Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Gespräch zu Regensburg. bilden. Über den Begriff hatte man sich im J. 1530 ohneviel Mühe verständigt; wie damals die Confession, so drückte sich auch jetzt der Entwurf sehr gemäßigt aus: indem er nur von der realen Gegenwart sprach. Allein damit waren die- jenigen nicht zufrieden gewesen, die den Entwurf revidirt hat- ten: eine fremde Hand hatte das Wort Transsubstantiation an den Rand geschrieben. Denn allerdings nicht auf dem Begriffe der Gegenwart, sondern dem der Verwandlung be- ruhen die Cerimonien, welche die Andacht der Gläubigen be- herrschen, die Kirchen, die Städte mit devotem Prunkt erfül- len. Die Protestanten bemerkten vergebens wie neu diese Lehre sey; den katholischen Collocutoren war es genug, daß sie von einem römischen Concilium gebilligt worden; auch der Legat hielt mit einer Hartnäckigkeit darüber, die man sonst nicht an ihm kannte. Im Gefühl der hohen Bedeutung des Momentes veranstalteten die Protestanten noch einmal eine Zusammenkunft aller ihrer Botschafter und Prädicanten. Es war eine jener Versammlungen, von denen Calvin sagt, es bedürfe darin starker Seelen welche Andre stärken: der Fe- stigkeit der Überzeugung muß sich der politische Muth zu- gesellen, sie in dem entscheidenden Momente zu bekennen. 1 Sie waren Alle dazu entschlossen: sie erklärten, der aufge- stellte Begriff sey weder mit dem Worte Gottes zu vereini- gen noch mit der Natur der Sacramente: und stellten eine Gegenfassung aus, in welcher sie die Transsubstantiation in Geſpraͤch zu Regensburg. bilden. Über den Begriff hatte man ſich im J. 1530 ohneviel Mühe verſtändigt; wie damals die Confeſſion, ſo drückte ſich auch jetzt der Entwurf ſehr gemäßigt aus: indem er nur von der realen Gegenwart ſprach. Allein damit waren die- jenigen nicht zufrieden geweſen, die den Entwurf revidirt hat- ten: eine fremde Hand hatte das Wort Transſubſtantiation an den Rand geſchrieben. Denn allerdings nicht auf dem Begriffe der Gegenwart, ſondern dem der Verwandlung be- ruhen die Cerimonien, welche die Andacht der Gläubigen be- herrſchen, die Kirchen, die Städte mit devotem Prunkt erfül- len. Die Proteſtanten bemerkten vergebens wie neu dieſe Lehre ſey; den katholiſchen Collocutoren war es genug, daß ſie von einem römiſchen Concilium gebilligt worden; auch der Legat hielt mit einer Hartnäckigkeit darüber, die man ſonſt nicht an ihm kannte. Im Gefühl der hohen Bedeutung des Momentes veranſtalteten die Proteſtanten noch einmal eine Zuſammenkunft aller ihrer Botſchafter und Prädicanten. Es war eine jener Verſammlungen, von denen Calvin ſagt, es bedürfe darin ſtarker Seelen welche Andre ſtärken: der Fe- ſtigkeit der Überzeugung muß ſich der politiſche Muth zu- geſellen, ſie in dem entſcheidenden Momente zu bekennen. 1 Sie waren Alle dazu entſchloſſen: ſie erklärten, der aufge- ſtellte Begriff ſey weder mit dem Worte Gottes zu vereini- gen noch mit der Natur der Sacramente: und ſtellten eine Gegenfaſſung aus, in welcher ſie die Transſubſtantiation in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0225" n="213"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Geſpraͤch zu <placeName>Regensburg</placeName></hi>.