zusammentreffender Angriff von Frankreich und von Nieder- deutschland her in sich schließen würde. Königin Maria nannte Held einen Buben und Heuchler: sie fragte über das Verfahren desselben bei dem Kaiser an, der dann ant- wortete, er wisse nichts davon; sie säumte nicht, dem Land- grafen von Hessen beruhigende Eröffnungen zugehn zu lassen.
Den beiden Regierungen kam es nun, wie man den- ken kann, in hohem Grade erwünscht, daß sich in der Mitte der kriegsbereiten Parteien doch auch eine Tendenz zum Frie- den und zur Versöhnung erhob.
Sie gieng von den Mitgliedern der bisherigen Majori- tät aus, die trotz dem daß sie das waren, an dem Verfah- ren des Kammergerichts kein Wohlgefallen fanden und dem Bunde von Nürnberg nicht anhiengen.
In Oberwesel ward eine Zusammenkunft der rheinischen Churfürsten gehalten, auf welcher die gemäßigte Meinung das Übergewicht behauptete und eine Vermittelung beschlos- sen wurde. 1 Indessen kam der junge Churfürst von Bran- denburg, Joachim II, seiner böhmischen Lehen halber zu Bauzen mit dem römischen König zusammen. Er hatte sich so eben in zweiter Ehe mit einer polnischen Prinzessin ver- mählt, und war dadurch der Schwager des König-Woiwo- den Zapolya geworden. Keinem Reichsfürsten konnte so viel wie ihm an der Aufrechthaltung des zwischen Zapolya und dem Hause Östreich geschlossenen Verständnisses und der Un- terstützung beider durch die Macht des Reiches liegen. 2 Er
1 Schreiben der Versammelten an Churfürst Joachim vom 12 August. Auch der Cardinal von Mainz war geneigt, wenn man ihn nur wolle.
2 Wie enge diese Dinge zusammenhängen, zeigt das Schrei-
Siebentes Buch. Zweites Capitel.
zuſammentreffender Angriff von Frankreich und von Nieder- deutſchland her in ſich ſchließen würde. Königin Maria nannte Held einen Buben und Heuchler: ſie fragte über das Verfahren deſſelben bei dem Kaiſer an, der dann ant- wortete, er wiſſe nichts davon; ſie ſäumte nicht, dem Land- grafen von Heſſen beruhigende Eröffnungen zugehn zu laſſen.
Den beiden Regierungen kam es nun, wie man den- ken kann, in hohem Grade erwünſcht, daß ſich in der Mitte der kriegsbereiten Parteien doch auch eine Tendenz zum Frie- den und zur Verſöhnung erhob.
Sie gieng von den Mitgliedern der bisherigen Majori- tät aus, die trotz dem daß ſie das waren, an dem Verfah- ren des Kammergerichts kein Wohlgefallen fanden und dem Bunde von Nürnberg nicht anhiengen.
In Oberweſel ward eine Zuſammenkunft der rheiniſchen Churfürſten gehalten, auf welcher die gemäßigte Meinung das Übergewicht behauptete und eine Vermittelung beſchloſ- ſen wurde. 1 Indeſſen kam der junge Churfürſt von Bran- denburg, Joachim II, ſeiner böhmiſchen Lehen halber zu Bauzen mit dem römiſchen König zuſammen. Er hatte ſich ſo eben in zweiter Ehe mit einer polniſchen Prinzeſſin ver- mählt, und war dadurch der Schwager des König-Woiwo- den Zapolya geworden. Keinem Reichsfürſten konnte ſo viel wie ihm an der Aufrechthaltung des zwiſchen Zapolya und dem Hauſe Öſtreich geſchloſſenen Verſtändniſſes und der Un- terſtützung beider durch die Macht des Reiches liegen. 2 Er
1 Schreiben der Verſammelten an Churfuͤrſt Joachim vom 12 Auguſt. Auch der Cardinal von Mainz war geneigt, wenn man ihn nur wolle.
