Kaisers in den deutschen Angelegenheiten sich bewegte: bald mehr einer Abkunft mit den Protestanten, bald mehr ent- schlossenem Widerstand neigte sie sich zu.
Da leuchtet nun wohl ein, daß die Anmahnung des Papstes, in dem er das Oberhaupt des Glaubens erkannte, einen gewissen Eindruck auf ihn machen mußte. Er bestä- tigte jetzt wirklich jenen Nürnberger Bund, dem freilich sein Stachel bereits genommen war. Aber so weit gieng er doch nicht, die Frankfurter Abkunft zu widerrufen: schon genug, daß er nur zögerte sie zu ratificiren.
Was die kriegerischen Unternehmungen gegen die Ab- gewichenen betrifft, so bekannte er sich schuldig, sowohl ge- gen England als gegen die Protestanten die Waffen zu er- greifen, wohl verstanden jedoch: wenn dieß nothwendig und ausführbar sey. England, sagte er, habe Geld, Deutschland Männer, und man müsse sich hüten, nicht ein Bündniß zwi- schen beiden zu veranlassen.
Nur darin gab er dem Papste Gehör, daß er unter der Theilnahme desselben die Unterhandlungen mit Frankreich mit erneutem Eifer fortsetzte.
Dazu hatte er freilich einen ganz besondern Grund: die Empörung die so eben in Gent in Folge des letzten franzö- sischen Krieges ausgebrochen war.
Eine Kriegssteuer welche damals von den andern drei Ständen der Grafschaft Flandern bewilligt worden, hatte die Stadt Gent unter dem Vorgeben verweigert, das Geld das man zahle, werde doch niemals gut angewendet; mit Kriegsvolk wolle sie ihrem Grafen dem Kaiser beistehn, je- doch nicht anders. Von Tage zu Tage weiter schreitend hat-
Siebentes Buch. Viertes Capitel.
Kaiſers in den deutſchen Angelegenheiten ſich bewegte: bald mehr einer Abkunft mit den Proteſtanten, bald mehr ent- ſchloſſenem Widerſtand neigte ſie ſich zu.
Da leuchtet nun wohl ein, daß die Anmahnung des Papſtes, in dem er das Oberhaupt des Glaubens erkannte, einen gewiſſen Eindruck auf ihn machen mußte. Er beſtä- tigte jetzt wirklich jenen Nürnberger Bund, dem freilich ſein Stachel bereits genommen war. Aber ſo weit gieng er doch nicht, die Frankfurter Abkunft zu widerrufen: ſchon genug, daß er nur zögerte ſie zu ratificiren.
Was die kriegeriſchen Unternehmungen gegen die Ab- gewichenen betrifft, ſo bekannte er ſich ſchuldig, ſowohl ge- gen England als gegen die Proteſtanten die Waffen zu er- greifen, wohl verſtanden jedoch: wenn dieß nothwendig und ausführbar ſey. England, ſagte er, habe Geld, Deutſchland Männer, und man müſſe ſich hüten, nicht ein Bündniß zwi- ſchen beiden zu veranlaſſen.
Nur darin gab er dem Papſte Gehör, daß er unter der Theilnahme deſſelben die Unterhandlungen mit Frankreich mit erneutem Eifer fortſetzte.
Dazu hatte er freilich einen ganz beſondern Grund: die Empörung die ſo eben in Gent in Folge des letzten franzö- ſiſchen Krieges ausgebrochen war.
