Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Fehde von Wurzen.
über die bischöfliche Verwaltung; ihnen ward die Heeres-
folge geleistet, wie z. B. im Bauernkriege: man beobachtete
ihre Landesordnungen. Allein sie mußten, wie an vielen an-
dern Stellen, auch hier Gegenwirkungen der in der Nähe
mächtigern Albertiner erfahren, und zwar um so mehr, seit-
dem die Religionsspaltung ausgebrochen, wo sich dann der
Bischof natürlicher Weise lieber an den katholischen Fürsten
hielt: Herzog Georg hatte unter andern in den letzten Jah-
ren die Türkensteuer auch von Wurzen eingebracht.

Nun war zwar nach dessen Ableben Herzog Heinrich
unter dem Einfluß Johann Friedrichs eingesetzt und befestigt
worden, -- nach dem Tode Heinrichs im J. 1541 hatte sich
Johann Friedrich auch um dessen Nachfolger Moritz ein gro-
ßes Verdienst erworben. Auf Antrieb seiner Gemahlin und sei-
nes allvermögenden Ministers Schönberg hatte nemlich Hein-
rich
ein Testament aufgesetzt, nach welchem das Land zwi-
schen seinen beiden Söhnen getheilt werden sollte. Eine selbst-
süchtige Politik würde hierin vielleicht die Gelegenheit gesehen
haben, sich über die gesonderten und daher schwächeren Stam-
mesvettern eine fortwährende Autorität zu sichern. In dem
ehrlichen Johann Friedrich kam aber ein Gedanke dieser Art
nicht auf: er trug vielmehr nach Kräften dazu bei, daß
Moritz in den Besitz des ungetheilten Landes gelangte. 1 Alle
das aber führte doch noch immer zu keinem vollständig gu-
ten Verhältniß: nicht einmal bei Heinrich, der z. B. sich der

1 Schreiben Johann Friedrichs an Philipp Dienstag in Pfing-
sten. Es war ein Testament zu Gunsten Augusts gemacht worden:
Johann Friedrich erzählt, er habe Moritz gewarnt, sich nach Dres-
den
zu begeben, wo er leicht verleitet werden könnte das Testament
anzunehmen. (W. A.)

Fehde von Wurzen.
über die biſchöfliche Verwaltung; ihnen ward die Heeres-
folge geleiſtet, wie z. B. im Bauernkriege: man beobachtete
ihre Landesordnungen. Allein ſie mußten, wie an vielen an-
dern Stellen, auch hier Gegenwirkungen der in der Nähe
mächtigern Albertiner erfahren, und zwar um ſo mehr, ſeit-
dem die Religionsſpaltung ausgebrochen, wo ſich dann der
Biſchof natürlicher Weiſe lieber an den katholiſchen Fürſten
hielt: Herzog Georg hatte unter andern in den letzten Jah-
ren die Türkenſteuer auch von Wurzen eingebracht.

Nun war zwar nach deſſen Ableben Herzog Heinrich
unter dem Einfluß Johann Friedrichs eingeſetzt und befeſtigt
worden, — nach dem Tode Heinrichs im J. 1541 hatte ſich
Johann Friedrich auch um deſſen Nachfolger Moritz ein gro-
ßes Verdienſt erworben. Auf Antrieb ſeiner Gemahlin und ſei-
nes allvermögenden Miniſters Schönberg hatte nemlich Hein-
rich
ein Teſtament aufgeſetzt, nach welchem das Land zwi-
ſchen ſeinen beiden Söhnen getheilt werden ſollte. Eine ſelbſt-
ſüchtige Politik würde hierin vielleicht die Gelegenheit geſehen
haben, ſich über die geſonderten und daher ſchwächeren Stam-
mesvettern eine fortwährende Autorität zu ſichern. In dem
ehrlichen Johann Friedrich kam aber ein Gedanke dieſer Art
nicht auf: er trug vielmehr nach Kräften dazu bei, daß
Moritz in den Beſitz des ungetheilten Landes gelangte. 1 Alle
das aber führte doch noch immer zu keinem vollſtändig gu-
ten Verhältniß: nicht einmal bei Heinrich, der z. B. ſich der

