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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Achtes Capitel.
selbst so lange gestrebt. In Venlo versammelten sich die
vier Freiherrn, die Ritterschaft nach ihren vier Quartieren,
die Abgeordneten der Städte; nachdem sie der Herzog von
der ihm geleisteten Pflicht befreit, sprachen sie ihn von den
Zusagen und Verträgen los, durch die er sich ihnen verbun-
den. Dagegen nahm sie der Kaiser, als rechter Erbe und
Herr, kraft der Belehnungen die seinen Voreltern von dem
römischen Reich geschehen, in seine Unterthänigkeit auf und
gelobte die Lande bei ihren Keuren und Gerechtigkeiten, die
Stände bei ihren Freiheiten, Rechten, Brief und Siegel zu
handhaben. 1 Zu seinem Verweser ernannte er den Prinzen
von Oranien, Statthalter in Holland.

Der Kaiser glaubte es als einen Beweis seiner Gnade
betrachten zu dürfen, daß er dem Herzog seine übrigen Län-
der auch nur wieder zurück gab. Die Protestanten mußten
zusehen, daß der mächtige Fürst, der schon auf dem besten
Wege war ganz zu ihnen überzutreten, jetzt im Gegentheil
verpflichtet wurde, nicht allein keine neuen Veränderungen in
der Religion zu versuchen, sondern auch die schon geschehe-
nen wieder zurückzunehmen.

Und nun, des unbequemsten seiner Feinde entledigt,
säumte der Kaiser nicht, gegen den mächtigsten derselben, den
König von Frankreich, der ihn in diese Gefahren gebracht,
den alten Kampf zu erneuern.

Er hatte dabei das Glück, wie in den Tagen seiner
Jugend, England auf seine Seite zu ziehen.

Alle Motive der Politik zu entwickeln die König Hein-
rich VIII
seit jener Zeit befolgt hatte, wo der Kaiser im Bund

1 Tractaet van Verzoening, bei Du Mont IV, ii, 264.

Siebentes Buch. Achtes Capitel.
ſelbſt ſo lange geſtrebt. In Venlo verſammelten ſich die
vier Freiherrn, die Ritterſchaft nach ihren vier Quartieren,
die Abgeordneten der Städte; nachdem ſie der Herzog von
der ihm geleiſteten Pflicht befreit, ſprachen ſie ihn von den
Zuſagen und Verträgen los, durch die er ſich ihnen verbun-
den. Dagegen nahm ſie der Kaiſer, als rechter Erbe und
Herr, kraft der Belehnungen die ſeinen Voreltern von dem
römiſchen Reich geſchehen, in ſeine Unterthänigkeit auf und
gelobte die Lande bei ihren Keuren und Gerechtigkeiten, die
Stände bei ihren Freiheiten, Rechten, Brief und Siegel zu
handhaben. 1 Zu ſeinem Verweſer ernannte er den Prinzen
von Oranien, Statthalter in Holland.

Der Kaiſer glaubte es als einen Beweis ſeiner Gnade
betrachten zu dürfen, daß er dem Herzog ſeine übrigen Län-
der auch nur wieder zurück gab. Die Proteſtanten mußten
zuſehen, daß der mächtige Fürſt, der ſchon auf dem beſten
Wege war ganz zu ihnen überzutreten, jetzt im Gegentheil
verpflichtet wurde, nicht allein keine neuen Veränderungen in
der Religion zu verſuchen, ſondern auch die ſchon geſchehe-
nen wieder zurückzunehmen.

Und nun, des unbequemſten ſeiner Feinde entledigt,
ſäumte der Kaiſer nicht, gegen den mächtigſten derſelben, den
König von Frankreich, der ihn in dieſe Gefahren gebracht,
den alten Kampf zu erneuern.

Er hatte dabei das Glück, wie in den Tagen ſeiner
Jugend, England auf ſeine Seite zu ziehen.

Alle Motive der Politik zu entwickeln die König Hein-
rich VIII
ſeit jener Zeit befolgt hatte, wo der Kaiſer im Bund

1 Tractaet van Verzoening, bei Du Mont IV, ii, 264.
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[296/0308] Siebentes Buch. Achtes Capitel. ſelbſt ſo lange geſtrebt. In Venlo verſammelten ſich die vier Freiherrn, die Ritterſchaft nach ihren vier Quartieren, die Abgeordneten der Städte; nachdem ſie der Herzog von der ihm geleiſteten Pflicht befreit, ſprachen ſie ihn von den Zuſagen und Verträgen los, durch die er ſich ihnen verbun- den. Dagegen nahm ſie der Kaiſer, als rechter Erbe und Herr, kraft der Belehnungen die ſeinen Voreltern von dem römiſchen Reich geſchehen, in ſeine Unterthänigkeit auf und gelobte die Lande bei ihren Keuren und Gerechtigkeiten, die Stände bei ihren Freiheiten, Rechten, Brief und Siegel zu handhaben. 1 Zu ſeinem Verweſer ernannte er den Prinzen von Oranien, Statthalter in Holland. Der Kaiſer glaubte es als einen Beweis ſeiner Gnade betrachten zu dürfen, daß er dem Herzog ſeine übrigen Län- der auch nur wieder zurück gab. Die Proteſtanten mußten zuſehen, daß der mächtige Fürſt, der ſchon auf dem beſten Wege war ganz zu ihnen überzutreten, jetzt im Gegentheil verpflichtet wurde, nicht allein keine neuen Veränderungen in der Religion zu verſuchen, ſondern auch die ſchon geſchehe- nen wieder zurückzunehmen. Und nun, des unbequemſten ſeiner Feinde entledigt, ſäumte der Kaiſer nicht, gegen den mächtigſten derſelben, den König von Frankreich, der ihn in dieſe Gefahren gebracht, den alten Kampf zu erneuern. Er hatte dabei das Glück, wie in den Tagen ſeiner Jugend, England auf ſeine Seite zu ziehen. Alle Motive der Politik zu entwickeln die König Hein- rich VIII ſeit jener Zeit befolgt hatte, wo der Kaiſer im Bund 1 Tractaet van Verzoening, bei Du Mont IV, ii, 264.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/308>, abgerufen am 22.11.2024.