ben, so daß ihr ganzer Ehrgeiz sich an die künftige Größe desselben knüpfte: Peter Petrowitzsch, Valentin Török und jener verschlagene Mönch, Bruder Georg, der so viel zur Gründung dieser Regierung beigetragen, sie großentheils ge- leitet, und sie jetzt nicht wollte untergehen lassen. Sie er- kannten mit der Mehrheit des Adels die Witwe des Kö- nigs, Isabella, und ihr Kind als ihre Fürsten an.
Von Unterhandlungen, wie sie besonders von polnischen Gesandten versucht wurden, war da nicht viel zu erwarten.
Das wahre und einzige Mittel Ungarn zu gewinnen, hätte darin bestanden, daß Ferdinand an der Spitze eines mächtigen Heeres daselbst eingerückt wäre, die Gegner mit Hülfe der Freunde erdrückt und sich stark genug gezeigt hätte, die Einen und die Andern vor den Türken zu beschützen. Unter der Bedingung dieses Schutzes versprach ihm Sieben- bürgen Gehorsam: es regte sich selbst in der Moldau eine Partei, die ihn dann als König anerkannt hätte.
Wäre Deutschland mit seinen beiden Oberhäuptern wahr- haft einverstanden gewesen, so würde sich in diesem Momente der deutsche Einfluß in allen jenen Gebieten haben sichern lassen. Eine andre Rücksicht hob Franz Frangepan am Reichstag zu Regensburg hervor, die Nothwendigkeit, Deutsch- land in Ungarn zu vertheidigen. Allein weder die Größe je- ner Aussicht noch die Bedeutung dieser Gefahr hinderten den Fürstenrath, in denselben Tagen wo sich Suleiman bereits den ungarischen Grenzen näherte, die verglichenen Artikel zu verwerfen. Der Reichstag verstand sich überhaupt nur zu sehr mittelmäßigen Hülfleistungen.
ben, ſo daß ihr ganzer Ehrgeiz ſich an die künftige Größe deſſelben knüpfte: Peter Petrowitzſch, Valentin Török und jener verſchlagene Mönch, Bruder Georg, der ſo viel zur Gründung dieſer Regierung beigetragen, ſie großentheils ge- leitet, und ſie jetzt nicht wollte untergehen laſſen. Sie er- kannten mit der Mehrheit des Adels die Witwe des Kö- nigs, Iſabella, und ihr Kind als ihre Fürſten an.
Von Unterhandlungen, wie ſie beſonders von polniſchen Geſandten verſucht wurden, war da nicht viel zu erwarten.
Das wahre und einzige Mittel Ungarn zu gewinnen, hätte darin beſtanden, daß Ferdinand an der Spitze eines mächtigen Heeres daſelbſt eingerückt wäre, die Gegner mit Hülfe der Freunde erdrückt und ſich ſtark genug gezeigt hätte, die Einen und die Andern vor den Türken zu beſchützen. Unter der Bedingung dieſes Schutzes verſprach ihm Sieben- bürgen Gehorſam: es regte ſich ſelbſt in der Moldau eine Partei, die ihn dann als König anerkannt hätte.
Wäre Deutſchland mit ſeinen beiden Oberhäuptern wahr- haft einverſtanden geweſen, ſo würde ſich in dieſem Momente der deutſche Einfluß in allen jenen Gebieten haben ſichern laſſen. Eine andre Rückſicht hob Franz Frangepan am Reichstag zu Regensburg hervor, die Nothwendigkeit, Deutſch- land in Ungarn zu vertheidigen. Allein weder die Größe je- ner Ausſicht noch die Bedeutung dieſer Gefahr hinderten den Fürſtenrath, in denſelben Tagen wo ſich Suleiman bereits den ungariſchen Grenzen näherte, die verglichenen Artikel zu verwerfen. Der Reichstag verſtand ſich überhaupt nur zu ſehr mittelmäßigen Hülfleiſtungen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0244"n="232"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Siebentes Buch. Sechstes Capitel</hi>.</fw><lb/>
ben, ſo daß ihr ganzer Ehrgeiz ſich an die künftige Größe<lb/>
deſſelben knüpfte: <persNameref="nognd">Peter Petrowitzſch</persName>, <persNameref="http://d-nb.info/gnd/119337517">Valentin Török</persName> und<lb/>
jener verſchlagene Mönch, Bruder <persNameref="nognd">Georg</persName>, der ſo viel zur<lb/>
Gründung dieſer Regierung beigetragen, ſie großentheils ge-<lb/>
leitet, und ſie jetzt nicht wollte untergehen laſſen. Sie er-<lb/>
kannten mit der Mehrheit des Adels die Witwe des Kö-<lb/>
