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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
neue mit einer nahmhaften Summe unterstützt, rückte das
Heer nach Pesth vor.

Joachim II hatte auf einige Unterstützung aus Ungarn
gerechnet: er wunderte sich daß sich Niemand für Ferdinand
rege. Alexius Thurzo sagte ihm, die alten Wunden der frü-
heren Feindseligkeit seyen noch nicht vernarbt. 1 Wenigstens
hätte das deutsche Heer erst einen entschiedenen Erfolg er-
fechten müssen.

Dazu aber war es in der That nicht fähig.

Im Felde war es Meister: einige Scharmützel fielen
günstig genug aus; auch ward in den Befestigungen von
Pesth Bresche geschossen. Als es nun aber (nachdem ein
erster Versuch mißlungen) zum ernstlichen Sturm kommen
sollte, weigerten sich die Landsknechte denselben anzutreten.
Sie fragten, ob man sie mit dem Sturm bezahlen wolle,
und machten Miene, Kriegsräthe und Pfennigmeister mit ihren
Wehren zu überziehen und in die Eisen zu schlagen: ja sie
drohten, sich an dem obersten Feldhauptmann, dem Churfür-
sten selbst zu vergreifen. 2

Es mag seyn, daß Joachim II keine besonderen mili-
tärischen Talente besaß: sein Character, wie wir ihn oben
wahrnahmen, sollte dieß fast von vorn herein vermuthen las-
sen: unter diesen Umständen, bei diesen Mängeln hätte aber
schwerlich auch der begabteste Anführer etwas ausgerichtet.

Nachdem er sich mit den Kriegsräthen noch einmal be-
sprochen und eine Winterbesatzung angeordnet, trat er den

1 Schreiben des Alexius Thurzo vom 26 Juli, Berl. Arch.
2 Schreiben des Churfürsten aus dem Lager gegen Ofen 27
Sept., 9 Oct. Die Nachrichten des Jovius sind ganz irrig.

Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
neue mit einer nahmhaften Summe unterſtützt, rückte das
Heer nach Peſth vor.

Joachim II hatte auf einige Unterſtützung aus Ungarn
gerechnet: er wunderte ſich daß ſich Niemand für Ferdinand
rege. Alexius Thurzo ſagte ihm, die alten Wunden der frü-
heren Feindſeligkeit ſeyen noch nicht vernarbt. 1 Wenigſtens
hätte das deutſche Heer erſt einen entſchiedenen Erfolg er-
fechten müſſen.

Dazu aber war es in der That nicht fähig.

Im Felde war es Meiſter: einige Scharmützel fielen
günſtig genug aus; auch ward in den Befeſtigungen von
Peſth Breſche geſchoſſen. Als es nun aber (nachdem ein
erſter Verſuch mißlungen) zum ernſtlichen Sturm kommen
ſollte, weigerten ſich die Landsknechte denſelben anzutreten.
Sie fragten, ob man ſie mit dem Sturm bezahlen wolle,
und machten Miene, Kriegsräthe und Pfennigmeiſter mit ihren
Wehren zu überziehen und in die Eiſen zu ſchlagen: ja ſie
drohten, ſich an dem oberſten Feldhauptmann, dem Churfür-
ſten ſelbſt zu vergreifen. 2

Es mag ſeyn, daß Joachim II keine beſonderen mili-
täriſchen Talente beſaß: ſein Character, wie wir ihn oben
wahrnahmen, ſollte dieß faſt von vorn herein vermuthen laſ-
ſen: unter dieſen Umſtänden, bei dieſen Mängeln hätte aber
ſchwerlich auch der begabteſte Anführer etwas ausgerichtet.

Nachdem er ſich mit den Kriegsräthen noch einmal be-
ſprochen und eine Winterbeſatzung angeordnet, trat er den

1 Schreiben des Alexius Thurzo vom 26 Juli, Berl. Arch.
2 Schreiben des Churfuͤrſten aus dem Lager gegen Ofen 27
Sept., 9 Oct. Die Nachrichten des Jovius ſind ganz irrig.
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[242/0254] Siebentes Buch. Sechstes Capitel. neue mit einer nahmhaften Summe unterſtützt, rückte das Heer nach Peſth vor. Joachim II hatte auf einige Unterſtützung aus Ungarn gerechnet: er wunderte ſich daß ſich Niemand für Ferdinand rege. Alexius Thurzo ſagte ihm, die alten Wunden der frü- heren Feindſeligkeit ſeyen noch nicht vernarbt. 1 Wenigſtens hätte das deutſche Heer erſt einen entſchiedenen Erfolg er- fechten müſſen. Dazu aber war es in der That nicht fähig. Im Felde war es Meiſter: einige Scharmützel fielen günſtig genug aus; auch ward in den Befeſtigungen von Peſth Breſche geſchoſſen. Als es nun aber (nachdem ein erſter Verſuch mißlungen) zum ernſtlichen Sturm kommen ſollte, weigerten ſich die Landsknechte denſelben anzutreten. Sie fragten, ob man ſie mit dem Sturm bezahlen wolle, und machten Miene, Kriegsräthe und Pfennigmeiſter mit ihren Wehren zu überziehen und in die Eiſen zu ſchlagen: ja ſie drohten, ſich an dem oberſten Feldhauptmann, dem Churfür- ſten ſelbſt zu vergreifen. 2 Es mag ſeyn, daß Joachim II keine beſonderen mili- täriſchen Talente beſaß: ſein Character, wie wir ihn oben wahrnahmen, ſollte dieß faſt von vorn herein vermuthen laſ- ſen: unter dieſen Umſtänden, bei dieſen Mängeln hätte aber ſchwerlich auch der begabteſte Anführer etwas ausgerichtet. Nachdem er ſich mit den Kriegsräthen noch einmal be- ſprochen und eine Winterbeſatzung angeordnet, trat er den 1 Schreiben des Alexius Thurzo vom 26 Juli, Berl. Arch. 2 Schreiben des Churfuͤrſten aus dem Lager gegen Ofen 27 Sept., 9 Oct. Die Nachrichten des Jovius ſind ganz irrig.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/254>, abgerufen am 24.11.2024.