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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Drittes Capitel.
auf dem Rathhaus erschienen, mit nichten zufrieden: er er-
klärte, nicht von der Stelle weichen zu wollen, bis der Rath
sich mit ihm vereinigt habe: um des göttlichen Wortes wil-
len wolle man niemand weiter fragen. Nothgedrungen wil-
ligte der Rath ein, und die wehrhaften Bürger machten sich
auf, um die Herbeiführung eines evangelischen Geistlichen,
des Dr Pfeffinger aus Leipzig, gegen die Diener und Räthe
des Fürsten, deren Reiter sich auf der Landstraße zeigten,
mit bewaffneter Hand zu beschützen. Der tumultuarische
Zustand mochte die Leipziger abhalten ihren Nachbarn den
gelehrten Doctor zuzugestehn, oder diesen, dem gefährlichen
Rufe zu folgen: sonst möchten sie, wie ein sächsischer Edel-
mann an Johann Friedrich berichtet, 1 auf der Straße ernst-
lich an einander gerathen seyn. Es wäre die wunderlichste
Form der alten Fehde zwischen Ritterschaft und Städten ge-
wesen, wenn jetzt eine Bürgerschaft ihren Prediger mit bewaff-
netem Geleite herbeiführend, von den ritterlichen Anhängern
des Fürsten angesprengt worden wäre. Nach einiger Zeit traf
jedoch ein anderer Prediger, Justus Jonas von Wittenberg,
in Halle ein und begann im Bunde mit Ausschuß und Ge-
meine, nicht selten im Widerspruch mit dem Rathe, die durch-
greifende Veränderung. Der Cardinal mußte erleben daß
seine Residenz, die er zu einer Burg des Katholicismus zu
machen gedacht, zu seinen Feinden übergieng. Unfähig zu
widerstreben wollte er es doch nicht mit eigenen Augen an-
sehen: er verließ die Stadt mit dem Rest seiner Kleinodien,
und verlegte seine Hofhaltung nach seinem besser katholischen
Stifte Mainz.


1 In den Reichstagsacten von 1541 im Weim. Arch. s. den
Anhang.

Siebentes Buch. Drittes Capitel.
auf dem Rathhaus erſchienen, mit nichten zufrieden: er er-
klärte, nicht von der Stelle weichen zu wollen, bis der Rath
ſich mit ihm vereinigt habe: um des göttlichen Wortes wil-
len wolle man niemand weiter fragen. Nothgedrungen wil-
ligte der Rath ein, und die wehrhaften Bürger machten ſich
auf, um die Herbeiführung eines evangeliſchen Geiſtlichen,
des Dr Pfeffinger aus Leipzig, gegen die Diener und Räthe
des Fürſten, deren Reiter ſich auf der Landſtraße zeigten,
mit bewaffneter Hand zu beſchützen. Der tumultuariſche
Zuſtand mochte die Leipziger abhalten ihren Nachbarn den
gelehrten Doctor zuzugeſtehn, oder dieſen, dem gefährlichen
Rufe zu folgen: ſonſt möchten ſie, wie ein ſächſiſcher Edel-
mann an Johann Friedrich berichtet, 1 auf der Straße ernſt-
lich an einander gerathen ſeyn. Es wäre die wunderlichſte
Form der alten Fehde zwiſchen Ritterſchaft und Städten ge-
weſen, wenn jetzt eine Bürgerſchaft ihren Prediger mit bewaff-
netem Geleite herbeiführend, von den ritterlichen Anhängern
des Fürſten angeſprengt worden wäre. Nach einiger Zeit traf
jedoch ein anderer Prediger, Juſtus Jonas von Wittenberg,
in Halle ein und begann im Bunde mit Ausſchuß und Ge-
meine, nicht ſelten im Widerſpruch mit dem Rathe, die durch-
greifende Veränderung. Der Cardinal mußte erleben daß
ſeine Reſidenz, die er zu einer Burg des Katholicismus zu
machen gedacht, zu ſeinen Feinden übergieng. Unfähig zu
widerſtreben wollte er es doch nicht mit eigenen Augen an-
ſehen: er verließ die Stadt mit dem Reſt ſeiner Kleinodien,
und verlegte ſeine Hofhaltung nach ſeinem beſſer katholiſchen
Stifte Mainz.


1 In den Reichstagsacten von 1541 im Weim. Arch. ſ. den
Anhang.
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[166/0178] Siebentes Buch. Drittes Capitel. auf dem Rathhaus erſchienen, mit nichten zufrieden: er er- klärte, nicht von der Stelle weichen zu wollen, bis der Rath ſich mit ihm vereinigt habe: um des göttlichen Wortes wil- len wolle man niemand weiter fragen. Nothgedrungen wil- ligte der Rath ein, und die wehrhaften Bürger machten ſich auf, um die Herbeiführung eines evangeliſchen Geiſtlichen, des Dr Pfeffinger aus Leipzig, gegen die Diener und Räthe des Fürſten, deren Reiter ſich auf der Landſtraße zeigten, mit bewaffneter Hand zu beſchützen. Der tumultuariſche Zuſtand mochte die Leipziger abhalten ihren Nachbarn den gelehrten Doctor zuzugeſtehn, oder dieſen, dem gefährlichen Rufe zu folgen: ſonſt möchten ſie, wie ein ſächſiſcher Edel- mann an Johann Friedrich berichtet, 1 auf der Straße ernſt- lich an einander gerathen ſeyn. Es wäre die wunderlichſte Form der alten Fehde zwiſchen Ritterſchaft und Städten ge- weſen, wenn jetzt eine Bürgerſchaft ihren Prediger mit bewaff- netem Geleite herbeiführend, von den ritterlichen Anhängern des Fürſten angeſprengt worden wäre. Nach einiger Zeit traf jedoch ein anderer Prediger, Juſtus Jonas von Wittenberg, in Halle ein und begann im Bunde mit Ausſchuß und Ge- meine, nicht ſelten im Widerſpruch mit dem Rathe, die durch- greifende Veränderung. Der Cardinal mußte erleben daß ſeine Reſidenz, die er zu einer Burg des Katholicismus zu machen gedacht, zu ſeinen Feinden übergieng. Unfähig zu widerſtreben wollte er es doch nicht mit eigenen Augen an- ſehen: er verließ die Stadt mit dem Reſt ſeiner Kleinodien, und verlegte ſeine Hofhaltung nach ſeinem beſſer katholiſchen Stifte Mainz. 1 In den Reichstagsacten von 1541 im Weim. Arch. ſ. den Anhang.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/178>, abgerufen am 25.11.2024.