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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Gespräch zu Worms.
lung erfochten. Eben dieß war die Gefahr welche der rö-
mische Stuhl bei der ersten Nachricht von den Frankfurter
Verhandlungen vorausgesehen.

Sein Glück aber wollte, daß die Protestanten in Ha-
genau
am Ende doch die Zulassung eines pästlichen Nuntius
dem Kaiser anheimgestellt hatten, der sie dann, wie nicht an-
ders zu erwarten war, aussprach.

Dem römischen Stuhle ward es nicht einmal leicht darauf
einzugehn. Der Papst bevorwortet die Mission mit den auf-
fallenden Worten, er setze damit alle äußere Ehre hintan,
gleichwie Christus die Schwachheiten des menschlichen Flei-
sches angenommen, um die Welt zu erlösen. Aber er hatte
keine Wahl: darin lag das einzige Mittel, um die drohende
Gefahr noch abzuwenden.

In der kurzen Instruction wird dem Nuntius wohl
zehnmal eingeschärft, die Autorität des römischen Stuhles
aufrecht zu erhalten, der allein das Recht habe, an den be-
stehenden Satzungen etwas abzuändern: er möge sich lieber
entfernen, als eine Schmälerung dieser Autorität zugestehen.

Schlimm genug aber, wenn ein solches Mittel er-
griffen werden mußte. Der Nuntius, Morone, der gleich
beim Anfang der Versammlung mit officiellem Character er-
schienen, war viel zu fein um es so weit kommen lassen
zu wollen.

Auch jetzt wie vor 16 Jahren, fand der römische Hof
Verbündete in den deutschen Ständen. Ich weiß nicht ob es
wahr ist, was man in Worms behauptete, zwischen dem
römischen Stuhl und den Herzogen von Baiern seyen neue
"wunderbare Verträge" über die Bisthümer geschlossen wor-

Geſpraͤch zu Worms.
lung erfochten. Eben dieß war die Gefahr welche der rö-
miſche Stuhl bei der erſten Nachricht von den Frankfurter
Verhandlungen vorausgeſehen.

Sein Glück aber wollte, daß die Proteſtanten in Ha-
genau
am Ende doch die Zulaſſung eines päſtlichen Nuntius
dem Kaiſer anheimgeſtellt hatten, der ſie dann, wie nicht an-
ders zu erwarten war, ausſprach.

Dem römiſchen Stuhle ward es nicht einmal leicht darauf
einzugehn. Der Papſt bevorwortet die Miſſion mit den auf-
fallenden Worten, er ſetze damit alle äußere Ehre hintan,
gleichwie Chriſtus die Schwachheiten des menſchlichen Flei-
ſches angenommen, um die Welt zu erlöſen. Aber er hatte
keine Wahl: darin lag das einzige Mittel, um die drohende
Gefahr noch abzuwenden.

In der kurzen Inſtruction wird dem Nuntius wohl
zehnmal eingeſchärft, die Autorität des römiſchen Stuhles
aufrecht zu erhalten, der allein das Recht habe, an den be-
ſtehenden Satzungen etwas abzuändern: er möge ſich lieber
entfernen, als eine Schmälerung dieſer Autorität zugeſtehen.

Schlimm genug aber, wenn ein ſolches Mittel er-
griffen werden mußte. Der Nuntius, Morone, der gleich
beim Anfang der Verſammlung mit officiellem Character er-
ſchienen, war viel zu fein um es ſo weit kommen laſſen
zu wollen.

Auch jetzt wie vor 16 Jahren, fand der römiſche Hof
Verbündete in den deutſchen Ständen. Ich weiß nicht ob es
wahr iſt, was man in Worms behauptete, zwiſchen dem
römiſchen Stuhl und den Herzogen von Baiern ſeyen neue
„wunderbare Verträge“ über die Bisthümer geſchloſſen wor-

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[199/0211] Geſpraͤch zu Worms. lung erfochten. Eben dieß war die Gefahr welche der rö- miſche Stuhl bei der erſten Nachricht von den Frankfurter Verhandlungen vorausgeſehen. Sein Glück aber wollte, daß die Proteſtanten in Ha- genau am Ende doch die Zulaſſung eines päſtlichen Nuntius dem Kaiſer anheimgeſtellt hatten, der ſie dann, wie nicht an- ders zu erwarten war, ausſprach. Dem römiſchen Stuhle ward es nicht einmal leicht darauf einzugehn. Der Papſt bevorwortet die Miſſion mit den auf- fallenden Worten, er ſetze damit alle äußere Ehre hintan, gleichwie Chriſtus die Schwachheiten des menſchlichen Flei- ſches angenommen, um die Welt zu erlöſen. Aber er hatte keine Wahl: darin lag das einzige Mittel, um die drohende Gefahr noch abzuwenden. In der kurzen Inſtruction wird dem Nuntius wohl zehnmal eingeſchärft, die Autorität des römiſchen Stuhles aufrecht zu erhalten, der allein das Recht habe, an den be- ſtehenden Satzungen etwas abzuändern: er möge ſich lieber entfernen, als eine Schmälerung dieſer Autorität zugeſtehen. Schlimm genug aber, wenn ein ſolches Mittel er- griffen werden mußte. Der Nuntius, Morone, der gleich beim Anfang der Verſammlung mit officiellem Character er- ſchienen, war viel zu fein um es ſo weit kommen laſſen zu wollen. Auch jetzt wie vor 16 Jahren, fand der römiſche Hof Verbündete in den deutſchen Ständen. Ich weiß nicht ob es wahr iſt, was man in Worms behauptete, zwiſchen dem römiſchen Stuhl und den Herzogen von Baiern ſeyen neue „wunderbare Verträge“ über die Bisthümer geſchloſſen wor-

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/211>, abgerufen am 24.11.2024.