Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebentes Buch. Achtes Capitel.
ten, aus seinen und seines Bruders Erbkönigreichen und Lan-
den dazu eine ansehnliche Hülfe zu stellen.

Der Krieg den man gegen Frankreich unternahm, ward
nur als der erste Theil eines Türkenkriegs betrachtet.

Für den Kaiser freilich war er auch an und für sich
sehr dringend. Wir wissen welchen Vortheil die Franzosen
in den Niederlanden behaupteten. Noch in Speier liefen.
Nachrichten von einem bedeutenden Verlust ein, welchen der
Marchese Guasto gegen den tapfern französischen Adel, den
die Anwesenheit eines jungen muthigen Prinzen, des Herzogs
von Enghien, mit doppelter Schlachtbegier erfüllte, 1 bei Ce-
risole
in Piemont erlitten hatte. Der Kaiser sah, daß er
schon deshalb, um Italien zu retten, die Franzosen in ihrer
Heimath beschäftigen müsse.

Im Jahr 1540 war der Kaiser gekommen, um mit
Frankreich und dem Papst im Bunde England und die deut-
schen Protestanten anzugreifen: im Jahr 1544 zog er mit
Engländern und Protestanten wider Frankreich, das mit dem
Papst in dem besten Vernehmen stand.

Das Heer das der Kaiser ins Feld führte, war dieß
Mal fast durchaus ein deutsches. Es bestand aus 3300
oberdeutschen Reitern, welche die älteste und die jüngste Waffe,
den Streithammer und das Pistol zugleich führten, 4 gro-
ßen Regimentern oberdeutschen Fußvolks, das größte unter
Graf Wilhelm von Fürstenberg, zusammen über 20000 M.
stark, und einer stattlichen Schaar niederdeutscher Truppen,
2000 M. z. Pf., 5500 M. z. F. Italiener waren nicht viel

1 Vieilleville Memoires: Coll univ. XXVIII, 276.

Siebentes Buch. Achtes Capitel.
ten, aus ſeinen und ſeines Bruders Erbkönigreichen und Lan-
den dazu eine anſehnliche Hülfe zu ſtellen.

Der Krieg den man gegen Frankreich unternahm, ward
nur als der erſte Theil eines Türkenkriegs betrachtet.

Für den Kaiſer freilich war er auch an und für ſich
ſehr dringend. Wir wiſſen welchen Vortheil die Franzoſen
in den Niederlanden behaupteten. Noch in Speier liefen.
Nachrichten von einem bedeutenden Verluſt ein, welchen der
Marcheſe Guaſto gegen den tapfern franzöſiſchen Adel, den
die Anweſenheit eines jungen muthigen Prinzen, des Herzogs
von Enghien, mit doppelter Schlachtbegier erfüllte, 1 bei Ce-
riſole
in Piemont erlitten hatte. Der Kaiſer ſah, daß er
ſchon deshalb, um Italien zu retten, die Franzoſen in ihrer
Heimath beſchäftigen müſſe.

Im Jahr 1540 war der Kaiſer gekommen, um mit
Frankreich und dem Papſt im Bunde England und die deut-
ſchen Proteſtanten anzugreifen: im Jahr 1544 zog er mit
Engländern und Proteſtanten wider Frankreich, das mit dem
Papſt in dem beſten Vernehmen ſtand.

Das Heer das der Kaiſer ins Feld führte, war dieß
Mal faſt durchaus ein deutſches. Es beſtand aus 3300
oberdeutſchen Reitern, welche die älteſte und die jüngſte Waffe,
den Streithammer und das Piſtol zugleich führten, 4 gro-
ßen Regimentern oberdeutſchen Fußvolks, das größte unter
Graf Wilhelm von Fürſtenberg, zuſammen über 20000 M.
ſtark, und einer ſtattlichen Schaar niederdeutſcher Truppen,
2000 M. z. Pf., 5500 M. z. F. Italiener waren nicht viel

