gegen kündige er an, daß sie, wenn sie im Krieg umkom- men, ewig verdammt seyn werden." Er wandte sich an die Mannschaften im Felde und forderte sie auf, den unfriedfer- tigen Fürsten zu verlassen. 1
Und in diesem Augenblick erschien auch bereits Land- graf Philipp, der noch nicht recht versöhnt weder mit Johann Friedrich noch mit Luther, doch unmöglich den Ausbruch ei- ner Fehde unter seinen nächsten Verbündeten und Freunden dulden konnte. Hatte Luther die großen Verhältnisse vor Augen gestellt, gegen welche die Irrung anstieß, so lag dem Landgrafen das Amt ob, diese selber nun in ihren kleinen Beziehungen auszutragen. Es ward ihm schwer genug: er sagt einmal, er sey dabei lebendig im Fegfeuer; aber end- lich gelang es ihm doch. Es ward eine Abkunft geschlos- sen, nach welcher Wurzen dem Bischof zurückgegeben, aber dessen Verpflichtung, seine Türkensteuer zur Hälfte dem einen, zur Hälfte dem andern Fürsten zu überliefern, ausdrücklicher als jemals festgestellt ward. Beiden Linien sollte die Hoheit im Bisthum gemeinschaftlich zustehn: sie sollten beide (wor- über viel gestritten ward) in den verschiedenen Ämtern des- selben den freien Durchzug haben; im Amt Wurzen sollte die Visitationsordnung des Churfürsten, im übrigen Stifte die des Herzogs beobachtet werden. 2
1 7 April D. W. V, 456. Bei allem Eifer drückt sich Luther doch sehr gemäßigt aus, wenn man sich erinnert, daß er im Grunde den meißnischen Adel, "genus hominum superbia luxu libidine ava- ritia usura impietate perditissimum," für den eigentlichen Urheber des Krieges hielt. S. Briefe vom 7, 12, 13, 19 April bei D. W. und Auszug des Briefes vom 12ten bei Langenn 141.
2 Vertrag Wurzen halber Montag nach Ostertag 1542 im weim. Arch., bei Du MontIV, ii, 226.
Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
gegen kündige er an, daß ſie, wenn ſie im Krieg umkom- men, ewig verdammt ſeyn werden.“ Er wandte ſich an die Mannſchaften im Felde und forderte ſie auf, den unfriedfer- tigen Fürſten zu verlaſſen. 1
Und in dieſem Augenblick erſchien auch bereits Land- graf Philipp, der noch nicht recht verſöhnt weder mit Johann Friedrich noch mit Luther, doch unmöglich den Ausbruch ei- ner Fehde unter ſeinen nächſten Verbündeten und Freunden dulden konnte. Hatte Luther die großen Verhältniſſe vor Augen geſtellt, gegen welche die Irrung anſtieß, ſo lag dem Landgrafen das Amt ob, dieſe ſelber nun in ihren kleinen Beziehungen auszutragen. Es ward ihm ſchwer genug: er ſagt einmal, er ſey dabei lebendig im Fegfeuer; aber end- lich gelang es ihm doch. Es ward eine Abkunft geſchloſ- ſen, nach welcher Wurzen dem Biſchof zurückgegeben, aber deſſen Verpflichtung, ſeine Türkenſteuer zur Hälfte dem einen, zur Hälfte dem andern Fürſten zu überliefern, ausdrücklicher als jemals feſtgeſtellt ward. Beiden Linien ſollte die Hoheit im Bisthum gemeinſchaftlich zuſtehn: ſie ſollten beide (wor- über viel geſtritten ward) in den verſchiedenen Ämtern deſ- ſelben den freien Durchzug haben; im Amt Wurzen ſollte die Viſitationsordnung des Churfürſten, im übrigen Stifte die des Herzogs beobachtet werden. 2
1 7 April D. W. V, 456. Bei allem Eifer druͤckt ſich Luther doch ſehr gemaͤßigt aus, wenn man ſich erinnert, daß er im Grunde den meißniſchen Adel, „genus hominum superbia luxu libidine ava- ritia usura impietate perditissimum,“ fuͤr den eigentlichen Urheber des Krieges hielt. S. Briefe vom 7, 12, 13, 19 April bei D. W. und Auszug des Briefes vom 12ten bei Langenn 141.
2 Vertrag Wurzen halber Montag nach Oſtertag 1542 im weim. Arch., bei Du MontIV, ii, 226.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0286"n="274"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Siebentes Buch. Siebentes Capitel</hi>.</fw><lb/>
gegen kündige er an, daß ſie, wenn ſie im Krieg umkom-<lb/>
men, ewig verdammt ſeyn werden.“ Er wandte ſich an die<lb/>
Mannſchaften im Felde und forderte ſie auf, den unfriedfer-<lb/>
tigen Fürſten zu verlaſſen. <noteplace="foot"n="1">7 April D. W. <hirendition="#aq">V,</hi> 456. Bei allem Eifer druͤckt ſich <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118575449">Luther</persName><lb/>
doch ſehr gemaͤßigt aus, wenn man ſich erinnert, daß er im Grunde<lb/>
den meißniſchen Adel, <hirendition="#aq">„genus hominum superbia luxu libidine ava-<lb/>
ritia usura impietate perditissimum,“</hi> fuͤr den eigentlichen Urheber<lb/>
des Krieges hielt. S. Briefe vom 7, 12, 13, 19 April bei D. W.<lb/>
und Auszug des Briefes vom 12ten bei <persNameref="http://d-nb.info/gnd/116708077">Langenn</persName> 141.</note></p><lb/><p>Und in dieſem Augenblick erſchien auch bereits Land-<lb/>
graf <persNameref="http://d-nb.info/gnd/11859382X">Philipp</persName>, der noch nicht recht verſöhnt weder mit <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann<lb/>
Friedrich</persName> noch mit <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118575449">Luther</persName>, doch unmöglich den Ausbruch ei-<lb/>
ner Fehde unter ſeinen nächſten Verbündeten und Freunden<lb/>
dulden konnte. Hatte <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118575449">Luther</persName> die großen Verhältniſſe vor<lb/>
Augen geſtellt, gegen welche die Irrung anſtieß, ſo lag dem<lb/>
Landgrafen das Amt ob, dieſe ſelber nun in ihren kleinen<lb/>
Beziehungen auszutragen. Es ward ihm ſchwer genug: er<lb/>ſagt einmal, er ſey dabei lebendig im Fegfeuer; aber end-<lb/>
lich gelang es ihm doch. Es ward eine Abkunft geſchloſ-<lb/>ſen, nach welcher <placeName>Wurzen</placeName> dem Biſchof zurückgegeben, aber<lb/>
deſſen Verpflichtung, ſeine Türkenſteuer zur Hälfte dem einen,<lb/>
zur Hälfte dem andern Fürſten zu überliefern, ausdrücklicher<lb/>
als jemals feſtgeſtellt ward. Beiden Linien ſollte die Hoheit<lb/>
im Bisthum gemeinſchaftlich zuſtehn: ſie ſollten beide (wor-<lb/>
über viel geſtritten ward) in den verſchiedenen Ämtern deſ-<lb/>ſelben den freien Durchzug haben; im Amt <placeName>Wurzen</placeName>ſollte<lb/>
die Viſitationsordnung des Churfürſten, im übrigen Stifte<lb/>
die des Herzogs beobachtet werden. <noteplace="foot"n="2">Vertrag <placeName>Wurzen</placeName> halber Montag nach Oſtertag 1542 im<lb/>
weim. Arch., bei <persNameref="http://d-nb.info/gnd/124332269">Du Mont</persName><hirendition="#aq">IV, <hirendition="#k">ii</hi>,</hi> 226.</note></p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[274/0286]
Siebentes Buch. Siebentes Capitel.
gegen kündige er an, daß ſie, wenn ſie im Krieg umkom-
men, ewig verdammt ſeyn werden.“ Er wandte ſich an die
Mannſchaften im Felde und forderte ſie auf, den unfriedfer-
tigen Fürſten zu verlaſſen. 1
Und in dieſem Augenblick erſchien auch bereits Land-
graf Philipp, der noch nicht recht verſöhnt weder mit Johann
Friedrich noch mit Luther, doch unmöglich den Ausbruch ei-
ner Fehde unter ſeinen nächſten Verbündeten und Freunden
dulden konnte. Hatte Luther die großen Verhältniſſe vor
Augen geſtellt, gegen welche die Irrung anſtieß, ſo lag dem
Landgrafen das Amt ob, dieſe ſelber nun in ihren kleinen
Beziehungen auszutragen. Es ward ihm ſchwer genug: er
ſagt einmal, er ſey dabei lebendig im Fegfeuer; aber end-
lich gelang es ihm doch. Es ward eine Abkunft geſchloſ-
ſen, nach welcher Wurzen dem Biſchof zurückgegeben, aber
deſſen Verpflichtung, ſeine Türkenſteuer zur Hälfte dem einen,
zur Hälfte dem andern Fürſten zu überliefern, ausdrücklicher
als jemals feſtgeſtellt ward. Beiden Linien ſollte die Hoheit
im Bisthum gemeinſchaftlich zuſtehn: ſie ſollten beide (wor-
über viel geſtritten ward) in den verſchiedenen Ämtern deſ-
ſelben den freien Durchzug haben; im Amt Wurzen ſollte
die Viſitationsordnung des Churfürſten, im übrigen Stifte
die des Herzogs beobachtet werden. 2
1 7 April D. W. V, 456. Bei allem Eifer druͤckt ſich Luther
doch ſehr gemaͤßigt aus, wenn man ſich erinnert, daß er im Grunde
den meißniſchen Adel, „genus hominum superbia luxu libidine ava-
ritia usura impietate perditissimum,“ fuͤr den eigentlichen Urheber
des Krieges hielt. S. Briefe vom 7, 12, 13, 19 April bei D. W.
und Auszug des Briefes vom 12ten bei Langenn 141.
2 Vertrag Wurzen halber Montag nach Oſtertag 1542 im
weim. Arch., bei Du Mont IV, ii, 226.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/286>, abgerufen am 25.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.