Eine Kriegsſteuer welche damals von den andern drei Ständen der Grafſchaft Flandern bewilligt worden, hatte die Stadt Gent unter dem Vorgeben verweigert, das Geld das man zahle, werde doch niemals gut angewendet; mit Kriegsvolk wolle ſie ihrem Grafen dem Kaiſer beiſtehn, je- doch nicht anders. Von Tage zu Tage weiter ſchreitend hat-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0184"n="172"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Siebentes Buch. Viertes Capitel</hi>.</fw><lb/>
Kaiſers in den deutſchen Angelegenheiten ſich bewegte: bald<lb/>
mehr einer Abkunft mit den Proteſtanten, bald mehr ent-<lb/>ſchloſſenem Widerſtand neigte ſie ſich zu.</p><lb/><p>Da leuchtet nun wohl ein, daß die Anmahnung des<lb/>
Papſtes, in dem er das Oberhaupt des Glaubens erkannte,<lb/>
einen gewiſſen Eindruck auf ihn machen mußte. Er beſtä-<lb/>
tigte jetzt wirklich jenen Nürnberger Bund, dem freilich ſein<lb/>
Stachel bereits genommen war. Aber ſo weit gieng er doch<lb/>
nicht, die Frankfurter Abkunft zu widerrufen: ſchon genug,<lb/>
daß er nur zögerte ſie zu ratificiren.</p><lb/><p>Was die kriegeriſchen Unternehmungen gegen die Ab-<lb/>
gewichenen betrifft, ſo bekannte er ſich ſchuldig, ſowohl ge-<lb/>
gen <placeName>England</placeName> als gegen die Proteſtanten die Waffen zu er-<lb/>
greifen, wohl verſtanden jedoch: wenn dieß nothwendig und<lb/>
ausführbar ſey. <placeName>England</placeName>, ſagte er, habe Geld, <placeName>Deutſchland</placeName><lb/>
Männer, und man müſſe ſich hüten, nicht ein Bündniß zwi-<lb/>ſchen beiden zu veranlaſſen.</p><lb/><p>Nur darin gab er dem Papſte Gehör, daß er unter der<lb/>
Theilnahme deſſelben die Unterhandlungen mit <placeName>Frankreich</placeName> mit<lb/>
erneutem Eifer fortſetzte.</p><lb/><p>Dazu hatte er freilich einen ganz beſondern Grund: die<lb/>
Empörung die ſo eben in <placeName>Gent</placeName> in Folge des letzten franzö-<lb/>ſiſchen Krieges ausgebrochen war.</p><lb/><p>Eine Kriegsſteuer welche damals von den andern drei<lb/>
Ständen der Grafſchaft <placeName>Flandern</placeName> bewilligt worden, hatte<lb/>
die Stadt <placeName>Gent</placeName> unter dem Vorgeben verweigert, das Geld<lb/>
das man zahle, werde doch niemals gut angewendet; mit<lb/>
Kriegsvolk wolle ſie ihrem Grafen dem Kaiſer beiſtehn, je-<lb/>
doch nicht anders. Von Tage zu Tage weiter ſchreitend hat-<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[172/0184]
Siebentes Buch. Viertes Capitel.
Kaiſers in den deutſchen Angelegenheiten ſich bewegte: bald
mehr einer Abkunft mit den Proteſtanten, bald mehr ent-
ſchloſſenem Widerſtand neigte ſie ſich zu.
Da leuchtet nun wohl ein, daß die Anmahnung des
Papſtes, in dem er das Oberhaupt des Glaubens erkannte,
einen gewiſſen Eindruck auf ihn machen mußte. Er beſtä-
tigte jetzt wirklich jenen Nürnberger Bund, dem freilich ſein
Stachel bereits genommen war. Aber ſo weit gieng er doch
nicht, die Frankfurter Abkunft zu widerrufen: ſchon genug,
daß er nur zögerte ſie zu ratificiren.
Was die kriegeriſchen Unternehmungen gegen die Ab-
gewichenen betrifft, ſo bekannte er ſich ſchuldig, ſowohl ge-
gen England als gegen die Proteſtanten die Waffen zu er-
greifen, wohl verſtanden jedoch: wenn dieß nothwendig und
ausführbar ſey. England, ſagte er, habe Geld, Deutſchland
Männer, und man müſſe ſich hüten, nicht ein Bündniß zwi-
ſchen beiden zu veranlaſſen.
Nur darin gab er dem Papſte Gehör, daß er unter der
Theilnahme deſſelben die Unterhandlungen mit Frankreich mit
erneutem Eifer fortſetzte.
Dazu hatte er freilich einen ganz beſondern Grund: die
Empörung die ſo eben in Gent in Folge des letzten franzö-
ſiſchen Krieges ausgebrochen war.
Eine Kriegsſteuer welche damals von den andern drei
Ständen der Grafſchaft Flandern bewilligt worden, hatte
die Stadt Gent unter dem Vorgeben verweigert, das Geld
das man zahle, werde doch niemals gut angewendet; mit
Kriegsvolk wolle ſie ihrem Grafen dem Kaiſer beiſtehn, je-
doch nicht anders. Von Tage zu Tage weiter ſchreitend hat-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/184>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.