1 Vieilleville Mémoires: Coll univ. XXVIII, 276.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0322" n="310"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Achtes Capitel</hi>.</fw><lb/>
ten, aus &#x017F;einen und &#x017F;eines Bruders Erbkönigreichen und Lan-<lb/>
den dazu eine an&#x017F;ehnliche Hülfe zu &#x017F;tellen.</p><lb/>
          <p>Der Krieg den man gegen <placeName>Frankreich</placeName> unternahm, ward<lb/>
nur als der er&#x017F;te Theil eines Türkenkriegs betrachtet.</p><lb/>
          <p>Für den Kai&#x017F;er freilich war er auch an und für &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;ehr dringend. Wir wi&#x017F;&#x017F;en welchen Vortheil die Franzo&#x017F;en<lb/>
in den <placeName>Niederlanden</placeName> behaupteten. Noch in <placeName>Speier</placeName> liefen.<lb/>
Nachrichten von einem bedeutenden Verlu&#x017F;t ein, welchen der<lb/>
Marche&#x017F;e <persName ref="http://d-nb.info/gnd/130169676">Gua&#x017F;to</persName> gegen den tapfern franzö&#x017F;i&#x017F;chen Adel, den<lb/>
die Anwe&#x017F;enheit eines jungen muthigen Prinzen, des Herzogs<lb/>
von <placeName>Enghien</placeName>, mit doppelter Schlachtbegier erfüllte, <note place="foot" n="1"><persName ref="http://d-nb.info/gnd/124900984 ">Vieilleville</persName><hi rendition="#aq">Mémoires: Coll univ. XXVIII,</hi> 276.</note> bei <placeName>Ce-<lb/>
ri&#x017F;ole</placeName> in <placeName>Piemont</placeName> erlitten hatte. Der Kai&#x017F;er &#x017F;ah, daß er<lb/>
&#x017F;chon deshalb, um <placeName>Italien</placeName> zu retten, die Franzo&#x017F;en in ihrer<lb/>
Heimath be&#x017F;chäftigen mü&#x017F;&#x017F;e.</p><lb/>
          <p>Im Jahr 1540 war der Kai&#x017F;er gekommen, um mit<lb/><placeName>Frankreich</placeName> und dem Pap&#x017F;t im Bunde <placeName>England</placeName> und die deut-<lb/>
&#x017F;chen Prote&#x017F;tanten anzugreifen: im Jahr 1544 zog er mit<lb/>
Engländern und Prote&#x017F;tanten wider <placeName>Frankreich</placeName>, das mit dem<lb/>
Pap&#x017F;t in dem be&#x017F;ten Vernehmen &#x017F;tand.</p><lb/>
          <p>Das Heer das der Kai&#x017F;er ins Feld führte, war dieß<lb/>
Mal fa&#x017F;t durchaus ein deut&#x017F;ches. Es be&#x017F;tand aus 3300<lb/>
oberdeut&#x017F;chen Reitern, welche die älte&#x017F;te und die jüng&#x017F;te Waffe,<lb/>
den Streithammer und das Pi&#x017F;tol zugleich führten, 4 gro-<lb/>
ßen Regimentern oberdeut&#x017F;chen Fußvolks, das größte unter<lb/>
Graf <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119678837">Wilhelm von Für&#x017F;tenberg</persName>, zu&#x017F;ammen über 20000 M.<lb/>
&#x017F;tark, und einer &#x017F;tattlichen Schaar niederdeut&#x017F;cher Truppen,<lb/>
2000 M. z. Pf., 5500 M. z. F. Italiener waren nicht viel<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[310/0322] Siebentes Buch. Achtes Capitel. ten, aus ſeinen und ſeines Bruders Erbkönigreichen und Lan- den dazu eine anſehnliche Hülfe zu ſtellen. Der Krieg den man gegen Frankreich unternahm, ward nur als der erſte Theil eines Türkenkriegs betrachtet. Für den Kaiſer freilich war er auch an und für ſich ſehr dringend. Wir wiſſen welchen Vortheil die Franzoſen in den Niederlanden behaupteten. Noch in Speier liefen. Nachrichten von einem bedeutenden Verluſt ein, welchen der Marcheſe Guaſto gegen den tapfern franzöſiſchen Adel, den die Anweſenheit eines jungen muthigen Prinzen, des Herzogs von Enghien, mit doppelter Schlachtbegier erfüllte, 1 bei Ce- riſole in Piemont erlitten hatte. Der Kaiſer ſah, daß er ſchon deshalb, um Italien zu retten, die Franzoſen in ihrer Heimath beſchäftigen müſſe. Im Jahr 1540 war der Kaiſer gekommen, um mit Frankreich und dem Papſt im Bunde England und die deut- ſchen Proteſtanten anzugreifen: im Jahr 1544 zog er mit Engländern und Proteſtanten wider Frankreich, das mit dem Papſt in dem beſten Vernehmen ſtand. Das Heer das der Kaiſer ins Feld führte, war dieß Mal faſt durchaus ein deutſches. Es beſtand aus 3300 oberdeutſchen Reitern, welche die älteſte und die jüngſte Waffe, den Streithammer und das Piſtol zugleich führten, 4 gro- ßen Regimentern oberdeutſchen Fußvolks, das größte unter Graf Wilhelm von Fürſtenberg, zuſammen über 20000 M. ſtark, und einer ſtattlichen Schaar niederdeutſcher Truppen, 2000 M. z. Pf., 5500 M. z. F. Italiener waren nicht viel 1 Vieilleville Mémoires: Coll univ. XXVIII, 276.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/322
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/322>, abgerufen am 25.11.2024.