1 Schreiben Johann Friedrichs an Philipp Dienſtag in Pfing-
ſten. Es war ein Teſtament zu Gunſten Auguſts gemacht worden:
Johann Friedrich erzaͤhlt, er habe Moritz gewarnt, ſich nach Dres-
den
zu begeben, wo er leicht verleitet werden koͤnnte das Teſtament
anzunehmen. (W. A.)
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0283" n="271"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Fehde von <placeName>Wurzen</placeName></hi>.</fw><lb/>
über die bi&#x017F;chöfliche Verwaltung; ihnen ward die Heeres-<lb/>
folge gelei&#x017F;tet, wie z. B. im Bauernkriege: man beobachtete<lb/>
ihre Landesordnungen. Allein &#x017F;ie mußten, wie an vielen an-<lb/>
dern Stellen, auch hier Gegenwirkungen der in der Nähe<lb/>
mächtigern Albertiner erfahren, und zwar um &#x017F;o mehr, &#x017F;eit-<lb/>
dem die Religions&#x017F;paltung ausgebrochen, wo &#x017F;ich dann der<lb/>
Bi&#x017F;chof natürlicher Wei&#x017F;e lieber an den katholi&#x017F;chen Für&#x017F;ten<lb/>
hielt: Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118716921">Georg</persName> hatte unter andern in den letzten Jah-<lb/>
ren die Türken&#x017F;teuer auch von <placeName>Wurzen</placeName> eingebracht.</p><lb/>
          <p>Nun war zwar nach de&#x017F;&#x017F;en Ableben Herzog <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119024918">Heinrich</persName><lb/>
unter dem Einfluß <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrichs</persName> einge&#x017F;etzt und befe&#x017F;tigt<lb/>
worden, &#x2014; nach dem Tode <persName ref="http://d-nb.info/gnd/115821872">Heinrichs</persName> im J. 1541 hatte &#x017F;ich<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrich</persName> auch um de&#x017F;&#x017F;en Nachfolger <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118584138">Moritz</persName> ein gro-<lb/>
ßes Verdien&#x017F;t erworben. Auf Antrieb &#x017F;einer Gemahlin und &#x017F;ei-<lb/>
nes allvermögenden Mini&#x017F;ters <persName ref="http://d-nb.info/gnd/138186286">Schönberg</persName> hatte nemlich <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119024918">Hein-<lb/>
rich</persName> ein Te&#x017F;tament aufge&#x017F;etzt, nach welchem das Land zwi-<lb/>
&#x017F;chen &#x017F;einen beiden Söhnen getheilt werden &#x017F;ollte. Eine &#x017F;elb&#x017F;t-<lb/>
&#x017F;üchtige Politik würde hierin vielleicht die Gelegenheit ge&#x017F;ehen<lb/>
haben, &#x017F;ich über die ge&#x017F;onderten und daher &#x017F;chwächeren Stam-<lb/>
mesvettern eine fortwährende Autorität zu &#x017F;ichern. In dem<lb/>
ehrlichen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrich</persName> kam aber ein Gedanke die&#x017F;er Art<lb/>
nicht auf: er trug vielmehr nach Kräften dazu bei, daß<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118584138">Moritz</persName> in den Be&#x017F;itz des ungetheilten Landes gelangte. <note place="foot" n="1">Schreiben <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrichs</persName> an <persName ref="http://d-nb.info/gnd/11859382X">Philipp</persName> Dien&#x017F;tag in Pfing-<lb/>
&#x017F;ten. Es war ein Te&#x017F;tament zu Gun&#x017F;ten <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119458446">Augu&#x017F;ts</persName> gemacht worden:<lb/><persName ref="http://d-nb.info/gnd/118712373">Johann Friedrich</persName> erza&#x0364;hlt, er habe <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118584138">Moritz</persName> gewarnt, &#x017F;ich nach <placeName>Dres-<lb/>
den</placeName> zu begeben, wo er leicht verleitet werden ko&#x0364;nnte das Te&#x017F;tament<lb/>
anzunehmen. (W. A.)</note> Alle<lb/>
das aber führte doch noch immer zu keinem voll&#x017F;tändig gu-<lb/>
ten Verhältniß: nicht einmal bei <persName ref="http://d-nb.info/gnd/119024918">Heinrich</persName>, der z. B. &#x017F;ich der<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0283] Fehde von Wurzen. über die biſchöfliche Verwaltung; ihnen ward die Heeres- folge geleiſtet, wie z. B. im Bauernkriege: man beobachtete ihre Landesordnungen. Allein ſie mußten, wie an vielen an- dern Stellen, auch hier Gegenwirkungen der in der Nähe mächtigern Albertiner erfahren, und zwar um ſo mehr, ſeit- dem die Religionsſpaltung ausgebrochen, wo ſich dann der Biſchof natürlicher Weiſe lieber an den katholiſchen Fürſten hielt: Herzog Georg hatte unter andern in den letzten Jah- ren die Türkenſteuer auch von Wurzen eingebracht. Nun war zwar nach deſſen Ableben Herzog Heinrich unter dem Einfluß Johann Friedrichs eingeſetzt und befeſtigt worden, — nach dem Tode Heinrichs im J. 1541 hatte ſich Johann Friedrich auch um deſſen Nachfolger Moritz ein gro- ßes Verdienſt erworben. Auf Antrieb ſeiner Gemahlin und ſei- nes allvermögenden Miniſters Schönberg hatte nemlich Hein- rich ein Teſtament aufgeſetzt, nach welchem das Land zwi- ſchen ſeinen beiden Söhnen getheilt werden ſollte. Eine ſelbſt- ſüchtige Politik würde hierin vielleicht die Gelegenheit geſehen haben, ſich über die geſonderten und daher ſchwächeren Stam- mesvettern eine fortwährende Autorität zu ſichern. In dem ehrlichen Johann Friedrich kam aber ein Gedanke dieſer Art nicht auf: er trug vielmehr nach Kräften dazu bei, daß Moritz in den Beſitz des ungetheilten Landes gelangte. 1 Alle das aber führte doch noch immer zu keinem vollſtändig gu- ten Verhältniß: nicht einmal bei Heinrich, der z. B. ſich der 1 Schreiben Johann Friedrichs an Philipp Dienſtag in Pfing- ſten. Es war ein Teſtament zu Gunſten Auguſts gemacht worden: Johann Friedrich erzaͤhlt, er habe Moritz gewarnt, ſich nach Dres- den zu begeben, wo er leicht verleitet werden koͤnnte das Teſtament anzunehmen. (W. A.)

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/283
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/283>, abgerufen am 25.07.2024.