nigs, <persNameref="http://d-nb.info/gnd/123257700">Iſabella</persName>, und ihr Kind als ihre Fürſten an.</p><lb/><p>Von Unterhandlungen, wie ſie beſonders von polniſchen<lb/>
Geſandten verſucht wurden, war da nicht viel zu erwarten.</p><lb/><p>Das wahre und einzige Mittel <placeName>Ungarn</placeName> zu gewinnen,<lb/>
hätte darin beſtanden, daß <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName> an der Spitze eines<lb/>
mächtigen Heeres daſelbſt eingerückt wäre, die Gegner mit<lb/>
Hülfe der Freunde erdrückt und ſich ſtark genug gezeigt hätte,<lb/>
die Einen und die Andern vor den Türken zu beſchützen.<lb/>
Unter der Bedingung dieſes Schutzes verſprach ihm Sieben-<lb/>
bürgen Gehorſam: es regte ſich ſelbſt in der <placeName>Moldau</placeName> eine<lb/>
Partei, die ihn dann als König anerkannt hätte.</p><lb/><p>Wäre <placeName>Deutſchland</placeName> mit ſeinen beiden Oberhäuptern wahr-<lb/>
haft einverſtanden geweſen, ſo würde ſich in dieſem Momente<lb/>
der deutſche Einfluß in allen jenen Gebieten haben ſichern<lb/>
laſſen. Eine andre Rückſicht hob <persNameref="http://d-nb.info/gnd/131620800">Franz Frangepan</persName> am<lb/>
Reichstag zu <placeName>Regensburg</placeName> hervor, die Nothwendigkeit, <placeName>Deutſch-<lb/>
land</placeName> in <placeName>Ungarn</placeName> zu vertheidigen. Allein weder die Größe je-<lb/>
ner Ausſicht noch die Bedeutung dieſer Gefahr hinderten den<lb/>
Fürſtenrath, in denſelben Tagen wo ſich <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118619993">Suleiman</persName> bereits<lb/>
den ungariſchen Grenzen näherte, die verglichenen Artikel zu<lb/>
verwerfen. Der Reichstag verſtand ſich überhaupt nur zu<lb/>ſehr mittelmäßigen Hülfleiſtungen.</p><lb/><p><persNameref="http://d-nb.info/gnd/118532502">Ferdinand</persName>ſelbſt war kein Kriegsmann: ſein Feldoberſter<lb/><persNameref="http://d-nb.info/gnd/128688181">Wilhelm von Rogendorf</persName>, alt, unentſchloſſen und voll Miß-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[232/0244]
Siebentes Buch. Sechstes Capitel.
ben, ſo daß ihr ganzer Ehrgeiz ſich an die künftige Größe
deſſelben knüpfte: Peter Petrowitzſch, Valentin Török und
jener verſchlagene Mönch, Bruder Georg, der ſo viel zur
Gründung dieſer Regierung beigetragen, ſie großentheils ge-
leitet, und ſie jetzt nicht wollte untergehen laſſen. Sie er-
kannten mit der Mehrheit des Adels die Witwe des Kö-
nigs, Iſabella, und ihr Kind als ihre Fürſten an.
Von Unterhandlungen, wie ſie beſonders von polniſchen
Geſandten verſucht wurden, war da nicht viel zu erwarten.
Das wahre und einzige Mittel Ungarn zu gewinnen,
hätte darin beſtanden, daß Ferdinand an der Spitze eines
mächtigen Heeres daſelbſt eingerückt wäre, die Gegner mit
Hülfe der Freunde erdrückt und ſich ſtark genug gezeigt hätte,
die Einen und die Andern vor den Türken zu beſchützen.
Unter der Bedingung dieſes Schutzes verſprach ihm Sieben-
bürgen Gehorſam: es regte ſich ſelbſt in der Moldau eine
Partei, die ihn dann als König anerkannt hätte.
Wäre Deutſchland mit ſeinen beiden Oberhäuptern wahr-
haft einverſtanden geweſen, ſo würde ſich in dieſem Momente
der deutſche Einfluß in allen jenen Gebieten haben ſichern
laſſen. Eine andre Rückſicht hob Franz Frangepan am
Reichstag zu Regensburg hervor, die Nothwendigkeit, Deutſch-
land in Ungarn zu vertheidigen. Allein weder die Größe je-
ner Ausſicht noch die Bedeutung dieſer Gefahr hinderten den
Fürſtenrath, in denſelben Tagen wo ſich Suleiman bereits
den ungariſchen Grenzen näherte, die verglichenen Artikel zu
verwerfen. Der Reichstag verſtand ſich überhaupt nur zu
ſehr mittelmäßigen Hülfleiſtungen.
Ferdinand ſelbſt war kein Kriegsmann: ſein Feldoberſter
Wilhelm von Rogendorf, alt, unentſchloſſen und voll Miß-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 232. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/244>, abgerufen am 25.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.