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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843.

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Siebentes Buch. Zweites Capitel.
Annahme allein das Recht, die kirchliche Hoheit des Papst-
thums anerkannt. Überrascht und durch die allerdings et-
was linkische Weise wie man dabei verfuhr, beleidigt, zog
sich der päpstliche Nuntius zurück.

Eine eigentliche Antwort gaben sie nur dem Kaiser, der
das Concilium ebenfalls empfahl. "Er möge sich erinnern," sa-
gen sie darin, "daß in den Jahren 1523 und 1524 ein gemei-
nes freies Concilium zur Ausrottung der in der Kirche einge-
rissenen Irrthümer und Mißbräuche versprochen, diese Zusage
auch noch in dem Frieden von Nürnberg wiederholt wor-
den sey. Damit aber habe man nicht ein Concilium in den
Formen der früheren gemeint, noch auch ein solches wie es
der Papst jetzt in Aussicht stelle, von dem er selbst erkläre,
er berufe es zur Ausrottung der lutherischen Ketzerei. Un-
möglich sey es ihnen, eine Versammlung dieser Art zu be-
suchen, am wenigsten in Italien. Vielmehr ergehe ihre Bitte
an den Kaiser, daß er ihnen ein wahrhaft freies Concilium
ohne alle parteiische und verdächtige Handlungen in deut-
schen Landen verschaffen möge. 1

Die Frage über die Prärogativen des Papstthums, die
man früher in den Bekenntnißschriften anzuregen vermie-
den hatte, nahm man nun erst ernstlich vor. Die Artikel
welche Luther bei dieser Zusammenkunft in Schmalkalden ab-
faßte und alle anwesende Theologen unterschrieben, sind, wie
der Abschied dieß auch ausdrücklich bemerkt, in der Haupt-
sache nichts als eine Wiederholung der in Confession und

1 Der Christlichen Confeßionsverwandten, Churfürsten etc. Ant-
wort auf Kayserl. Majestät Antragen, so viel das Concilium anlangt.
Datum Schmalkalden Sonnabend am Tage Matthiä 1537. Bei
Walch XVI, 2333.

Siebentes Buch. Zweites Capitel.
Annahme allein das Recht, die kirchliche Hoheit des Papſt-
thums anerkannt. Überraſcht und durch die allerdings et-
was linkiſche Weiſe wie man dabei verfuhr, beleidigt, zog
ſich der päpſtliche Nuntius zurück.

Eine eigentliche Antwort gaben ſie nur dem Kaiſer, der
das Concilium ebenfalls empfahl. „Er möge ſich erinnern,“ ſa-
gen ſie darin, „daß in den Jahren 1523 und 1524 ein gemei-
nes freies Concilium zur Ausrottung der in der Kirche einge-
riſſenen Irrthümer und Mißbräuche verſprochen, dieſe Zuſage
auch noch in dem Frieden von Nürnberg wiederholt wor-
den ſey. Damit aber habe man nicht ein Concilium in den
Formen der früheren gemeint, noch auch ein ſolches wie es
der Papſt jetzt in Ausſicht ſtelle, von dem er ſelbſt erkläre,
er berufe es zur Ausrottung der lutheriſchen Ketzerei. Un-
möglich ſey es ihnen, eine Verſammlung dieſer Art zu be-
ſuchen, am wenigſten in Italien. Vielmehr ergehe ihre Bitte
an den Kaiſer, daß er ihnen ein wahrhaft freies Concilium
ohne alle parteiiſche und verdächtige Handlungen in deut-
ſchen Landen verſchaffen möge. 1

Die Frage über die Prärogativen des Papſtthums, die
man früher in den Bekenntnißſchriften anzuregen vermie-
den hatte, nahm man nun erſt ernſtlich vor. Die Artikel
welche Luther bei dieſer Zuſammenkunft in Schmalkalden ab-
faßte und alle anweſende Theologen unterſchrieben, ſind, wie
der Abſchied dieß auch ausdrücklich bemerkt, in der Haupt-
ſache nichts als eine Wiederholung der in Confeſſion und

1 Der Chriſtlichen Confeßionsverwandten, Churfuͤrſten ꝛc. Ant-
wort auf Kayſerl. Majeſtaͤt Antragen, ſo viel das Concilium anlangt.
Datum Schmalkalden Sonnabend am Tage Matthiaͤ 1537. Bei
Walch XVI, 2333.
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[96/0108] Siebentes Buch. Zweites Capitel. Annahme allein das Recht, die kirchliche Hoheit des Papſt- thums anerkannt. Überraſcht und durch die allerdings et- was linkiſche Weiſe wie man dabei verfuhr, beleidigt, zog ſich der päpſtliche Nuntius zurück. Eine eigentliche Antwort gaben ſie nur dem Kaiſer, der das Concilium ebenfalls empfahl. „Er möge ſich erinnern,“ ſa- gen ſie darin, „daß in den Jahren 1523 und 1524 ein gemei- nes freies Concilium zur Ausrottung der in der Kirche einge- riſſenen Irrthümer und Mißbräuche verſprochen, dieſe Zuſage auch noch in dem Frieden von Nürnberg wiederholt wor- den ſey. Damit aber habe man nicht ein Concilium in den Formen der früheren gemeint, noch auch ein ſolches wie es der Papſt jetzt in Ausſicht ſtelle, von dem er ſelbſt erkläre, er berufe es zur Ausrottung der lutheriſchen Ketzerei. Un- möglich ſey es ihnen, eine Verſammlung dieſer Art zu be- ſuchen, am wenigſten in Italien. Vielmehr ergehe ihre Bitte an den Kaiſer, daß er ihnen ein wahrhaft freies Concilium ohne alle parteiiſche und verdächtige Handlungen in deut- ſchen Landen verſchaffen möge. 1 Die Frage über die Prärogativen des Papſtthums, die man früher in den Bekenntnißſchriften anzuregen vermie- den hatte, nahm man nun erſt ernſtlich vor. Die Artikel welche Luther bei dieſer Zuſammenkunft in Schmalkalden ab- faßte und alle anweſende Theologen unterſchrieben, ſind, wie der Abſchied dieß auch ausdrücklich bemerkt, in der Haupt- ſache nichts als eine Wiederholung der in Confeſſion und 1 Der Chriſtlichen Confeßionsverwandten, Churfuͤrſten ꝛc. Ant- wort auf Kayſerl. Majeſtaͤt Antragen, ſo viel das Concilium anlangt. Datum Schmalkalden Sonnabend am Tage Matthiaͤ 1537. Bei Walch XVI, 2333.

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 4. Berlin, 1843, S. 96. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation04_1843/108>, abgerufen am 26.11.2024.