seinem Gebrauch; die Gefangenen ließ er tödten; so gelangte er am 25sten August 1541 vor Ofen.
Bruder Georg und dessen Anhang meinten wohl, er werde verfahren wie früher, den Sohn anerkennen wie den Vater, und ihnen die Regierung des Landes ferner überlassen.
Ihre Klugheit aber ward hier von ihren Wünschen irre geführt. Suleiman hatte Ungarn längst als sein Eigenthum, auch den König-Woiwoden nur als seinen Statthalter be- trachtet. Daß dieser dennoch Gedanken an Selbständigkeit gehabt, hielt er für einen Treubruch und ein Verbrechen. Vergebens versprachen Bruder Georg und dessen Freunde, nach wie vor alles zu thun, was zu Diensten Seiner Maje- stät gereichte. Suleiman wußte besser daß sie an der Politik Johanns den größten Antheil gehabt. Am 29sten August 1541 erschienen auf sein Verlangen die ungarischen Edelleute aus Ofen mit dem jungen Prinzen in seinem Lager. Indem er ihnen erklärte, es sey nicht seine Meinung, eine feste Stadt wie Ofen in den Händen eines Weibes zu lassen, bemäch- tigten sich bereits seine Janitscharen derselben. Dann zog auch er daselbst ein, ließ die Kirche U. L. Frauen zur Mo- schee weihen, setzte einen Pascha von drei Roßschweifen ein und ordnete ein völlig osmanisches Regiment an. 1 Die Kö- nigin und der Prinz mußten zufrieden seyn, daß ihnen Sie- benbürgen überlassen ward, wo indeß die ferdinandeische Par- tei völlig unterdrückt worden war.
So gerieth der größte Theil von Ungarn endlich defini- tiv in die Hände der Türken. Die Barbarei machte eine Eroberung über die Welt der Cultur.
1 Erzählung des Andreas von Kamova (?) bei BucholtzIX, 319.
Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
ſeinem Gebrauch; die Gefangenen ließ er tödten; ſo gelangte er am 25ſten Auguſt 1541 vor Ofen.
Bruder Georg und deſſen Anhang meinten wohl, er werde verfahren wie früher, den Sohn anerkennen wie den Vater, und ihnen die Regierung des Landes ferner überlaſſen.
Ihre Klugheit aber ward hier von ihren Wünſchen irre geführt. Suleiman hatte Ungarn längſt als ſein Eigenthum, auch den König-Woiwoden nur als ſeinen Statthalter be- trachtet. Daß dieſer dennoch Gedanken an Selbſtändigkeit gehabt, hielt er für einen Treubruch und ein Verbrechen. Vergebens verſprachen Bruder Georg und deſſen Freunde, nach wie vor alles zu thun, was zu Dienſten Seiner Maje- ſtät gereichte. Suleiman wußte beſſer daß ſie an der Politik Johanns den größten Antheil gehabt. Am 29ſten Auguſt 1541 erſchienen auf ſein Verlangen die ungariſchen Edelleute aus Ofen mit dem jungen Prinzen in ſeinem Lager. Indem er ihnen erklärte, es ſey nicht ſeine Meinung, eine feſte Stadt wie Ofen in den Händen eines Weibes zu laſſen, bemäch- tigten ſich bereits ſeine Janitſcharen derſelben. Dann zog auch er daſelbſt ein, ließ die Kirche U. L. Frauen zur Mo- ſchee weihen, ſetzte einen Paſcha von drei Roßſchweifen ein und ordnete ein völlig osmaniſches Regiment an. 1 Die Kö- nigin und der Prinz mußten zufrieden ſeyn, daß ihnen Sie- benbürgen überlaſſen ward, wo indeß die ferdinandeiſche Par- tei völlig unterdrückt worden war.
So gerieth der größte Theil von Ungarn endlich defini- tiv in die Hände der Türken. Die Barbarei machte eine Eroberung über die Welt der Cultur.
1 Erzaͤhlung des Andreas von Kamova (?) bei BucholtzIX, 319.
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Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
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er am 25ſten Auguſt 1541 vor Ofen.
Bruder Georg und deſſen Anhang meinten wohl, er
werde verfahren wie früher, den Sohn anerkennen wie den
Vater, und ihnen die Regierung des Landes ferner überlaſſen.
Ihre Klugheit aber ward hier von ihren Wünſchen irre
geführt. Suleiman hatte Ungarn längſt als ſein Eigenthum,
auch den König-Woiwoden nur als ſeinen Statthalter be-
trachtet. Daß dieſer dennoch Gedanken an Selbſtändigkeit
gehabt, hielt er für einen Treubruch und ein Verbrechen.
Vergebens verſprachen Bruder Georg und deſſen Freunde,
nach wie vor alles zu thun, was zu Dienſten Seiner Maje-
ſtät gereichte. Suleiman wußte beſſer daß ſie an der Politik
Johanns den größten Antheil gehabt. Am 29ſten Auguſt
1541 erſchienen auf ſein Verlangen die ungariſchen Edelleute
aus Ofen mit dem jungen Prinzen in ſeinem Lager. Indem
er ihnen erklärte, es ſey nicht ſeine Meinung, eine feſte Stadt
wie Ofen in den Händen eines Weibes zu laſſen, bemäch-
tigten ſich bereits ſeine Janitſcharen derſelben. Dann zog
auch er daſelbſt ein, ließ die Kirche U. L. Frauen zur Mo-
ſchee weihen, ſetzte einen Paſcha von drei Roßſchweifen ein
und ordnete ein völlig osmaniſches Regiment an. 1 Die Kö-
nigin und der Prinz mußten zufrieden ſeyn, daß ihnen Sie-
benbürgen überlaſſen ward, wo indeß die ferdinandeiſche Par-
tei völlig unterdrückt worden war.
So gerieth der größte Theil von Ungarn endlich defini-
tiv in die Hände der Türken. Die Barbarei machte eine
Eroberung über die Welt der Cultur.
1 Erzaͤhlung des Andreas von Kamova (?) bei Bucholtz IX, 319.
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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/246>, abgerufen am 27.11.2024.
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