2 Wie enge dieſe Dinge zuſammenhaͤngen, zeigt das Schrei-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0136"n="124"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Siebentes Buch. Zweites Capitel</hi>.</fw><lb/>
zuſammentreffender Angriff von <placeName>Frankreich</placeName> und von <placeName>Nieder-<lb/>
deutſchland</placeName> her in ſich ſchließen würde. Königin <persNameref="http://d-nb.info/gnd/119170531">Maria</persName><lb/>
nannte <persNameref="http://d-nb.info/gnd/119703637">Held</persName> einen Buben und Heuchler: ſie fragte über<lb/>
das Verfahren deſſelben bei dem Kaiſer an, der dann ant-<lb/>
wortete, er wiſſe nichts davon; ſie ſäumte nicht, dem Land-<lb/>
grafen von <placeName>Heſſen</placeName> beruhigende Eröffnungen zugehn zu laſſen.</p><lb/><p>Den beiden Regierungen kam es nun, wie man den-<lb/>
ken kann, in hohem Grade erwünſcht, daß ſich in der Mitte<lb/>
der kriegsbereiten Parteien doch auch eine Tendenz zum Frie-<lb/>
den und zur Verſöhnung erhob.</p><lb/><p>Sie gieng von den Mitgliedern der bisherigen Majori-<lb/>
tät aus, die trotz dem daß ſie das waren, an dem Verfah-<lb/>
ren des Kammergerichts kein Wohlgefallen fanden und dem<lb/>
Bunde von <placeName>Nürnberg</placeName> nicht <choice><sic>anhiengeu</sic><corr>anhiengen</corr></choice>.</p><lb/><p>In <placeName>Oberweſel</placeName> ward eine Zuſammenkunft der rheiniſchen<lb/>
Churfürſten gehalten, auf welcher die gemäßigte Meinung<lb/>
das Übergewicht behauptete und eine Vermittelung beſchloſ-<lb/>ſen wurde. <noteplace="foot"n="1">Schreiben der Verſammelten an Churfuͤrſt <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118557556">Joachim</persName> vom<lb/>
12 Auguſt. Auch der Cardinal von <placeName>Mainz</placeName> war geneigt, wenn man<lb/>
ihn nur wolle.</note> Indeſſen kam der junge Churfürſt von <placeName>Bran-<lb/>
denburg</placeName>, <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118557556">Joachim <hirendition="#aq">II</hi></persName>, ſeiner böhmiſchen Lehen halber zu<lb/><placeName>Bauzen</placeName> mit dem römiſchen König zuſammen. Er hatte ſich<lb/>ſo eben in zweiter Ehe mit einer polniſchen Prinzeſſin ver-<lb/>
mählt, und war dadurch der Schwager des König-Woiwo-<lb/>
den <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118712330">Zapolya</persName> geworden. Keinem Reichsfürſten konnte ſo viel<lb/>
wie ihm an der Aufrechthaltung des zwiſchen <persNameref="http://d-nb.info/gnd/118712330">Zapolya</persName> und<lb/>
dem Hauſe Öſtreich geſchloſſenen Verſtändniſſes und der Un-<lb/>
terſtützung beider durch die Macht des Reiches liegen. <notexml:id="fn7i"n="2"place="foot"next="#fn7f">Wie enge dieſe Dinge zuſammenhaͤngen, zeigt das Schrei-</note> Er<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[124/0136]
Siebentes Buch. Zweites Capitel.
zuſammentreffender Angriff von Frankreich und von Nieder-
deutſchland her in ſich ſchließen würde. Königin Maria
nannte Held einen Buben und Heuchler: ſie fragte über
das Verfahren deſſelben bei dem Kaiſer an, der dann ant-
wortete, er wiſſe nichts davon; ſie ſäumte nicht, dem Land-
grafen von Heſſen beruhigende Eröffnungen zugehn zu laſſen.
Den beiden Regierungen kam es nun, wie man den-
ken kann, in hohem Grade erwünſcht, daß ſich in der Mitte
der kriegsbereiten Parteien doch auch eine Tendenz zum Frie-
den und zur Verſöhnung erhob.
Sie gieng von den Mitgliedern der bisherigen Majori-
tät aus, die trotz dem daß ſie das waren, an dem Verfah-
ren des Kammergerichts kein Wohlgefallen fanden und dem
Bunde von Nürnberg nicht anhiengen.
In Oberweſel ward eine Zuſammenkunft der rheiniſchen
Churfürſten gehalten, auf welcher die gemäßigte Meinung
das Übergewicht behauptete und eine Vermittelung beſchloſ-
ſen wurde. 1 Indeſſen kam der junge Churfürſt von Bran-
denburg, Joachim II, ſeiner böhmiſchen Lehen halber zu
Bauzen mit dem römiſchen König zuſammen. Er hatte ſich
ſo eben in zweiter Ehe mit einer polniſchen Prinzeſſin ver-
mählt, und war dadurch der Schwager des König-Woiwo-
den Zapolya geworden. Keinem Reichsfürſten konnte ſo viel
wie ihm an der Aufrechthaltung des zwiſchen Zapolya und
dem Hauſe Öſtreich geſchloſſenen Verſtändniſſes und der Un-
terſtützung beider durch die Macht des Reiches liegen. 2 Er
1 Schreiben der Verſammelten an Churfuͤrſt Joachim vom
12 Auguſt. Auch der Cardinal von Mainz war geneigt, wenn man
ihn nur wolle.
2 Wie enge dieſe Dinge zuſammenhaͤngen, zeigt das Schrei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 124. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/136>, abgerufen am 25.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.