ter der einzigen Bedingung der Rückgabe von Sittard. Der Herzog, durch sein bisheriges Glück und wie es scheint aus- drückliche Zusagen der Franzosen verführt, 1 verweigerte diese Bedingung und wies den Stillstand von sich.
Nichts konnte den Wünschen des Kaisers besser entge- gen kommen.
Wenn er überlegte, welchen von seinen Feinden er zuerst angreifen solle, so stellte sich ihm vor allen der Herzog von Cleve dar. Keiner war ihm so verhaßt, als der Blutsver- wandte und Reichsvasall, der ihm ein Land vorzuenthalten wagte. Der hielt doch immer das Reich in Aufregung; er verschaffte Franz I die Hülfe deutscher Waffen; er machte einen Angriff von Dänemark zu Lande allererst möglich, und unterbrach das Gedeihen, die Ruhe und auch die Leistungen der Niederlande. Granvella sagte: "und wenn der Kaiser auf der andern Seite die Türken daher ziehen sähe, würde er sich doch zuerst gegen Cleve wenden." Gegen diesen Feind nun ließen ihm nunmehr die deutschen Fürsten freie Hand.
Der Churfürst von Sachsen versuchte höchstens noch einmal eine Fürbitte. Er bekam die Antwort, wenn er je den Herzog unterstützt, so solle das vergessen seyn: aber nun möge er sich auch nicht weiter in die Sache mischen: dann werde er einen gnädigen Kaiser haben, der sich als ein Bru- der gegen ihn zu halten gedenke. 2
Am 12 August fragte der sächsische Vicecanzler Burk- hard bei Granvella an, ob es kein Mittel gebe den Krieg zu
1"confirmatus Franci pecunia et literis:"Pontus Heuterus XI, xx.
2Francisci Burkhardi Relation was er uf habende sonderliche Instruction bei Hern Granvel ausgerichtet habe. (W. A.)
Siebentes Buch. Achtes Capitel.
ter der einzigen Bedingung der Rückgabe von Sittard. Der Herzog, durch ſein bisheriges Glück und wie es ſcheint aus- drückliche Zuſagen der Franzoſen verführt, 1 verweigerte dieſe Bedingung und wies den Stillſtand von ſich.
Nichts konnte den Wünſchen des Kaiſers beſſer entge- gen kommen.
Wenn er überlegte, welchen von ſeinen Feinden er zuerſt angreifen ſolle, ſo ſtellte ſich ihm vor allen der Herzog von Cleve dar. Keiner war ihm ſo verhaßt, als der Blutsver- wandte und Reichsvaſall, der ihm ein Land vorzuenthalten wagte. Der hielt doch immer das Reich in Aufregung; er verſchaffte Franz I die Hülfe deutſcher Waffen; er machte einen Angriff von Dänemark zu Lande allererſt möglich, und unterbrach das Gedeihen, die Ruhe und auch die Leiſtungen der Niederlande. Granvella ſagte: „und wenn der Kaiſer auf der andern Seite die Türken daher ziehen ſähe, würde er ſich doch zuerſt gegen Cleve wenden.“ Gegen dieſen Feind nun ließen ihm nunmehr die deutſchen Fürſten freie Hand.
Der Churfürſt von Sachſen verſuchte höchſtens noch einmal eine Fürbitte. Er bekam die Antwort, wenn er je den Herzog unterſtützt, ſo ſolle das vergeſſen ſeyn: aber nun möge er ſich auch nicht weiter in die Sache miſchen: dann werde er einen gnädigen Kaiſer haben, der ſich als ein Bru- der gegen ihn zu halten gedenke. 2
Am 12 Auguſt fragte der ſächſiſche Vicecanzler Burk- hard bei Granvella an, ob es kein Mittel gebe den Krieg zu
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2Francisci Burkhardi Relation was er uf habende ſonderliche Inſtruction bei Hern Granvel ausgerichtet habe. (W. A.)
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Siebentes Buch. Achtes Capitel.
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Herzog, durch ſein bisheriges Glück und wie es ſcheint aus-
drückliche Zuſagen der Franzoſen verführt, 1 verweigerte dieſe
Bedingung und wies den Stillſtand von ſich.
Nichts konnte den Wünſchen des Kaiſers beſſer entge-
gen kommen.
Wenn er überlegte, welchen von ſeinen Feinden er zuerſt
angreifen ſolle, ſo ſtellte ſich ihm vor allen der Herzog von
Cleve dar. Keiner war ihm ſo verhaßt, als der Blutsver-
wandte und Reichsvaſall, der ihm ein Land vorzuenthalten
wagte. Der hielt doch immer das Reich in Aufregung; er
verſchaffte Franz I die Hülfe deutſcher Waffen; er machte
einen Angriff von Dänemark zu Lande allererſt möglich, und
unterbrach das Gedeihen, die Ruhe und auch die Leiſtungen
der Niederlande. Granvella ſagte: „und wenn der Kaiſer
auf der andern Seite die Türken daher ziehen ſähe, würde
er ſich doch zuerſt gegen Cleve wenden.“ Gegen dieſen Feind
nun ließen ihm nunmehr die deutſchen Fürſten freie Hand.
Der Churfürſt von Sachſen verſuchte höchſtens noch
einmal eine Fürbitte. Er bekam die Antwort, wenn er je
den Herzog unterſtützt, ſo ſolle das vergeſſen ſeyn: aber nun
möge er ſich auch nicht weiter in die Sache miſchen: dann
werde er einen gnädigen Kaiſer haben, der ſich als ein Bru-
der gegen ihn zu halten gedenke. 2
Am 12 Auguſt fragte der ſächſiſche Vicecanzler Burk-
hard bei Granvella an, ob es kein Mittel gebe den Krieg zu
1 „confirmatus Franci pecunia et literis:“ Pontus Heuterus
XI, xx.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/304>, abgerufen am 25.07.2024.
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