</fw><lb/> bilden. Über den Begriff hatte man ſich im J. 1530 ohne<lb/> viel Mühe verſtändigt; wie damals die Confeſſion, ſo drückte<lb/> ſich auch jetzt der Entwurf ſehr gemäßigt aus: indem er nur<lb/> von der realen Gegenwart ſprach. Allein damit waren die-<lb/> jenigen nicht zufrieden geweſen, die den Entwurf revidirt hat-<lb/> ten: eine fremde Hand hatte das Wort Transſubſtantiation<lb/> an den Rand geſchrieben. Denn allerdings nicht auf dem<lb/> Begriffe der Gegenwart, ſondern dem der Verwandlung be-<lb/> ruhen die Cerimonien, welche die Andacht der Gläubigen be-<lb/> herrſchen, die Kirchen, die Städte mit devotem Prunkt erfül-<lb/> len. Die Proteſtanten bemerkten vergebens wie neu dieſe<lb/> Lehre ſey; den katholiſchen Collocutoren war es genug, daß<lb/> ſie von einem römiſchen Concilium gebilligt worden; auch<lb/> der Legat hielt mit einer Hartnäckigkeit darüber, die man ſonſt<lb/> nicht an ihm kannte. Im Gefühl der hohen Bedeutung des<lb/> Momentes veranſtalteten die Proteſtanten noch einmal eine<lb/> Zuſammenkunft aller ihrer Botſchafter und Prädicanten. Es<lb/> war eine jener Verſammlungen, von denen <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118518534">Calvin</persName> ſagt, es<lb/> bedürfe darin ſtarker Seelen welche Andre ſtärken: der Fe-<lb/> ſtigkeit der Überzeugung muß ſich der politiſche Muth zu-<lb/> geſellen, ſie in dem entſcheidenden Momente zu bekennen. <note place="foot" n="1">Schreiben von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/13921111X">Glauburg</persName> 9 Mai, in den Frankf. AA. Schrei-<lb/> ben von <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118518534">Calvin</persName> bei <persName ref="nognd">Henry</persName> <hi rendition="#aq">I,</hi> 369. Erklaͤrung. „Wir lernen daß mit<lb/> dem conſecrirten Brot der Leib <persName ref="http://d-nb.info/gnd/118557513">Chriſti</persName> den Nießenden geben werde,<lb/> und ſagen nit daß da werde Transſubſtantiation oder Vertilgung der<lb/> Subſtanz des Brotes.“</note><lb/> Sie waren Alle dazu entſchloſſen: ſie erklärten, der aufge-<lb/> ſtellte Begriff ſey weder mit dem Worte Gottes zu vereini-<lb/> gen noch mit der Natur der Sacramente: und ſtellten eine<lb/> Gegenfaſſung aus, in welcher ſie die Transſubſtantiation in<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [213/0225]
Geſpraͤch zu Regensburg.
bilden. Über den Begriff hatte man ſich im J. 1530 ohne
viel Mühe verſtändigt; wie damals die Confeſſion, ſo drückte
ſich auch jetzt der Entwurf ſehr gemäßigt aus: indem er nur
von der realen Gegenwart ſprach. Allein damit waren die-
jenigen nicht zufrieden geweſen, die den Entwurf revidirt hat-
ten: eine fremde Hand hatte das Wort Transſubſtantiation
an den Rand geſchrieben. Denn allerdings nicht auf dem
Begriffe der Gegenwart, ſondern dem der Verwandlung be-
ruhen die Cerimonien, welche die Andacht der Gläubigen be-
herrſchen, die Kirchen, die Städte mit devotem Prunkt erfül-
len. Die Proteſtanten bemerkten vergebens wie neu dieſe
Lehre ſey; den katholiſchen Collocutoren war es genug, daß
ſie von einem römiſchen Concilium gebilligt worden; auch
der Legat hielt mit einer Hartnäckigkeit darüber, die man ſonſt
nicht an ihm kannte. Im Gefühl der hohen Bedeutung des
Momentes veranſtalteten die Proteſtanten noch einmal eine
Zuſammenkunft aller ihrer Botſchafter und Prädicanten. Es
war eine jener Verſammlungen, von denen Calvin ſagt, es
bedürfe darin ſtarker Seelen welche Andre ſtärken: der Fe-
ſtigkeit der Überzeugung muß ſich der politiſche Muth zu-
geſellen, ſie in dem entſcheidenden Momente zu bekennen. 1
Sie waren Alle dazu entſchloſſen: ſie erklärten, der aufge-
ſtellte Begriff ſey weder mit dem Worte Gottes zu vereini-
gen noch mit der Natur der Sacramente: und ſtellten eine
Gegenfaſſung aus, in welcher ſie die Transſubſtantiation in
1 Schreiben von Glauburg 9 Mai, in den Frankf. AA. Schrei-
ben von Calvin bei Henry I, 369. Erklaͤrung. „Wir lernen daß mit
dem conſecrirten Brot der Leib Chriſti den Nießenden geben werde,
und ſagen nit daß da werde Transſubſtantiation oder Vertilgung der
Subſtanz des Brotes.“
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |