Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

Bild:
<< vorherige Seite

Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
Schiffen geholt und aufgeschlagen waren, erhob sich ein
Sturm, der die Schiffe aus einander warf, und jener hef-
tige, kalte, mit Hagel gemischte Regen, der dort den Ein-
tritt der ungünstigen Jahreszeit bezeichnet. 1 Und in dem er-
schienen die leichten maurischen Reiter, als hätten sie diesen
Augenblick nur erwartet, im freien Felde und begannen ihre
Angriffe. Da war an keine Behauptung der Position, die
man weniger genommen als nehmen wollen, zu denken: selbst
die Hakenbüchsen waren unbrauchbar geworden; der Kaiser
mußte sich zuerst nach dem Cap Matafus, ungefähr 15 Mi-
glien entfernt, begeben, und da das Unwetter, wie es die
Jahreszeit mit sich brachte, anhielt, sich zur Rückkehr nach
Europa entschließen. 2 Der Kaiser meinte, wäre ihm nur
Zeit geblieben, die Landung vollständig zu bewerkstelligen, die
Stadt würde er unfehlbar erobert haben. Seine Begleiter
bestätigten dieß, aber sie fügten hinzu, wäre der Feind nur
ein wenig stärker gewesen, so würde von ihnen allen kein
Mann entkommen seyn. Auch die Rückreise wurde sehr
schwer. In Bugia, wohin man nur mit Mühe gelangte,
wurden feierliche Processionen gehalten, in denen der Kaiser
selbst einhergieng, um von der Gottheit wenigstens die Mög-
lichkeit zu erflehen, diese unheilvollen Gestade zu verlassen.
Es dauerte bis zum ersten Dezember, ehe Carl Carthagena
in seinen spanischen Königreichen erreichte. Hier gaben ihm
nun aber die Anfälle der Corsaren, die Bewegungen der Fran-
zosen und die Unterhandlungen mit den aragonesischen Cortes

1 Ein Schreiben des Kaisers an Mendoza aus seiner Galeere
2 Nov. nel Golfo di Matafusa. Lettere di principi III, p. 74.
2 Relation de l'expedition d'Alger. P. d'et. de Granv. II,
p.
615. Ich benutzte noch die Briefe des Florentiners Bandini, der
zugegen war.

Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
Schiffen geholt und aufgeſchlagen waren, erhob ſich ein
Sturm, der die Schiffe aus einander warf, und jener hef-
tige, kalte, mit Hagel gemiſchte Regen, der dort den Ein-
tritt der ungünſtigen Jahreszeit bezeichnet. 1 Und in dem er-
ſchienen die leichten mauriſchen Reiter, als hätten ſie dieſen
Augenblick nur erwartet, im freien Felde und begannen ihre
Angriffe. Da war an keine Behauptung der Poſition, die
man weniger genommen als nehmen wollen, zu denken: ſelbſt
die Hakenbüchſen waren unbrauchbar geworden; der Kaiſer
mußte ſich zuerſt nach dem Cap Matafus, ungefähr 15 Mi-
glien entfernt, begeben, und da das Unwetter, wie es die
Jahreszeit mit ſich brachte, anhielt, ſich zur Rückkehr nach
Europa entſchließen. 2 Der Kaiſer meinte, wäre ihm nur
Zeit geblieben, die Landung vollſtändig zu bewerkſtelligen, die
Stadt würde er unfehlbar erobert haben. Seine Begleiter
beſtätigten dieß, aber ſie fügten hinzu, wäre der Feind nur
ein wenig ſtärker geweſen, ſo würde von ihnen allen kein
Mann entkommen ſeyn. Auch die Rückreiſe wurde ſehr
ſchwer. In Bugia, wohin man nur mit Mühe gelangte,
wurden feierliche Proceſſionen gehalten, in denen der Kaiſer
ſelbſt einhergieng, um von der Gottheit wenigſtens die Mög-
lichkeit zu erflehen, dieſe unheilvollen Geſtade zu verlaſſen.
Es dauerte bis zum erſten Dezember, ehe Carl Carthagena
in ſeinen ſpaniſchen Königreichen erreichte. Hier gaben ihm
nun aber die Anfälle der Corſaren, die Bewegungen der Fran-
zoſen und die Unterhandlungen mit den aragoneſiſchen Cortes

1 Ein Schreiben des Kaiſers an Mendoza aus ſeiner Galeere
2 Nov. nel Golfo di Matafusa. Lettere di principi III, p. 74.
2 Relation de l’expédition d’Alger. P. d’ét. de Granv. II,
p.
615. Ich benutzte noch die Briefe des Florentiners Bandini, der
zugegen war.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0248" n="236"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Siebentes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/>
Schiffen geholt und aufge&#x017F;chlagen waren, erhob &#x017F;ich ein<lb/>
Sturm, der die Schiffe aus einander warf, und jener hef-<lb/>
tige, kalte, mit Hagel gemi&#x017F;chte Regen, der dort den Ein-<lb/>
tritt der ungün&#x017F;tigen Jahreszeit bezeichnet. <note place="foot" n="1">Ein Schreiben des Kai&#x017F;ers an <persName ref="http://id.loc.gov/authorities/names/no95024353">Mendoza</persName> aus &#x017F;einer Galeere<lb/>
2 Nov. <hi rendition="#aq">nel <placeName>Golfo di Matafusa</placeName>. Lettere di principi III, p.</hi> 74.</note> Und in dem er-<lb/>
&#x017F;chienen die leichten mauri&#x017F;chen Reiter, als hätten &#x017F;ie die&#x017F;en<lb/>
Augenblick nur erwartet, im freien Felde und begannen ihre<lb/>
Angriffe. Da war an keine Behauptung der Po&#x017F;ition, die<lb/>
man weniger genommen als nehmen wollen, zu denken: &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
die Hakenbüch&#x017F;en waren unbrauchbar geworden; der Kai&#x017F;er<lb/>
mußte &#x017F;ich zuer&#x017F;t nach dem <placeName>Cap Matafus</placeName>, ungefähr 15 Mi-<lb/>
glien entfernt, begeben, und da das Unwetter, wie es die<lb/>
Jahreszeit mit &#x017F;ich brachte, anhielt, &#x017F;ich zur Rückkehr nach<lb/><placeName>Europa</placeName> ent&#x017F;chließen. <note place="foot" n="2"><hi rendition="#aq">Relation de l&#x2019;expédition d&#x2019;<placeName>Alger</placeName>. P. d&#x2019;ét. de <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118718444">Granv.</persName> II,<lb/>
p.</hi> 615. Ich benutzte noch die Briefe des Florentiners <persName ref="nognd">Bandini</persName>, der<lb/>
zugegen war.</note> Der Kai&#x017F;er meinte, wäre ihm nur<lb/>
Zeit geblieben, die Landung voll&#x017F;tändig zu bewerk&#x017F;telligen, die<lb/>
Stadt würde er unfehlbar erobert haben. Seine Begleiter<lb/>
be&#x017F;tätigten dieß, aber &#x017F;ie fügten hinzu, wäre der Feind nur<lb/>
ein wenig &#x017F;tärker gewe&#x017F;en, &#x017F;o würde von ihnen allen kein<lb/>
Mann entkommen &#x017F;eyn. Auch die Rückrei&#x017F;e wurde &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;chwer. In <placeName>Bugia</placeName>, wohin man nur mit Mühe gelangte,<lb/>
wurden feierliche Proce&#x017F;&#x017F;ionen gehalten, in denen der Kai&#x017F;er<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t einhergieng, um von der Gottheit wenig&#x017F;tens die Mög-<lb/>
lichkeit zu erflehen, die&#x017F;e unheilvollen Ge&#x017F;tade zu verla&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Es dauerte bis zum er&#x017F;ten Dezember, ehe <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118560093">Carl</persName> <placeName>Carthagena</placeName><lb/>
in &#x017F;einen &#x017F;pani&#x017F;chen Königreichen erreichte. Hier gaben ihm<lb/>
nun aber die Anfälle der Cor&#x017F;aren, die Bewegungen der Fran-<lb/>
zo&#x017F;en und die Unterhandlungen mit den aragone&#x017F;i&#x017F;chen Cortes<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[236/0248] Siebentes Buch. Sechstes Capitel. Schiffen geholt und aufgeſchlagen waren, erhob ſich ein Sturm, der die Schiffe aus einander warf, und jener hef- tige, kalte, mit Hagel gemiſchte Regen, der dort den Ein- tritt der ungünſtigen Jahreszeit bezeichnet. 1 Und in dem er- ſchienen die leichten mauriſchen Reiter, als hätten ſie dieſen Augenblick nur erwartet, im freien Felde und begannen ihre Angriffe. Da war an keine Behauptung der Poſition, die man weniger genommen als nehmen wollen, zu denken: ſelbſt die Hakenbüchſen waren unbrauchbar geworden; der Kaiſer mußte ſich zuerſt nach dem Cap Matafus, ungefähr 15 Mi- glien entfernt, begeben, und da das Unwetter, wie es die Jahreszeit mit ſich brachte, anhielt, ſich zur Rückkehr nach Europa entſchließen. 2 Der Kaiſer meinte, wäre ihm nur Zeit geblieben, die Landung vollſtändig zu bewerkſtelligen, die Stadt würde er unfehlbar erobert haben. Seine Begleiter beſtätigten dieß, aber ſie fügten hinzu, wäre der Feind nur ein wenig ſtärker geweſen, ſo würde von ihnen allen kein Mann entkommen ſeyn. Auch die Rückreiſe wurde ſehr ſchwer. In Bugia, wohin man nur mit Mühe gelangte, wurden feierliche Proceſſionen gehalten, in denen der Kaiſer ſelbſt einhergieng, um von der Gottheit wenigſtens die Mög- lichkeit zu erflehen, dieſe unheilvollen Geſtade zu verlaſſen. Es dauerte bis zum erſten Dezember, ehe Carl Carthagena in ſeinen ſpaniſchen Königreichen erreichte. Hier gaben ihm nun aber die Anfälle der Corſaren, die Bewegungen der Fran- zoſen und die Unterhandlungen mit den aragoneſiſchen Cortes 1 Ein Schreiben des Kaiſers an Mendoza aus ſeiner Galeere 2 Nov. nel Golfo di Matafusa. Lettere di principi III, p. 74. 2 Relation de l’expédition d’Alger. P. d’ét. de Granv. II, p. 615. Ich benutzte noch die Briefe des Florentiners Bandini, der zugegen war.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/248
Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/248>, abgerufen am 27.11.2024.