß ſeit den Zeiten der Ottonen kein deutſches Heer ſo tief in Frankreich vorgedrungen war, ſo war doch auch die Verle- genheit nicht gering in die er ſich damit geſtürzt. Bei wei- term Vorrücken hätte er ohne Zweifel in den ebengenannten Plätzen beſſeren Widerſtand gefunden als bisher. Selbſt wenn er dieſe genommen, wenn er Paris erobert hätte, wäre nicht bei der Plünderung der Stadt die Auflöſung des eigenen Hee- res zu fürchten geweſen? Schon war es hie und da zwiſchen Spaniern und Deutſchen zu ernſten Händeln gekommen; der Oberſt der Landsknechte, Graf Fürſtenberg, der ſie in Ord- nung zu halten wußte, war allzu raſch vorangehend, in Ge- fangenſchaft gerathen. Was einſt in Rom geſchehen war, hätte ſich in Paris wiederholen können; aber mit weit grö- ßerer Gefahr. Das friſche und unbeſiegte Heer das in der Nähe ſtand, würde nicht unverrichteter Dinge vor den Mauern zurückgewichen ſeyn, wie dort der Herzog von Urbino. Ohnehin dürfte man dem Kaiſer nicht, nach dem Wort- laut ſeiner Verträge mit England, die ernſtliche Abſicht zuſchrei- ben, Frankreich mit dieſer Macht zu theilen, in dem alten Sinn der Kriege Burgunds und Englands gegen Valois:

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 315. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/327>, abgerufen am 25.11.2024.