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Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840.

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Abendmahlsstreitigkeit.
pfen gehabt; er nahm keine Rücksicht darauf, daß man
dort die Bilder unter öffentlicher Autorität abgeschafft und
allerdings einen Punct gefunden hatte, wo die weltliche
Ordnung bestehn konnte, nur ein paar Schritte weiter als
er; er hatte überhaupt von den schweizerischen Zuständen
nur dunkle Begriffe. Mit großer Heftigkeit begann er den Krieg.

Es würde nun nicht hieher gehören, die Streitschrif-
ten aufzuführen, welche gewechselt, die Argumente, welche
von beiden Seiten gebraucht worden; es sey dem Betrach-
tenden nur erlaubt eine Bemerkung zu machen.

Unläugbar scheint mir, daß die Sache durch das le-
diglich exegetische Verfahren nicht auszumachen war.

Daß das Ist einen tropischen Sinn haben könne, ist
an sich nicht in Abrede zu stellen, und stellt auch Luther
im Grunde nicht in Abrede. Er giebt es bei Ausdrücken
zu, wie: Christus ist ein Fels ist ein Weinstock: "darum
weil Christus nicht seyn kann ein natürlicher Fels." Er
läugnet nur, daß das Wort diesen Sinn im vorliegenden
Falle habe, ihn haben müsse. 1

Dadurch springt nun weiter ins Auge, daß der Grund
der Streitigkeit in einer allgemeinen Auffassung lag.

Zwingli hat gegen die Gültigkeit der wörtlichen Er-
klärung vor allem eingeworfen, daß Christus ja selbst ge-
sagt habe, "ich werde nicht bei Euch seyn alle Tage,"
mithin auch im Abendmahl gar nicht gegenwärtig seyn
wolle; daß er ferner dann allenthalben seyn müßte, eine
locale Allenthalbenheit sich aber nicht denken lasse. Lu-

1 Große Confession in Walchs Sammlung der Werke Luthers
Thl. XX, p. 1138.
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Abendmahlsſtreitigkeit.
pfen gehabt; er nahm keine Rückſicht darauf, daß man
dort die Bilder unter öffentlicher Autorität abgeſchafft und
allerdings einen Punct gefunden hatte, wo die weltliche
Ordnung beſtehn konnte, nur ein paar Schritte weiter als
er; er hatte überhaupt von den ſchweizeriſchen Zuſtänden
nur dunkle Begriffe. Mit großer Heftigkeit begann er den Krieg.

Es würde nun nicht hieher gehören, die Streitſchrif-
ten aufzuführen, welche gewechſelt, die Argumente, welche
von beiden Seiten gebraucht worden; es ſey dem Betrach-
tenden nur erlaubt eine Bemerkung zu machen.

Unläugbar ſcheint mir, daß die Sache durch das le-
diglich exegetiſche Verfahren nicht auszumachen war.

Daß das Iſt einen tropiſchen Sinn haben könne, iſt
an ſich nicht in Abrede zu ſtellen, und ſtellt auch Luther
im Grunde nicht in Abrede. Er giebt es bei Ausdrücken
zu, wie: Chriſtus iſt ein Fels iſt ein Weinſtock: „darum
weil Chriſtus nicht ſeyn kann ein natürlicher Fels.“ Er
läugnet nur, daß das Wort dieſen Sinn im vorliegenden
Falle habe, ihn haben müſſe. 1

Dadurch ſpringt nun weiter ins Auge, daß der Grund
der Streitigkeit in einer allgemeinen Auffaſſung lag.

Zwingli hat gegen die Gültigkeit der wörtlichen Er-
klärung vor allem eingeworfen, daß Chriſtus ja ſelbſt ge-
ſagt habe, „ich werde nicht bei Euch ſeyn alle Tage,“
mithin auch im Abendmahl gar nicht gegenwärtig ſeyn
wolle; daß er ferner dann allenthalben ſeyn müßte, eine
locale Allenthalbenheit ſich aber nicht denken laſſe. Lu-

1 Große Confeſſion in Walchs Sammlung der Werke Luthers
Thl. XX, p. 1138.
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[83/0099] Abendmahlsſtreitigkeit. pfen gehabt; er nahm keine Rückſicht darauf, daß man dort die Bilder unter öffentlicher Autorität abgeſchafft und allerdings einen Punct gefunden hatte, wo die weltliche Ordnung beſtehn konnte, nur ein paar Schritte weiter als er; er hatte überhaupt von den ſchweizeriſchen Zuſtänden nur dunkle Begriffe. Mit großer Heftigkeit begann er den Krieg. Es würde nun nicht hieher gehören, die Streitſchrif- ten aufzuführen, welche gewechſelt, die Argumente, welche von beiden Seiten gebraucht worden; es ſey dem Betrach- tenden nur erlaubt eine Bemerkung zu machen. Unläugbar ſcheint mir, daß die Sache durch das le- diglich exegetiſche Verfahren nicht auszumachen war. Daß das Iſt einen tropiſchen Sinn haben könne, iſt an ſich nicht in Abrede zu ſtellen, und ſtellt auch Luther im Grunde nicht in Abrede. Er giebt es bei Ausdrücken zu, wie: Chriſtus iſt ein Fels iſt ein Weinſtock: „darum weil Chriſtus nicht ſeyn kann ein natürlicher Fels.“ Er läugnet nur, daß das Wort dieſen Sinn im vorliegenden Falle habe, ihn haben müſſe. 1 Dadurch ſpringt nun weiter ins Auge, daß der Grund der Streitigkeit in einer allgemeinen Auffaſſung lag. Zwingli hat gegen die Gültigkeit der wörtlichen Er- klärung vor allem eingeworfen, daß Chriſtus ja ſelbſt ge- ſagt habe, „ich werde nicht bei Euch ſeyn alle Tage,“ mithin auch im Abendmahl gar nicht gegenwärtig ſeyn wolle; daß er ferner dann allenthalben ſeyn müßte, eine locale Allenthalbenheit ſich aber nicht denken laſſe. Lu- 1 Große Confeſſion in Walchs Sammlung der Werke Luthers Thl. XX, p. 1138. 6*

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Zitationshilfe: Ranke, Leopold von: Deutsche Geschichte im Zeitalter der Reformation. Bd. 3. Berlin, 1840, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ranke_reformation03_1840/99>, abgerufen am 22.11.2024.