Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.Verhandlungen des Dr Held. Briefen, deren gar manche übrig sind, theilt er zuweilenals die unzweifelhafteste persönliche Kunde Nachrichten mit, die sich dann als falsch ausweisen: und in eine Menge zweideutiger Händel läßt er sich ein. Jetzt war er als Vice- canzler an den kaiserlichen Hof gezogen worden: kein Wun- der, wenn er nun auch da die Geschäfte mit jener Leiden- schaft gegen die Protestanten angriff, die er überhaupt nährte. Die Verbindungen in denen er stand, bestärkten ihn darin. Während des französischen Feldzugs hatte er vertrauliche Bekanntschaft mit Heinrich von Braunschweig gemacht, ihm beim Abschied ermuthigende Zuschriften an die katholischen Fürsten mitgegeben, und dieselben bald in Person mit dem Worte des Kaisers zu bestätigen versprochen. Herzog Hein- rich hatte dann die Hofnungen seiner Freunde auf Held ge- richtet: aus seinen Briefen sehen wir, wie sehnlich er dessen Ankunft erwartete, mit welcher Sicherheit er davon eine Rückwirkung gegen die halblutherische Politik der königlichen Räthe versprach. Hätte nun Held das Vertrauen so vie- ler deutscher Fürsten, deren Gunst ihm sehr nützlich werden konnte, täuschen sollen? er würde alle sein Ansehen verloren haben. Sein Ehrgeiz war, als eine Säule des Reichsrech- tes und der mit demselben verbündeten kirchlichen Ideen zu erscheinen, die andersgesinnten Räthe des Kaisers und des Königs zu beschämen, und hauptsächlich, Recht zu behalten. In der allgemeinen Politik des Kaisers hatte doch auch seine Tendenz eine gewisse Nothwendigkeit: die Lage dieses Für- sten war nun einmal zweifelhafter Natur. Er mag sich dar- auf verlassen haben, daß er ein Prinzip verfechte das niemals ganz verleugnet werden könne, und einen oder den andern Tag wieder ergriffen werden müsse. Er hatte sogar münd- Verhandlungen des Dr Held. Briefen, deren gar manche übrig ſind, theilt er zuweilenals die unzweifelhafteſte perſönliche Kunde Nachrichten mit, die ſich dann als falſch ausweiſen: und in eine Menge zweideutiger Händel läßt er ſich ein. Jetzt war er als Vice- canzler an den kaiſerlichen Hof gezogen worden: kein Wun- der, wenn er nun auch da die Geſchäfte mit jener Leiden- ſchaft gegen die Proteſtanten angriff, die er überhaupt nährte. Die Verbindungen in denen er ſtand, beſtärkten ihn darin. Während des franzöſiſchen Feldzugs hatte er vertrauliche Bekanntſchaft mit Heinrich von Braunſchweig gemacht, ihm beim Abſchied ermuthigende Zuſchriften an die katholiſchen Fürſten mitgegeben, und dieſelben bald in Perſon mit dem Worte des Kaiſers zu beſtätigen verſprochen. Herzog Hein- rich hatte dann die Hofnungen ſeiner Freunde auf Held ge- richtet: aus ſeinen Briefen ſehen wir, wie ſehnlich er deſſen Ankunft erwartete, mit welcher Sicherheit er davon eine Rückwirkung gegen die halblutheriſche Politik der königlichen Räthe verſprach. Hätte nun Held das Vertrauen ſo vie- ler deutſcher Fürſten, deren Gunſt ihm ſehr nützlich werden konnte, täuſchen ſollen? er würde alle ſein Anſehen verloren haben. Sein Ehrgeiz war, als eine Säule des Reichsrech- tes und der mit demſelben verbündeten kirchlichen Ideen zu erſcheinen, die andersgeſinnten Räthe des Kaiſers und des Königs zu beſchämen, und hauptſächlich, Recht zu behalten. In der allgemeinen Politik des Kaiſers hatte doch auch ſeine Tendenz eine gewiſſe Nothwendigkeit: die Lage dieſes Für- ſten war nun einmal zweifelhafter Natur. Er mag ſich dar- auf verlaſſen haben, daß er ein Prinzip verfechte das niemals ganz verleugnet werden könne, und einen oder den andern Tag wieder ergriffen werden müſſe. 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Verhandlungen des Dr Held.
Briefen, deren gar manche übrig ſind, theilt er zuweilen
als die unzweifelhafteſte perſönliche Kunde Nachrichten mit,
die ſich dann als falſch ausweiſen: und in eine Menge
zweideutiger Händel läßt er ſich ein. Jetzt war er als Vice-
canzler an den kaiſerlichen Hof gezogen worden: kein Wun-
der, wenn er nun auch da die Geſchäfte mit jener Leiden-
ſchaft gegen die Proteſtanten angriff, die er überhaupt nährte.
Die Verbindungen in denen er ſtand, beſtärkten ihn darin.
Während des franzöſiſchen Feldzugs hatte er vertrauliche
Bekanntſchaft mit Heinrich von Braunſchweig gemacht, ihm
beim Abſchied ermuthigende Zuſchriften an die katholiſchen
Fürſten mitgegeben, und dieſelben bald in Perſon mit dem
Worte des Kaiſers zu beſtätigen verſprochen. Herzog Hein-
rich hatte dann die Hofnungen ſeiner Freunde auf Held ge-
richtet: aus ſeinen Briefen ſehen wir, wie ſehnlich er deſſen
Ankunft erwartete, mit welcher Sicherheit er davon eine
Rückwirkung gegen die halblutheriſche Politik der königlichen
Räthe verſprach. Hätte nun Held das Vertrauen ſo vie-
ler deutſcher Fürſten, deren Gunſt ihm ſehr nützlich werden
konnte, täuſchen ſollen? er würde alle ſein Anſehen verloren
haben. Sein Ehrgeiz war, als eine Säule des Reichsrech-
tes und der mit demſelben verbündeten kirchlichen Ideen zu
erſcheinen, die andersgeſinnten Räthe des Kaiſers und des
Königs zu beſchämen, und hauptſächlich, Recht zu behalten.
In der allgemeinen Politik des Kaiſers hatte doch auch ſeine
Tendenz eine gewiſſe Nothwendigkeit: die Lage dieſes Für-
ſten war nun einmal zweifelhafter Natur. Er mag ſich dar-
auf verlaſſen haben, daß er ein Prinzip verfechte das niemals
ganz verleugnet werden könne, und einen oder den andern
Tag wieder ergriffen werden müſſe. Er hatte ſogar münd-
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